Die Linke beantwortet acht Fragen zur Handwerkspolitik für die kommende Legislaturperiode.

Die Linke beantwortet acht Fragen zur Handwerkspolitik für die kommende Legislaturperiode. (Foto: © Die Linke)

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Europawahl: Das sagt die Linke zu handwerkspolitischen Themen

Vor der Europawahl beantworten verschiedene Parteien Fragen zu handwerkspolitischen Themen. Hier finden Sie die Antworten der Linken.

DHB: Das Handwerk hofft auf ein stabiles politisches Umfeld innerhalb der Europäischen Union. Wie können die Rechtsstaatlichkeit und die Grundfreiheiten erhalten und durchgesetzt werden?

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Die Linke steht für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch ausgewogene Europapolitik. Demokratische Institutionen und Verfahren müssen von den Zivilgesellschaften mitbestimmt, Medienfreiheit, Bildung und Teilhabe umfassend durch europäische Förderprogramme unterstützt werden. Die Lage von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechten in der EU wird regelmäßig länderspezifisch evaluiert. Verstöße sollten durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) sanktioniert werden. Wenn Mitgliedstaaten EU-Grundwerte nicht achten, muss die Sanktionierung durch Stopp von Fördermittel-Auszahlungen künftig zielgenauer geregelt werden, ohne Projekte im sozialen Bereich, Integrations- oder Bildungsprojekte zu gefährden. Bei gravierenden Grundwerteverletzungen kann dem betreffenden Staat das Stimmrecht im Rat entzogen werden.

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DHB: Aus Sicht des Handwerks sollte die EU nur dann regulieren, wenn dies einen Mehrwert bietet und das Vorhaben nicht besser auf nationaler oder regionaler Ebene umgesetzt werden kann. Wie wollen Sie das Subsidiaritätsprinzip in der kommenden Legislaturperiode mit Leben füllen?

In den Bereichen, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fallen, soll das Subsidiaritätsprinzip die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Mitgliedstaaten schützen. Die EU muss nur dann etwas regeln, wenn bestimmte Ziele auf Mitgliedstaatsebene nicht ausreichend verwirklicht werden können. Das ist beispielsweise der Fall bei grundlegenden Arbeitsmarktregeln, bei der Gestaltung der digitalen Märkte. Das Europaparlament soll bei jedem Gesetzesentwurf prüfen, ob sie diesem Grundsatz entsprechen. Die Linke fordert, dass lokale und regionale, kommunale Vertretungen, die Sozialpartner und Zivilgesellschaft an Gesetzgebungs-, Planungs- und Umsetzungsprozessen beteiligt werden.

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DHB: Die Wirtschaft, auch die kleinen und mittleren Betriebe des Handwerks, sind auf gute Rahmenbedingungen angewiesen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wie wollen Sie die Wirtschaftspolitik ausrichten, um besonders den vielen mittelständischen Unternehmen gerecht zu werden?

Die Linke steht für einen sozial und ökologisch gerechten Umbau der Wirtschaft. Wir wollen diese Transformation nicht den Marktkräften überlassen, sondern setzen auf öffentliche Kontroll- und Steuerungskapazitäten. Das schafft Verlässlichkeit und Planbarkeit, von der auch KMU profitieren. Das bedeutet: 1. soll die öffentliche Beteiligung an Unternehmen in strategisch relevanten Schlüsselunternehmen bzw. -bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge ermöglicht werden. 2. wollen wir gezielte öffentliche Investitionen und Wirtschaftsförderungen, verpflichtend geknüpft an soziale und ökologische Konditionen für gute Arbeitsbedingungen und hohe Umweltstandards. Wir setzen uns dafür ein, dass KMU im Rahmen der Fördermittelvergabe von EU-Fonds privilegiert behandelt werden.

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DHB: Das Handwerk fordert im Rahmen der Gesetzgebung eine bessere Folgenabschätzung – besonders mit Blick auf den Erfüllungsaufwand für den Mittelstand. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht geeignet, um für KMU praxistauglichere Regeln zu finden?

Gesetze, auch EU-Gesetze, müssen das Ergebnis demokratischer Aushandlungsprozesse sein, bei denen die Interessen aller Beteiligten in einer Gesellschaft angemessen berücksichtigt werden. Die Linke will Demokratie und Beteiligung von der kommunalen bis zu EU-Ebene stärken. Für kleine und mittelständische Betriebe und Kleinstunternehmer*innen stehen eine Reihe von Programmen zur Verfügung, um sie bei der Umsetzung dieser Ziele zu unterstützen. Die Linke setzt sich seit vielen Jahren im Europaparlament dafür ein, dass diese Förderprogramme für kleinere Betriebe bestehen bleiben und gestärkt werden und immer wieder auf Praxistauglichkeit und Vereinfachungsmöglichkeiten geprüft werden.

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DHB: Wie wollen Sie sicherstellen, dass mittelständische Betriebe bei neuen Regelungsvorhaben nicht mit unnötigen bürokratischen Belastungen überfordert werden?

Als Linke setzen wir uns für soziale, nachhaltige und gerechte Kriterien für die Beantragung von Fördermöglichkeiten durch KMU, Regionen, Kommunen ein. Wir wissen, dass solche Regeln und Kriterien nachvollziehbar, angemessen und einfach einzuhalten sein müssen. Das sichern wir, indem wir KMU und Zivilgesellschaft von Anfang an in Gesetzgebungs- und Gestaltungsprozesse einbeziehen - im Rahmen von öffentlichen Konsultationen und Anhörungen wie auch Bürgerinitiativen. Die nationalen und regionalen Parlamente sind ebenfalls an diesem europäischen Mehrebenen-Entscheidungsprozess beteiligt. Solche demokratischen Verfahren ebenso wie Beratungsdienstleistungen für KMU und regionale Verwaltungen müssen noch verbessert werden, auch mittels digitaler Angebote.

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DHB: Die Fachkräftesicherung bleibt auch in der nächsten Legislaturperiode ein essenzielles Thema. Welche Maßnahmen sind nötig, um den Bedarf an qualifizierten Fachkräften zu decken?

Die Linke fordert mehr öffentliche Investitionen in Bildung, Ausbildung und Weiterbildung. Mit besserer Bezahlung und guten Arbeitsbedingungen würden viele Berufe attraktiver - auch im Handwerk. Einwanderung und die Aufnahme einer regulären Tätigkeit sollten erleichtert werden, nicht nur in besonders gesuchten Berufen. Wir wollen EU-Mindeststandards wie den Mindestlohn, Begrenzung der Dauer der Probezeit auf sechs Monate, die Einführung kostenloser Weiterbildungen in diesen Bereichen arbeitnehmerfreundlicher verbessern. Die Förderprogramme sollen erhalten und gestärkt werden, um diejenigen Beschäftigten und Regionen zu unterstützen, deren Industriebereiche sich im Rahmen des digitalen und grünenden Wandels verändern und erneuern müssen. Dafür wollen wir besonders die Förderprogramme Erasmus + (das etwa auch eine Förderschiene für Jungunternehmer*innen beinhaltet) oder den Fonds für einen gerechten Übergang einsetzen.

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DHB: Was tun Sie, um die berufliche Bildung in Europa zu stärken und sie im Vergleich mit der akademischen Bildung gleichwertig aufzustellen?

In unserer modernen und hochtechnisierten Gesellschaft müssen berufliche und akademische Bildung und Berufe hohen Qualitätsstandards genügen und ergänzen sich vielfach. Das gilt für technische und Bau-Berufe ebenso wie in der Landwirtschaft, aber auch in den sozialen Bereichen. Daher will Die Linke, dass in allen Bildungs- und Ausbildungsbereichen diese Qualitätsstandards garantiert werden. Bildungswege müssen außerdem durchlässiger werden. Bildungs- und Weiterbildungsförderung, auch verstärkt auf EU-Ebene und durch EU-Mittel, soll sowohl zu Bildungsgerechtigkeit beitragen als auch die Beschäftigten beim digitalen und nachhaltigen Wandel in Gesellschaft und Wirtschaft unterstützen.

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DHB: Im Zuge der Digitalisierung werden digitale Märkte auch für das Handwerk immer wichtiger. Wie sind die Märkte zu gestalten, um KMU einen fairen Datenzugang zu sichern und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden?

Wir stehen für ein radikales Umdenken hin zu gemeinwohlorientierten Plattformen und wirklich sozialen Netzwerken anstelle von Profitmaschinen und Plattformkapitalismus. Die Internetgiganten Facebook (Meta), Google (Alphabet), Amazon und Co kontrollieren 70 bis 80 Prozent des gesamten Digitalmarktes und gestalten ihre Angebote im Interesse der eigenen Profite. Durch die digitalen Monopole entstanden massive Nachteile für Konkurrenten, aber auch ein enormer Einfluss auf Demokratie, Wirtschaft und Gesellschaft, da die Monopole zu sogenannten "Gatekeepern" zwischen Nutzer*innen und Unternehmen geworden sind. Wir wollen noch strengere Regeln über den Digital Markets Act hinaus bis hin zur Zerschlagung von Digitalmonopolen. Ein zentraler Punkt ist die Interoperabilität von Messengern und Social Media-Plattformen. Außerdem müssen digitale Unternehmen zu Transparenz bei ihren Algorithmen gezwungen werden.

Die Fragen stellte Lars Otten

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Text: / handwerksblatt.de

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