Versuchter Diebstahl: Azubi fliegt fristlos
Ein Zimmerer-Azubi wollte Baumaterial im Wert von rund 40 Euro mitgehen lassen. Das brachte ihm die fristlose Kündigung.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Kündigung: So geht’s richtig
Diebstahl am Arbeitsplatz rechtfertigt den fristlosen Rauswurf bei allen Arbeitnehmern.
Der Fall
Der Azubi war im dritten Ausbildungsjahr zum Zimmermann. Der Arbeitgeber warf ihm einen versuchten Diebstahl von betrieblichem Eigentum vor: Der junge Mann soll versucht haben, auf einer Baustelle Edelstahlschrauben im Wert von 40 Euro mitgehen zu lassen. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin fristlos, wogegen der Azubi Kündigungsschutzklage erhob.
Das Urteil
Die Klage blieb erfolglos. Nach den Zeugenaussagen sah das Gericht es als erwiesen an, dass der Azubi die Schrauben an sich genommen hatte. Erschwerend kam hinzu, dass der angehende Zimmerer danach versucht haben soll, den Diebstahl zu vertuschen. Dies wertete das Gericht als schwere Pflichtverletzung, die zur berechtigten Kündigung führe.
Ein Vermögensdelikt sei ein Grund für eine außerordentliche Kündigung. Das gelte auch, so die Richter, wenn es sich nur um einen gescheiterten Versuch handele. Der Wert der Schrauben sei auch nicht geringfügig. Schließlich habe der Kläger erhebliche Anstrengungen unternommen, um seine Tat zu vertuschen. Durch den Diebstahlversuch sei das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber endgültig zerstört, so dass eine Fortsetzung der Ausbildung unzumutbar erscheine. Ausnahmen von dieser Regel gälten nur selten, etwa bei Bagatellfällen von geringem Wert, wenn dieser Wert im Missverhältnis zum Verlust eines langjährigen Arbeitsplatzes stehe.
Hintergrund
Das Berufsbildungsgesetz stellt erhöhte Anforderungen an die Kündigung eines Azubis. Innerhalb der Probezeit (zwischen einem und vier Monaten) ist die Kündigung jederzeit ohne Grund und ohne Einhaltung einer Frist möglich. Nach der Probezeit ist nur eine außerordentliche Kündigung möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Der Arbeitgeber muss dies auch begründen. Dabei stellt die Rechtsprechung umso höhere Anforderungen an den Kündigungsgrund, je länger das Ausbildungsverhältnis bereits bestanden hat.
Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 5. April 2016, Az: 2 Sa 84/15
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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