Diesel-Skandal: Neuwagenkäufer erhalten Restschadensersatz
Käufer eines neuen Schummel-Diesel können trotz Verjährung einen Restschadensersatz von VW fordern. Der Bundesgerichtshof entschied in zwei Dieselverfahren gegen den Autohersteller.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Reizthema Diesel
Wer einen neuen Diesel mit einer illegalen Abschalt-Software von VW gekauft hat, erhält einen sogenannten Restschadensersatz – auch wenn er zu spät geklagt hat für den ursprünglichen Anspruch. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat damit erneut die Rechte der Verbraucher gestärkt.
Vor knapp zwei Wochen hatten die Richter noch geurteilt, dass Gebrauchtwagenkäufer keinen Restschadensersatz erhalten. Grund: Volkswagen verdiene kein Geld am Weiterverkauf eines gebrauchten Autos.
Die Fälle
Zwei Kunden kauften ihre VW-Dieselautos im Juli 2012 und im April 2013 als Neuwagen. Beide Fahrzeuge waren mit dem Motor der Baureihe EA189 ausgestattet. Dieser enthielt eine Software, die dafür sorgte, dass der PKW nur im Testlauf die Grenzwerte für Abgase einhielt, im Straßenbetrieb die Luft aber stärker verschmutzte.
Dass VW mit dem Einbau der Abschalteinrichtungen seine Käufer vorsätzlich sittenwidrig schädigte, hatte der BGH schon im Mai 2020 entschieden. Grundsätzlich haben demnach die Käufer eines VW mit dem Motortyp EA 189 Anspruch auf Schadensersatz aus § 826 BGB, abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer.
Ursprünglicher Anspruch ist verjährt
In den Vorinstanzen hatten die PKW-Besitzer an den Oberlandesgerichten Koblenz und Oldenburg aber trotzdem keinen Erfolg, weil ihre Ansprüche verjährt waren. Zivilrechtliche Ansprüche lassen sich nur innerhalb von drei Jahren durchsetzen. Der Skandal flog 2015 auf, die beiden Autobesitzer verklagten Volkswagen aber erst im Jahr 2020.
In der Revision sollten die BGH-Richter nun noch klären, ob den beiden Verbrauchern aber ein Restschadensersatz aus § 852 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zusteht.
Die Urteile
Der Bundesgerichtshof stellte sich hier auf die Seite der Autobesitzer. Ein Anspruch auf Restschadensersatz bestehe trotz Verjährung. Dass die Käufer sich nicht an dem Musterfeststellungsverfahren beteiligt hätten, sei kein Hinderungsgrund – dies hatte das OLG Koblenz noch anders gesehen.
Allerdings reiche der Anspruch auf Restschadensersatz nicht weiter als der ursprüngliche Anspruch aus § 826 BGB, stellte der BGH klar. Die Autobesitzer müssen sich auch hier eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Rechtsanwaltskosten oder Finanzierungskosten erhalten die Kläger aber nicht zurück. VW wiederum könne hier nicht seine Herstellungskosten von dem erlangten (Händler-) Kaufpreis für die Autos abziehen. Denn der Konzern habe sich bösgläubig bereichert.
Nutzungsentschädigung berechnen
Im Ergebnis wies der BGH die beiden Fälle an die jeweiligen Oberlandesgerichte zurück. Diese müssen nun noch berechnen, wie hoch die Nutzungsentschädigung im Einzelfall ist.
Restschadensersatzansprüche nach lassen sich bei sittenwidrigen Handlungen bis zu zehn Jahre lang durchsetzen. Daher erwarten Juristen eine neue Klagewelle gegen VW.
Bundesgerichtshof, Urteile vom 21. Februar 2022, Az. VIa ZR 8/21 und VIa ZR 57/21
Paukenschlag für Diesel-Käufer Der Käufer eines VW mit Schummel-Software darf seinen Wagen zurückgeben und erhält einen großen Teil seines Kaufpreises zurück. Der Bundesgerichtshof hat damit ein wegweisendes Urteil im Dieselskandal gefällt.> Hier mehr lesen!DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale DHB registrieren!
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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