Mit Robotik und Künstlicher Intelligenz zum idealen Werkzeug fürs Handwerk
Gunnar Bloss beteiligt sich an der Forschung und Entwicklung lernfähiger Roboter. Für den Geschäftsführer des Modellbaubetriebs "werk5" sind sie ein Werkzeug, das dem Handwerk bei der Bewältigung des Fachkräftemangel helfen kann.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Roboter für jedermann
Werkzeuge und Maschinen sind im Handwerk unverzichtbar. Je ausgefeilter sie sind, desto effizienter lässt sich mit ihnen arbeiten. Das Unternehmen werk5 setzt seit langem computergesteuerte Fräsmaschinen ein, deren fünf Achsen filigrane Modelle für Architekten oder interaktive Exponate für Museen hervorbringen. "Die CNC-Technik hat uns schon weit gebracht, aber mit Robotik und Künstlicher Intelligenz geht noch mehr", ist Geschäftsführer Gunnar Bloss überzeugt.
Der Handwerksbetrieb aus Berlin hat sich bislang an zwei Forschungs- und Entwicklungsprojekten beteiligt. Zunächst ging es darum, wie sich mit Robotern montieren lässt; darauf aufbauend, wie den Maschinen auch Intelligenz eingehaucht werden kann. "Unser Fernziel sind lernfähige Systeme, die vom Anwender selbst für seinen Zweck trainiert werden können." Am Ende soll kein "teures Super-Spezialgerät" für den Einsatz unter Laborbedingungen entwickelt werden, sondern eine Lösung für die Praxis, welche einfach zu handhaben ist und die Produktivität steigert. "Wenn dieser Roboterarm annähernd eine Sensibilität aufweist wie die von einem Menschen gelernte Handbewegung, dann wäre er ein ideales Werkzeug für das Handwerk", meint der Chef des 32-Mann-Unternehmens.
Plattform "Lernende Systeme"
Auf der Internationalen Handwerksmesse 2019 machte Bundeskanzlerin Angela Merkel auch Station am Stand des Berliner Modellbaubetriebs werk5. Geschäftsführer Gunnar Bloss demonstrierte ihr, wie man den Roboter per Touchscreen steuern kann. Foto: © GHMGunnar Bloss bringt das gesammelte Know-how aus den beiden Forschungs- und Entwicklungsprojekten sowie der Umsetzung im eigenen Modellbaubetrieb in das Netzwerk der Plattform "Lernende Systeme" ein. Auf der vom Bundesforschungsministerium geförderten und von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) betreuten Plattform sind Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Unternehmen, Politik und Zivilgesellschaft versammelt, die sich mit Künstlicher Intelligenz beschäftigen. Die rund 200 Fachleute teilen sich in sieben interdisziplinäre und branchenübergreifende Arbeitsgruppen (AG) auf.
Gunnar Bloss gehört der AG 7 "Lernfähige Robotiksysteme" an. In diesem Gremium sieht sich der Diplom-Ingenieur als Mittler zwischen Forschung und Handwerk. "Der eine oder andere mag infrage stellen, ob das Handwerk wegen seiner eher geringen Betriebsgrößen oder den Bedingungen der Einzelfertigung überhaupt Robotik und KI braucht, aber zur Produktivitätssteigerung müssen wir gerade auch das Handwerk dazu ermächtigen, das Potenzial aus diesen Technologien zu nutzen."
werk5 Gunnar Bloss und Karsten Kröger sind Geschäftsführer des 1995 gegründeten Modellbauunternehmens "werk5". Der Handwerksbetrieb aus Berlin beschäftigt derzeit 32 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Pro Jahr stellt man möglichst drei junge Menschen ein, die zum Technischen Modellbauer ausgebildet und die zum Teil auch übernommen werden. "Mit der Ausbildung sind drei Meister betraut, die schon bei uns ihre Ausbildung durchlaufen haben", erklärt Gunnar Bloss. Aufgrund der Attraktivität des vielfältigen Tätigkeitsspektrums und der breit gefächerten Kundschaft habe man keine Probleme, geeignete Auszubildende oder qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Aktuell beteiligt sich werk5 am Projekt "Lernende Roboterschleiftechnik für das Handwerk (LEROSH)". Darin erforschen acht Partner im Rahmen eines interdisziplinären Verbunds aus Forschung, Softwareentwicklern und Handwerksbetrieben Anwendungslösungen zum Robotik-Einsatz in der handwerklichen Einzelfertigung.
Anwendungsfälle im Handwerk
Im Handwerk kommen Roboter bereits bei großflächigen Bauprojekten zum Einsatz. »Sie können Fliesen legen oder Löcher in Betondecken bohren. Es gibt auch schon einen mobilen Maler-Roboter für das Handwerk«, nennt Gunnar Bloss einige Anwendungsfälle.
Sein eigenes Unternehmen nutzt einen Fräsroboter, der mit einem Drehteller kombiniert worden ist. "Anstatt fortwährend die Gelenke zu bewegen, muss der Roboter nur den mit dem Werkzeug bestückten Arm zum Drehteller führen, auf dem das Werkstück rotiert."
Großes Potenzial für das Handwerk sieht der Geschäftsführer von werk5 zudem in der mobilen Service-Robotik. Im Café eines Museums habe seine Frau erlebt, wie ein Roboter ganz selbstverständlich durch den Raum fuhr und die Tische abräumte.
Die Kombination von Robotik und Künstlicher Intelligenz ist Gunnar Bloss zufolge noch gar nicht so weit verbreitet. In erster Linie würden Sensoren dafür sorgen, dass sich die Roboter in einem Raum orientieren und bewegen können, auch ohne eine Gefahr für sich und andere zu werden. Der eigentliche Lernprozess käme dann noch on top. Derzeit stehen hinter dem Einsatz lernfähiger Robotiksysteme nach seiner Einschätzung noch sehr viele Fragezeichen.
Erste Schritte mit Robotik
Das Prinzip scaninform ermöglicht die effiziente Bearbeitung von Einzelstücken. Die Bauteile werden in 3D gescannt und können direkt mit dem Roboter bearbeitet werden. Foto: © werk5Handwerkern, die sich näher mit Robotik beschäftigen möchten, empfiehlt Gunnar Bloss, zunächst einen Anwendungsfall auszumachen. "Man sollte sich die Arbeitsprozesse innerhalb seines Betriebs anschauen. Roboter können etwa sich oft wiederholende, ähnlich funktionierende oder gesundheitsgefährdende Tätigkeiten übernehmen." Zu den ersten Schritten gehört für ihn auch die Recherche nach Fördermitteln, die Kontaktaufnahme zu einem Systemintegrator, der die Einführung begleitet, sowie die Suche nach einem Verantwortlichen im Betrieb.
Letzterer ist wichtig, um auch für die Akzeptanz des "Kollegen Roboters" in der Belegschaft zu werben, denn vielfach werde befürchtet, dass die Automatisierung den Menschen überflüssig macht. Doch Gunnar Bloss beschwichtigt: "Der Roboter ist ein Werkzeug, das uns dabei helfen kann, den Fachkräftemangel zu bewältigen. Er ist also nicht das Problem, sondern ein Teil der Lösung."
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Text:
Bernd Lorenz /
handwerksblatt.de
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