Daran erkennt man eine drohende Insolvenz des Geschäftspartners
Handwerker sollten auf die Warnsignale achten, die eine mögliche Pleite des Vertragspartners ankündigen. Dann können sie die richtigen Maßnahmen ergreifen. Hier finden sie hilfreiche Tipps, wie man richtig reagiert.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Sanierung, Schutzschirm oder Insolvenz?
Was bedeutet es, wenn der Kunde zu spät zahlt? Ist da ein Konkurs im Anmarsch oder nur eine vorübergehende Flaute? Oder vertröstet der Lieferant einen immer wieder? Handwerksbetriebe sollten auf bestimmte Warnsignale achten, die auf eine drohende Insolvenz des Vertragspartners hinweisen. Denn meistens ist das ein schleichender Prozess und kündigt sich vorher an.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat eine kostenlose Broschüre herausgegeben, die Handwerksbetrieben hilft, die Situation richtig einzuschätzen und nützliche Maßnahmen zu ergreifen. > Hier können Sie den Leitfaden herunterladen.
Diese möglichen Warnsignale sollten man beachten
Treten die folgende Anzeichen häufiger auf, ist Vorsicht geboten:
• Kunden überschreiten Zahlungsziele
• Kunden bitten um Gewährung längerer Zahlungsziele
• Kunden zögern bei Werkverträgen die Abnahme hinaus
• Kunden erteilen neue Aufträge trotz alter Schulden
• Kunden bitten um Ratenzahlung zur Tilgung der Altverbindlichkeiten
• Lieferanten haben Lieferprobleme und die Qualität lässt nach
• Lieferanten geben bisher übliche Skonti-Abzügen nicht mehr
• Der Geschäftspartner hat eine neue Bankverbindung
• Der Geschäftspartner entlässt Beschäftigte
• Der Geschäftspartner hat eine neue Gesellschaftsform
• Der Geschäftspartner verlagert den Betriebssitz
• Der Geschäftspartner schließt Niederlassungen
Was kann man sofort tun?
Handwerksbetriebe sollten sofort reagieren, wenn sie eine oder mehrere der Warnsignale erkannt haben. Diese Maßnahmen sind dann hilfreich:
1. Das Gespräch mit der Geschäftsleitung suchen
Gibt es Anzeichen einer drohenden Insolvenz des Geschäftspartners, sollte der Handwerker schnellstmöglich das Gespräch mit dessen Geschäftsleitung suchen und die Situation offen ansprechen, um sich Klarheit zu verschaffen und gegebenenfalls Lösungen für die künftigen Geschäftsbeziehungen zu finden. Getroffene Absprachen – etwa konkrete Ratenzahlungen mit kurzfristigen Zahlungszielen – sollten sie schriftlich festhalten.
2. Alternativen prüfen
Das dauerhafte Ausbleiben benötigter Materiallieferungen kann zu Problemen im eigenen Betrieb führen, wenn man dadurch eigene Aufträge nicht ausführen kann und Liquiditätsengpässe entstehen. Je wichtiger ein Lieferant für die Ausübung des eigenen Gewerbes ist, desto eher sollten sich Handwerksbetriebe bei Anzeichen einer drohenden Insolvenz nach Alternativen für benötigte Materiallieferungen umschauen.
3. Insolvenzbekanntmachungen beobachten
Bei andauernden Anzeichen für eine drohende oder gar eingetretene Insolvenz des Vertragspartners sollten Betriebe regelmäßig über das Portal insolvenzbekanntmachungen.de prüfen, ob bereits amtliche Bekanntmachungen erfolgt sind (etwa die Anordnung vorläufiger Maßnahmen nach Stellung eines Insolvenzantrags, Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, Abweisung eines Insolvenzantrags mangels ausreichenden Vermögens des Schuldners).
Absicherung der Liquidität
Um eigenen Zahlungsausfällen vorzubeugen und eine ausreichende Liquidität zu gewährleisten, ist ein zuverlässiges Forderungsmanagement des Betriebs hilfreich. Die folgenden Sicherungsinstrumente können dabei sinnvoll sein:
• Informationsbeschaffung und Bonitätsauskunft über Handels- und Unternehmensregister/Wirtschaftsauskunftei/Schufa-Auskunft.
• Leistung nur gegen Vorauskasse erbringen, Anzahlung oder angemessene Zahlungsraten vereinbaren
• Bei Werkverträgen: Die gesetzlich verankerten Abschlagszahlungen verlangen und falls nötig das Unternehmerpfandrecht an den vom Handwerker hergestellten oder ausgebesserten Sachen des Bestellers ausüben.
• Bei Bauverträgen (§ 650 a BGB): Die gesetzlichen Rechte des Bauunternehmers auf Sicherungshypothek oder Bauhandwerkersicherung verlangen.
• Bankbürgschaften einfordern
• Eine Warenkreditversicherung abschließen
• Forderungsverkauf (Factoring)
• Das Eigentum an zu liefernden Waren vorbehalten. Der Vorteil bei Insolvenz des Geschäftspartners liegt darin, dass die unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Waren grundsätzlich herausverlangt werden können, wenn noch keine vollständige Zahlung erfolgt ist und der Vertrag nicht fortgeführt wird.
Allerdings: Diese Maßnahmen können unter Umständen nicht immer verhindern, dass geleistete Zahlungen vom Insolvenzverwalter des Vertragspartners zurückgefordert werden (Insolvenzanfechtung).
Vorgehen im Insolvenzverfahren
Ist eine Insolvenz nicht mehr abzuwenden, kann das Insolvenzverfahren eröffnet werden. Dabei sind die folgenden Schritte zu beachten:
1. Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen
Den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann entweder der Schuldner selbst oder dessen Gläubiger stellen.
Falls ein Eröffnungsantrag beim zuständigen Insolvenzgericht gestellt wurde, kann das Gericht bereits vor der Entscheidung über den Insolvenzantrag vorläufige Maßnahmen anordnen, um in dieser frühen Phase Nachteile von Gläubigern abzuwenden. Vor allem kann das Gericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen. Der Handwerker als Gläübiger sollte diesen frühzeitig kontaktieren, um die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners abzuklären. Die Verfügungsbefugnis kann entweder auf den vorläufigen In-solvenzverwalter übergehen oder weiterhin vorerst beim Schuldner verbleiben (auch nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters). Falls das Gericht ein Insolvenzgutachten beauftragt hat, sollte der Gläubiger den Gutachter kontaktieren.
2. Insolvenzverfahren wurde eröffnet
Wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Vertragspartners eröffnet, sollte der Handwerker schnellstmöglich rechtliche Expertise einholen. Hier kann er sich an die Berater der Handwerkskammern, Innungen und Fachverbände wenden. Es gilt, ausstehende Forderungen bestmöglich durchzusetzen und das Risiko von Insolvenzanfechtungen abzuklären. Bei Regelinsolvenzverfahren sollte man unverzüglich den Insolvenzverwalter, bei Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung den Sachwalter kontaktieren, um die weitere Vorgehensweise abzuklären.
Wichtig: In einem Regelinsolvenzverfahren hat der Insolvenzverwalter über sämtliche Vertragsbeziehungen ein sogenanntes Erfüllungswahlrecht: Ist ein Vertrag nach Insolvenzeröffnung auf beiden Seiten nicht oder nicht vollständig erfüllt, kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrages entweder verlangen oder ablehnen. Gläubiger können den Insolvenzverwalter laut Gesetz aktiv dazu auffordern, dieses Wahlrecht auszuüben. Mit diesem Aufforderungsrecht kann der Handwerker als Gläubiger Klarheit und Planungssicherheit für seinen Betrieb schaffen. Bei Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung liegt das Erfüllungswahlrecht beim insolventen Schuldner. Der Handwerker als Gläubiger kann ihn zur Ausübung des Wahlrechts auffordern.
Quelle: ZDH
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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