Betriebsprüfung: Das kann jeden Handwerker treffen
Betriebsprüfung? Schon alleine bei dem Wort stellen sich bei den meisten Handwerkern die Nackenhaare auf. Ob und wie viel die Finanzbeamten nachfordern, hängt auch von dem Selbstständigen ab.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Was Sie als Chef im Handwerk wissen müssen
Die erste Betriebsprüfung, die Steuerberater Martin Latz vor 22 Jahren erlebt hat, war bei einem Dachdecker. "Seitdem ist die Firma nie wieder geprüft worden." Die Statistiken sagen, dass kleinere Betriebe alle 20 bis 30 Jahre vom Außenprüfer des Finanzamtes unter die Lupe genommen werden. Das kann aber auch bedeuten, dass ein Betrieb alle fünf Jahre den Prüfer im Haus hat, und ein anderer seit Generationen noch nie.
Früher oder später kann es – fast – jeden treffen
Kommt der Brief mit der Prüfungsanordnung und dem Termin, dann gilt es vor allem ruhig Blut zu bewahren. Das Schlimmste, was man dann machen kann, ist allen Groll, den man gegenüber dem Fiskus hegt, auf den Prüfer abzuladen. Steuerberater Martin Latz rät seinen Mandanten, den Finanzbeamten wie einen Kunden zu betrachten, von dem man einen dicken Auftrag erwartet: "Also die verhaltenspsychologischen Regeln des Marketings auf die Prüfung übertragen – auch wenn es schwer fällt und die Sympathien nicht so groß sind."
Schließlich will jeder Unternehmer den Prüfer von seiner Position überzeugen. Und zwar nicht mit feudalen Restauranteinladungen - die wird der Prüfer ohnehin ablehnen– sondern mit lückenlosen Buchführungsunterlagen und Belegen, Verträgen, Erläuterungen zu kritischen Bilanzpositionen (etwa Rückstellungen) und bei der GmbH Beschlüsse über Gehaltserhöhungen.
Mitarbeiter sollten nicht zuviel aus dem Nähkästchen plaudern
Zu Beginn der Prüfung muss der Chef eine Auskunftsperson benennen. Das kann der Steuerberater sein, die Buchhalterin oder ein Mitarbeiter. Im Gegensatz zum Steuerpflichtigen können diese auch mal eine spontane Auskunft schuldig bleiben.
"Da jede Prüfung mit einer Betriebsbesichtigung beginnt, sollte der Unternehmer darauf achten, dass die Mitarbeiter nicht aus dem Nähkästchen plaudern", rät Latz. "Besser ist es, die Mitarbeiter ganz vom Prüfer fernzuhalten." Der Finanzbeamte könnte sonst erfahren, dass sie die Werkstatt abends privat nutzen dürfen, dass sie Monteurfahrzeuge am Wochenende mit nach Hause nehmen oder dass sich die Kolleginnen im Friseursalon gegenseitig kostenlos die Haare schneiden. Schon hat der Prüfer einen klaren Fall von geldwertem Vorteil an der Hand.
Latz: "Es ist auch besser, wenn der Inhaber selbst nicht zu viele inhaltliche Aussagen trifft, wenn ihn der Prüfer in ein Gespräch verwickelt." Besser sei es, wenn nur die Auskunftsperson redet. "In der Regel geben die Prüfer die Fragen täglich schriftlich. Man kann sich dann auf die Antwort gut vorbereiten."
Die Kfz-Nutzung ist das Lieblingskind des Prüfers
Die eigentliche Betriebsprüfung ist häufig in den Räumen des Steuerberaters, der auf vollständige Unterlagen angewiesen ist. Dann zeigt sich, ob die Fahrtenbücher ordentlich geführt wurden, "denn die Kfz-Nutzung ist das Lieblingskind des Prüfers". Bei allen Unternehmen schauen die Prüfer genau auf Firmenwagen, Bewirtungsbelege und Werbegeschenke, so der Steuerberater. "Bei Kapitalgesellschaften sind es die formalen Dinge, die die Prüfer besonders interessieren. Also beispielsweise Verträge mit Angehörigen." Die Prüfer nehmen sich aber nicht nur Einzelpositionen vor. Sie bewerten auch, ob das Gesamtergebnis plausibel und branchenüblich ist. Ein weiteres Mittel sei die so genannte Vermögenszuwachsrechnung, mit der nicht versteuerte Gelder aufgedeckt werden können. Hat Bäckermeister Müller ein Jahreseinkommen von 100.000 Euro erklärt, dann wird der Prüfer stutzig, wenn der Bäcker im gleichen Jahr für seinen Junior eine Eigentumswohnung für 90.000 Euro gekauft hat und keine Finanzierung erkennbar ist. Eine Erklärung tut dann Not.
Beliebt ist die Wurzelstichprobe
Oft beobachtet Martin Latz auch die so genannte Wurzelstichprobe. Dabei wird ein auffälliger Wareneinkauf in der Buchführung bis zum Verkauf verfolgt. Beispielsweise werden dann in einem Baubetrieb die Rechnung des Betonlieferanten für die Baustellen A bis Z gelistet und mit den eigenen Rechnungen für die Baustellen A bis Z verglichen. Mit der elektronischen Betriebsprüfung, die seit 2002 möglich ist, bedeutet das für den Prüfer nur ein paar Mausklicks.
Nach der Prüfung kommt die Abschlussbesprechung. Hier werden strittige Sachverhalte und rechtliche Zweifelsfragen erörtert. Auch hier sollte der Unternehmer seine Emotionen im Zaum halten, denn da sich viele Sachverhalte nicht immer eindeutig klären "findet häufig ein Kuhhandel statt". Dies gelte insbesondere für die Höhe der Privatanteile beim Auto oder Telefon. Letztendlich möchte das Finanzamt in dieser Schlussbesprechung Einigkeit über das Ergebnis erzielen und ist dann auch zu Zugeständnissen zu bewegen. Den Schlussbericht kann man sich dann noch zur Stellungnahme vorab zuschicken lassen. Dann kommen die Bescheide erst vier Wochen später und der Unternehmer muss erst vier Wochen später zahlen.
Sind die letzten Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen (Paragraf 164 der Abgabenordnung), dann ist das oft ein Indiz dafür, dass in der nächsten Zeit eine Betriebsprüfung ansteht.
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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