Familienangehörige einstellen: Vorsicht Falle!
Verheiratet, verwandt oder verschwägert? Arbeiten Familienangehörige im Betrieb, winken steuerliche Vorteile. Doch Vorsicht: Das Finanzamt prüft solche Arbeitsverhältnisse genau!
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Was Sie als Chef im Handwerk wissen müssen
Bei kleinen Familienbetrieben liegt es nahe, Angehörige offiziell zu beschäftigen. Dies hat nicht nur den Vorteil einer stärkeren Identifikation mit dem eigenen Unternehmen, sondern auch den Nutzen, dass eine absolute Vertrauensperson in die betrieblichen Abläufe eingebunden ist. Außerdem bietet die steuerliche Anerkennung eines solchen Arbeitsverhältnisses interessante finanzielle Vorteile.
Um dem Missbrauch vorzubeugen, sind mit der steuerlichen Anerkennung von Angehörigenverträgen aber strenge Voraussetzungen verbunden. Deshalb sollten Handwerksunternehmer darüber ausführlich mit ihrem Steuerberater sprechen. Denn er kennt die individuellen Bedingungen des jeweiligen Betriebes genau und kann das in den Formulierungen des Arbeitsvertrags berücksichtigen. Ist dieser nämlich zu oberflächlich formuliert, könnten die Finanzbehörden argwöhnen, dass der Vertrag nur auf dem Papier besteht, um Steuern zu sparen. Deshalb müssen Betriebsinhaber gerade bei Verträgen mit Angehörigen mit einer intensiven Plausibilitätsprüfung durch das Finanzamt rechnen.
Grundsätzliche Vorgaben
Ein entscheidender Maßstab für die Ernsthaftigkeit von Angehörigenverträgen ist, dass die Vertragsbedingungen weitgehend denen zwischen fremden Personen entsprechen. Nach der Rechtsprechung können sogar noch strengere Anforderungen als bei Verträgen mit Fremden gestellt werden. Deshalb sollten alle Regelungen eindeutig und unmissverständlich getroffen werden.
Schriftform
Der Arbeitsvertrag sollte unbedingt schriftlich verfasst werden. Das Risiko von Missverständnissen kann so auf ein Minimum reduziert werden. Außerdem sollte darin genau festgelegt werden, welche Aufgaben das Familienmitglied im Unternehmen übernehmen wird. Denn bei einer Betriebsprüfung wird gern nachgefragt, ob der Angehörige sich auch in Detailfragen seiner Tätigkeit auskennt und ob er beispielsweise weiß, wie bestimmte Abläufe erfolgen, die zu seinem Aufgabenbereich gehören.
Arbeitszeit
Kein Zweifel sollte auch an der Formulierung der Arbeitszeit bestehen. Die Angabe der Wochentage sowie der Anzahl der täglichen Arbeitsstunden einschließlich der Pausenregelungen sind hier wichtig.
Arbeitsentgelt
Steuerlich relevant ist ein angemessenes Arbeitsentgelt. Es sollte dem Gehalt für eine fremde Arbeitskraft entsprechen. Orientierung bieten Durchschnittsgehälter der Branche, die beispielsweise bei der zuständigen Handwerkskammer erfragt werden können. Außerdem sollte der Angehörige ein eigenes Konto besitzen, auf das die Gehaltszahlung zu den vertraglich festgelegten Terminen erfolgt. Üblich sind monatliche Zahlungen.
Wichtig: Eine einmalige Zahlung beispielsweise zum Jahresende ist heikel und kann zur steuerlichen Aberkennung des Arbeitsverhältnisses führen. Werden vertraglich festgelegte Zahlungszeitpunkte nicht eingehalten oder erfolgen Gehaltszahlungen unregelmäßig, kann dies für das Finanzamt ein Indiz sein, dass das Vertragsverhältnis nicht ernsthaft gewollt ist. Das kann dazu führen, dass es den Abzug als steuerliche Betriebsausgabe verweigert.
Folgen
Einem Fremdvergleich standhalten müssen auch die übrigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses. Dazu gehört zum Beispiel die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer bzw. der Sozialversicherungsbeiträge, wenn eine Sozialversicherungspflicht besteht. Das gilt auch für den bezahlten Jahresurlaub, der dem mitarbeitenden Familienmitglied ebenso zusteht wie einer fremden Person.
Verschwiegenheitspflicht
Auch bei Angehörigen sollte über eine vertragliche Regelung zur Verschwiegenheitspflicht nachgedacht werden. Das heißt: Sie werden verpflichtet über sämtliche betriebliche Angelegenheiten, vor allem über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die während des Arbeitsverhältnisses bekannt werden, Stillschweigen zu bewahren.
Vorsicht bei Scheinarbeitsverträgen
Betriebsinhaber, die ihren Ehepartner per Arbeitsvertrag einstellen, um ihn abzusichern, sehen oft nur den Vorteil: Sie können den Arbeitslohn und die Sozialversicherungsabgaben als Betriebsausgaben von der Steuer absetzen. Doch Vorsicht, wenn dieser Vertrag nur pro forma geschlossen wird: Das nennen die Juristen einen Scheinarbeitsvertrag. Bei einem Scheinarbeitsvertrag wird der Ehepartner zwar ordnungsgemäß angemeldet, das Gehalt gezahlt und die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt, nur die Arbeitsleistung wird – wie vereinbart – nicht erbracht. "Fliegt das auf, hat das unangenehme Folgen für alle Beteiligten", warnt Rechtsanwalt Manfred Becker, Fachanwalt für Arbeitsrecht von der Kanzlei Eimer Heuschmid Mehle in Bonn. "Dabei handelt es sich nämlich um ein Scheingeschäft nach Paragraf 117 Bürgerliches Gesetzbuch, was bedeutet, dass solche Verträge nichtig sind." Sie werden also so behandelt, als seien sie nicht abgeschlossen worden.
Daraus folgt: Die für den Scheinarbeitnehmer abgeführten Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer kann der Arbeitgeber nicht als Betriebskosten absetzen. Tut er es dennoch und verkürzt damit die Ertragsteuern, macht er sich der Steuerhinterziehung strafbar! Die Steuern muss er dann natürlich nachzahlen. Aber er kann sich umgekehrt die für den Scheinarbeitnehmer entrichteten Lohnsteuern nicht einfach vom Finanzamt zurückholen.
Nachteil für den Mitarbeiter: Mit einem Scheinarbeitsvertrag entsteht kein sozialversicherungsrechtlicher Schutz des Arbeitnehmers. Er wird nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse. Das hat das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (Az.: L 10 KR 52/07) entschieden.
Wenn jemand aus der Buchhaltung petzt ...
Wie werden solche Scheinarbeitsverhältnisse entdeckt? Betriebsprüfern fallen sie nach Erfahrung von Rechtsanwalt Becker oft noch gar nicht auf. "In solchen Fällen heißt es dann einfach, die Arbeitnehmerin sei eben im Urlaub. In der Regel fallen solche Konstrukte auf, wenn jemand aus der Buchhaltung petzt", sagt Becker. Auffliegen kann die Scheinarbeit auch, wenn es Streit um die Geltung des Kündigungsschutzgesetzes gibt. Dieses greift ab mehr als zehn Mitarbeitern. Beruft sich der Arbeitgeber darauf, dass er ja weniger Angestellte habe, weil er die zum Schein beschäftigte Ehefrau nicht mitgezählt hat, kann die wahre Natur des Scheingeschäfts auffallen. Häufig kommt es auch vor, dass solche Scheinarbeitsverträge erst bei einer Trennung des Ehepaares aufgesetzt werden. Der Grund: Anstelle der Unterhaltszahlungen bezahlt der zum Unterhalt verpflichtete Ehepartner dem anderen Partner Arbeitslohn und sorgt obendrein dafür, dass er in der Sozialversicherung angemeldet wird.
Um gegenüber den Finanzbehörden den Verdacht zu entkräften, dass es sich um ein Scheinarbeitsverhältnis handelt, sollten die Ehepartner die geleistete Arbeit inhaltlich und zeitlich dokumentieren, rät Rechtsanwalt Becker. Das gilt insbesondere für Tätigkeiten, die nicht im Betrieb des Arbeitgeber-Ehepartners sondern zu Hause erbracht werden, etwa Verwaltungsarbeit.
Text:
Michael Vetter /
handwerksblatt.de
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