Wir für Nepal

Die Mitglieder des Vereins "Wir für Nepal" zu Besuch in dem Land: Hebamme Andrea Fleißgarten (Bildmitte), Tischlermeister Martin Linden (darüber), Sanitärmeister Andreas Manjowk (daneben) und Elektromeister Markus Laudenberg. (Foto: © Nepal und wir e.V.)

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Vier für Nepal

Betriebsführung

Drei Handwerksmeister und eine Hebamme haben einen Verein gegründet, um in Nepal eine Berufsschule aufzubauen – und packen vor Ort selbst kräftig mit an.

Die Beziehung zu Nepal beginnt für Tischlermeister Martin Linden auf einer deutschen Baustelle im Jahr 2015. Er wird hellhörig, als ein Statiker ihm erzählt, dass er nach Nepal fliegt, weil es für ihn dort nach den Erdbeben im Frühjahr viel zu berechnen gibt. Linden hält den Kontakt, will selbst helfen.

Der Statiker verweist ihn an Rabindra Puri. Der nepalesische Architekt, Restaurator und Künstler hat einige Jahre in Deutschland studiert und gearbeitet, und er hat eine Vision für Nepal, vielmehr sind es gleich mehrere: Er will alte Handwerkstraditionen des Landes wiederbeleben, um Gebäude erdbebensicher zu restaurieren und zu bauen. Außerdem will er die hohe Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen und verhindern, dass junge Leute das Land verlassen, indem er ihnen die Chance auf eine Ausbildung gibt. In einer Berufsschule sollen sie zu Tischlern, Maurern oder Sanitärhandwerkern werden und im Anschluss in Bauprojekten arbeiten.

Eine Art duales Ausbildungssystem für Nepal

2015 schildert Puri seine Ideen in einem Vortrag im Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln. Martin Linden ist überwältigt vom Charisma des Mannes, lässt sich von dessen Energie mitreißen. "Puri kennt das duale System der Ausbildung in Deutschland und möchte ähnliche Standards auch in Nepal einführen", erklärt Linden. Das will der Vollbluthandwerker unterstützen – und er findet Mitstreiter: seine Frau Andrea Fleißgarten, eine ausgebildete Hebamme, den Elektromeister Markus Laudenberg und den Sanitärmeister Andreas Manjowk.

Im März 2016 fliegen sie zum ersten Mal nach Nepal, nach Panauti, etwa 32 Kilometer von der Hauptstadt Kathmandu entfernt. "Es war ein Kulturschock", sagt Linden. Alles sei sehr einfach gewesen, Strom habe es nur für ein paar Stunden am Tag gegeben und auch kaum Benzin, aber die Menschen seien wunderbar offen und gastfreundlich gewesen, erinnert sich der Tischlermeister aus Bergisch Gladbach.

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Improvisation ist gefragt

Sie haben sich das von Puri gekaufte Grundstück angeschaut, auf dem die Berufsschule entstehen soll, Kontakte geknüpft und mit der Situation vor Ort vertraut gemacht. "Planen konnten wir nicht viel, dafür haben wir improvisiert", sagt Linden. Seitdem hat sich viel getan. Die drei Handwerksmeister und die Hebamme haben den Verein "Nepal und wir" gegründet und Spenden gesammelt.

"Von der Spendenbereitschaft unserer Kunden, Freunde und Bekannten waren wir überwältigt", sagt Linden. Innerhalb kurzer Zeit haben sie fast 30.000 Euro zusammenbekommen. Dafür haben sie Material wie Rohre, Kabel, Dübel und Dichtungen, Werkzeug und Maschinen angeschafft und nach Nepal verschiffen lassen. "Der Papierkram dafür und für die Gründung des Vereins haben die meiste Arbeit gemacht", stöhnt Linden.

Handwerkliches Know-how sorgt für Einnahmen

Foto: © Nepal und wir e.V.Tischlermeister Martin Linden reist regelmäßig nach Nepal, um den Berufsschülern sein Fachwissen zu vermitteln.Mehr in ihrem Element sind die Handwerker gewesen, als sie Hochbetten für die Berufsschule entworfen haben, denn in dem Gebäude sollen Jugendliche aus ganz Nepal lernen und leben. Zusammen mit den ersten Schülern haben sie die Entwürfe umgesetzt. "Nach einem halben Jahr haben die Schüler alleine 30 Betten gebaut." Mittlerweile sind sie zu einem Verkaufsschlager geworden. Eine wichtige Einnahmequelle für die Schule.

Sanitärmeister Manjowk hat geholfen, die Küche mit warmem Wasser zu versorgen, während Markus Laudenberg eine kleine Photovoltaikanlage auf das Dach der Schule gesetzt hat. "Nun gibt es ein Backup-System, wenn der Strom ausfällt", sagt Linden. Darüber hinaus vermitteln die Handwerksmeister in den drei bis vier Wochen pro Jahr, die sie in Panauti sind, ihr Wissen in Workshops auf Englisch. Im Oktober 2018 sind sie wieder hingeflogen, um neue Maschinen zu installieren und den Ausbildern deren Bedienung zu zeigen. Bis zu sieben Jahre wird es laut Linden dauern, bis die Berufsschule fertig eingerichtet sein wird. Momentan lernen etwa acht Jungen und vier Mädchen dort. Die Ausbildung dauert ein Jahr und kostet Lehrgeld, was sich nicht jeder in Nepal leisten kann. Spender können die Patenschaft für ein Stipendium übernehmen. 120 Euro kostet das.

Helfer sind willkommen

Lindens Frau Andrea Fleißgarten engagiert sich für den Aufbau einer Entbindungsstation in Panauti. Sach- oder Geldspenden könnten sie immer gut gebrauchen, sagt Linden. Auch jemanden, der ihnen über die bürokratischen Hürden helfe. "Es ist eine Freude, mit den Menschen dort zusammenzuarbeiten", sagt er. Viele Freundschaften seien entstanden. Nicht nur zu Puri, mit dem er regelmäßig skypt.
"Ich kenne niemanden, der so viel bewegt hat", schwärmt Linden. Als das Erdbeben 2015 Bhaktapur zerstört habe, sei Puris Haus eines der wenigen gewesen, das noch gestanden habe, weil er bei der Restaurierung auf traditionelles Handwerk mit Holzstreben statt Beton gesetzt hatte. Diese Handwerkstradition vermittelt in einer standardisierten Ausbildung: So will Puri sein Land in die Zukunft führen.


Nepal und wir
Hebamme Andrea Fleißgarten, ­Tischlermeister Martin Linden, Elektro­meister Markus Laudenberg und Sanitärmeister Andreas Manjowk aus Bergisch Gladbach haben den Verein "Nepal und wir" gegründet, mit dem sie zwei Projekte in Nepal umsetzen wollen: den Aufbau einer Berufsschule und den eines Kranken­hauses mit Entbindungsstation in Panauti. Die Stadt ist eine der ältesten des Landes und liegt etwa 32 Kilometer südöstlich von der Hauptstadt ­Kathmandu entfernt im Kathmandutal. Mehr Informationen zum Stand der Projekte, Bilder und die Daten des Spendenkontos gibt es auf der ­Website zum Verein.

Text: / handwerksblatt.de

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