Berliner Wirtschaft wehrt sich gegen geplante Ausbildungsplatzumlage
In Berlin sollen künftig Unternehmen in einen Ausbildungsfonds einzahlen. Kammern und Verbände halten nichts von diesem Plan. Statt einem Plus an Ausbildungsstellen befürchten sie mehr Bürokratie und Hunderte von Klagen.
Mit einem "solidarischen Finanzierungssystem" wollen die Berliner CDU und SPD mehr Betriebe dazu motivieren, dass Angebot an Ausbildungsplätzen "spürbar zu verbessern". Im Juli haben die Fraktionen beider Parteien, die in der Metropole an der Spree die Regierung bilden, einen Gesetzesentwurf ins Abgeordnetenhaus eingebracht. Darin beantragen sie, im Land Berlin einen Ausbildungsförderungsfonds zu errichten.
"Unternehmen sollen einen vorher festgelegten Betrag in einen gemeinsamen Fonds einzahlen, unabhängig davon, ob sie ausbilden oder nicht. Aus diesem Fonds bekommen ausbildende Betriebe die Kosten der Berufsausbildung, insbesondere die Ausbildungsvergütungen, erstattet", heißt es auf einer Seite der Senatsverwaltung für Arbeit zur Berliner Ausbildungsplatzumlage.
Widerstand aus der Wirtschaft
Über den Antrag wurde am 9. Oktober im Abgeordnetenhaus in erster Lesung beraten. Kurz zuvor hatte sich ein Bündnis der Berliner Wirtschaft in einem offenen Brief an die Abgeordneten gewandt. Darin appellieren die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin, die Handwerkskammer Berlin, die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg und der Bundesverband Deutsche Startups an die Parlamentarier, die Einführung der Ausbildungsplatzumlage zu stoppen.
Ihren Vorstoß begründen die Bündnispartner damit, dass das Gesetz dem Wirtschaftsstandort Berlin schade und die Unternehmen in konjunkturell schwierigen Zeiten zusätzlich belaste – ohne die wahren Probleme auf dem Ausbildungsmarkt zu lösen. In der Praxis werde diese "völlig sinnlose Belastung zu einem massiven Aufwuchs von Bürokratie und hunderten Klagen von Unternehmen führen, wie der seit Anfang des Jahres in Bremen geltende Ausbildungsausgleichsfonds zeigt". Laut IHK-Präsident Sebastian Stietzel gebe es mehr als 330 Klagen gegen das dortige Gesetz.
Ausbildungsumlage in BremenIm Online-Artikel "Bremen will Ausbildungsumlage für alle Betriebe einführen" auf handwerksblatt.de gehen wir auf die Entstehung des Ausbildungsunterstützungsfonds in der Hansestadt ein. Weiterführende Informationen dazu stellt auch die Handwerkskammer Bremen in deren Internetauftritt bereit.
So geht's weiter
Im Anschluss an die erste Lesung am 9. Oktober hat das Berliner Abgeordnetenhaus den Antrag 19/2552 an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Eine gemeinsame Anhörung der beteiligten Ausschüsse ist laut Prof. Dr. Martin Pätzold, Sprecher für den Bereich Arbeit der CDU-Landtagsfraktion, am 13. November vorgesehen. "Nach Auswertung der Stellungnahmen der Sachverständigen soll die zweite Lesung des Gesetzentwurfs voraussichtlich Anfang des Jahres 2026 erfolgen", erklärt er, schränkt jedoch ein, dass das parlamentarische Verfahren nur dann abgeschlossen werde, "wenn die im Koalitionsvertrag sowie im Bündnis für Ausbildung vereinbarte Schaffung von mindestens 2.000 zusätzlichen betrieblichen Ausbildungsplätzen bis zum Jahresende nicht erreicht wird".
Sollte dies nicht gelingen und das Gesetz zur Errichtung eines Ausbildungsförderungsfonds beschlossen und verkündet werden, soll es Anfang 2027 in Kraft treten. In einem ersten Schritt würden alle Arbeitgeber verpflichtet, der Berliner Ausbildungskasse die Höhe der Arbeitnehmerbruttolohnsumme mitzuteilen. Betriebe, die ausbilden und Geld aus dem Fonds erhalten möchten, müssten der Berliner Ausbildungskasse die Zahl ihrer Auszubildenden melden. Ab dem 1. Januar 2028 würde die zweite Stufe zünden: Die Berliner Ausbildungskasse setzt die Berufsausbildungssicherungsabgabe für jeden Arbeitgeber fest. Betriebe, die ausbilden, könnten jährlich einen Ausbildungskostenausgleich beantragen.
Quelle: Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung/Handwerkskammer Berlin/eigene Recherche
Text:
Bernd Lorenz /
handwerksblatt.de
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