Kammern und Verbände versuchen, die geplante Ausbildungsplatzumlage in Berlin zu stoppen. Im Bild (v.l.n.r.): Franziska Teubert (Bundesverband Deutsche Startups), Jürgen Wittke (Handwerkskammer Berlin), Manja Schreiner (IHK Berlin) und Sven Weickert (Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg) (Foto: © Handwerkskammer Berlin/Katja Reichgardt)

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Berliner Wirtschaft wehrt sich gegen geplante Ausbildungsplatzumlage

Handwerkspolitik

In Berlin sollen künftig Unternehmen in einen Ausbildungsfonds einzahlen. Kammern und Verbände halten nichts von diesem Plan. Statt einem Plus an Ausbildungsstellen befürchten sie mehr Bürokratie und Hunderte von Klagen.

Mit einem "solidarischen Finanzierungssystem" wollen die Berliner CDU und SPD mehr Betriebe dazu motivieren, dass Angebot an Ausbildungsplätzen "spürbar zu verbessern". Im Juli haben die Fraktionen beider Parteien, die in der Metropole an der Spree die Regierung bilden, einen Gesetzesentwurf ins Abgeordnetenhaus eingebracht. Darin beantragen sie, im Land Berlin einen Ausbildungsförderungsfonds zu errichten.

"Unternehmen sollen einen vorher festgelegten Betrag in einen gemeinsamen Fonds einzahlen, unabhängig davon, ob sie ausbilden oder nicht. Aus diesem Fonds bekommen ausbildende Betriebe die Kosten der Berufsausbildung, insbesondere die Ausbildungsvergütungen, erstattet", heißt es auf einer Seite der Senatsverwaltung für Arbeit zur Berliner Ausbildungsplatzumlage.

Widerstand aus der Wirtschaft

Über den Antrag wurde am 9. Oktober im Abgeordnetenhaus in erster Lesung beraten. Kurz zuvor hatte sich ein Bündnis der Berliner Wirtschaft in einem offenen Brief an die Abgeordneten gewandt. Darin appellieren die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin, die Handwerkskammer Berlin, die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg und der Bundesverband Deutsche Startups an die Parlamentarier, die Einführung der Ausbildungsplatzumlage zu stoppen.

Ihren Vorstoß begründen die Bündnispartner damit, dass das Gesetz dem Wirtschaftsstandort Berlin schade und die Unternehmen in konjunkturell schwierigen Zeiten zusätzlich belaste – ohne die wahren Probleme auf dem Ausbildungsmarkt zu lösen. In der Praxis werde diese "völlig sinnlose Belastung zu einem massiven Aufwuchs von Bürokratie und hunderten Klagen von Unternehmen führen, wie der seit Anfang des Jahres in Bremen geltende Ausbildungsausgleichsfonds zeigt". Laut IHK-Präsident Sebastian Stietzel gebe es mehr als 330 Klagen gegen das dortige Gesetz.

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Ausbildungsabgabe in Bremen 

Die Bremische Bürgerschaft hat laut Senat für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration am 23. März 2023 das Gesetz zum Ausbildungsunterstützungsfonds beschlossen. Die Höhe der Ausbildungsabgabe richtet sich nach einem prozentualen Anteil der Arbeitnehmerbruttolohnsumme (ohne Sonderzahlungen). Im Gesetz wurde ein Maximalwert von bis zu 0,3 Prozent festgelegt. Wer ausbildet, kann im Gegenzug bis zu 2.500 Euro pro Auszubildenden aus dem Ausbildungsfonds Bremen erhalten. Arbeitgeber können sich von der Einzahlung befreien lassen, wenn ihre Arbeitnehmerbruttolohnsumme unterhalb eines festgelegten Werts liegt (135.000 Euro für das Meldejahr 2024) oder wenn sie bereits in einen branchenspezifischen Ausgleichsfonds (zum Beispiel des Schornsteinfeger- oder Bauhandwerks) einzahlen.

Anfang 2025 mussten die Unternehmen und Organisationen der Hansestadt zum ersten Mal die Höhe ihrer Arbeitnehmerbruttolohnsumme sowie die Zahl ihrer Auszubildenden an ein digitales Meldeportal übermitteln. Die Ausbildungsabgabe errechnet sich aus der Arbeitnehmerbruttolohnsumme des Jahres 2024 multipliziert mit dem Wert, den der Senat per Rechtsverordnung für 2025 beschlossen hat. Dieser liegt bei 0,27 Prozent. Ausbildenden Betrieben in Bremen wird als Ausgleich 2.250 Euro pro Auszubildenden zugewiesen, der seit mindestens vier Monaten in dem Unternehmen beschäftigt ist.

"Die Auszahlungen sollen im Dezember erfolgen", erklärt die Handwerkskammer Bremen auf Anfrage unserer Redaktion. Dass die Ausbildungsabgabe schon für mehr Ausbildungsplätze sorgt, sei bis bis dato nicht erkennbar. Nach dem Inkrafttreten des Fonds wolle man sich dafür einsetzen, dass das Qualitätsniveau der zahlreichen bewährten und häufig staatlich finanzierten Unterstützungsangebote verschiedener Institutionen, darunter der Handwerkskammer, erhalten bleibt und bereits bestehenden Erfolgsmodelle weitergeführt werden.

Ausbildungsumlage in BremenIm Online-Artikel "Bremen will Ausbildungsumlage für alle Betriebe einführen" auf handwerksblatt.de gehen wir auf die Entstehung des Ausbildungsunterstützungsfonds in der Hansestadt ein. Weiterführende Informationen dazu stellt auch die Handwerkskammer Bremen in deren Internetauftritt bereit. 

So geht's weiter

Im Anschluss an die erste Lesung am 9. Oktober hat das Berliner Abgeordnetenhaus den Antrag 19/2552 an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Eine gemeinsame Anhörung der beteiligten Ausschüsse ist laut Prof. Dr. Martin Pätzold, Sprecher für den Bereich Arbeit der CDU-Landtagsfraktion, am 13. November vorgesehen. "Nach Auswertung der Stellungnahmen der Sachverständigen soll die zweite Lesung des Gesetzentwurfs voraussichtlich Anfang des Jahres 2026 erfolgen", erklärt er, schränkt jedoch ein, dass das parlamentarische Verfahren nur dann abgeschlossen werde, "wenn die im Koalitionsvertrag sowie im Bündnis für Ausbildung vereinbarte Schaffung von mindestens 2.000 zusätzlichen betrieblichen Ausbildungsplätzen bis zum Jahresende nicht erreicht wird". 

Sollte dies nicht gelingen und das Gesetz zur Errichtung eines Ausbildungsförderungsfonds beschlossen und verkündet werden, soll es Anfang 2027 in Kraft treten. In einem ersten Schritt würden alle Arbeitgeber verpflichtet, der Berliner Ausbildungskasse die Höhe der Arbeitnehmerbruttolohnsumme mitzuteilen. Betriebe, die ausbilden und Geld aus dem Fonds erhalten möchten, müssten der Berliner Ausbildungskasse die Zahl ihrer Auszubildenden melden. Ab dem 1. Januar 2028 würde die zweite Stufe zünden: Die Berliner Ausbildungskasse setzt die Berufsausbildungssicherungsabgabe für jeden Arbeitgeber fest. Betriebe, die ausbilden, könnten jährlich einen Ausbildungskostenausgleich beantragen. 

Quelle: Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung Berlin/Handwerkskammer Berlin/eigene Recherche 

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Text: / handwerksblatt.de

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