Brillengläser: Wann das Jobcenter sie zahlen muss
Benötigt eine Bürgergeld-Bezieherin nach einem Sturz neue Brillengläser und zahlt die Krankenkasse nicht, muss das Jobcenter die Kosten übernehmen – aber nur für Standardgläser. Das hat das Landessozialgericht NRW entschieden.
Der Grundsicherungsträger muss für medizinisch notwendige Leistungen zahlen, wenn die Krankenkasse diese nicht übernimmt. Die Kosten für neue Brillengläser sind Sonderbedarf, urteilte das Landessozialgericht NRW, als Ersatz gibt es aber nur Standardgläser.
Der Fall
Eine Bürgergeld-Bezieherin benötigte nach einem Sturz neue Brillengläser für ihre Gleitsichtbrille. Diese sollten 780 Euro kosten. Die Krankenkasse zahlte nicht, weil die Frau den vorgeschriebenen Beschaffungsweg nicht eingehalten hatte. Das Jobcenter lehnte die Kostenübernahme ebenfalls ab.
Das Urteil
Anders als noch das Sozialgericht sprach die nächste Instanz der Frau einen Teil der Kosten zu und verurteilte das Jobcenter zur Zahlung von 256 Euro für Standard-Brillengläser.
Der Anspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung gehe zwar grundsätzlich vor, sei hier aber ausgeschlossen gewesen, weil die Frau den Beschaffungsweg nicht eingehalten habe, so das Urteil. Allerdings wurde hier ein tatsächlich bestehender, medizinischer Bedarf von einer Krankenkasse nicht gedeckt.
Daher sei das Jobcenter als "Ausfallbürge" der gesetzlichen Krankenversicherung verantwortlich. Das menschenwürdige Existenzminimum aus Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 1 GG umfasse auch die Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung, betonte das Gericht. Der Grundsicherungsträger müsse daher die Kosten für die Brillenreparatur übernehmen.
Die Kosten für eine Reparatur oder Ersatz von therapeutischen Geräten seien nicht Teil des Regelbedarfs, sondern ein Sonderbedarf nach § 24 Abs. 3 SGB II. Der Anspruch besteht jedoch nur auf das medizinisch Notwendige – hier Standardgläser –, nicht auf teurere Varianten. Das Gericht sprach der Klägerin daher 256 Euro für Standardgläser zu.
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Februar 2025, Az.L 12 AS 116/23
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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