Bau: Bund ermöglicht Preisanpassung wegen Lieferengpässen
Ein Erlass der Bundesregierung erlaubt in der aktuellen Krise Stoffpreisgleitklauseln, die Preissprünge während eines Bauprojekts auffangen sollen. Das Bauhandwerk begrüßt den Schritt.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine führt auch zu Problemen auf deutschen Baustellen. So bezieht Deutschland einen erheblichen Anteil seines Baustahls aus Russland und der Ukraine. Wegen gestörter Lieferketten sind viele Materialien nicht zu bekommen oder erheblich teurer geworden. Auch viele erdölbasierte Produkte wie etwa Bitumen und Kunststoffrohre sind betroffen.
Vor diesem Hintergrund haben Bundesbauministerin Klara Geywitz und Bundesverkehrsminister Volker Wissing einen Erlass veröffentlicht, mit dem das Thema Lieferengpässe und Stoffpreisänderungen für Bauvorhaben des Bundes einheitlich geregelt werden soll: Neue Verträge sollen mit Preisgleitklauseln versehen werden, die eine Anpassung an die Marktentwicklung ermöglichen. Im Einzelfall sollen auch in bestehenden Verträgen die Preise nachträglich angepasst werden.
Bislang lehnten viele Vergabestellen die Einbeziehung der Gleitklausel in Verträge ab, da in den einschlägigen Baukostenindizes noch keine Veränderungen festzustellen sind. Dieses Problem wird durch den neuen Erlass behoben. Dieser ordnet jetzt für bestimmte Baustoffe wie Stahl oder Bitumen die Anwendung der Stoffpreisgleitklausel an. Er gilt ab sofort, zunächst befristet bis zum 30. Juni 2022 und ist für öffentliche Bauleistungen verbindlich.
Betroffen sind diese Produktgruppen:
- Stahl und Stahllegierungen
- Aluminium
- Kupfer
- Erdölprodukte (Bitumen, Kunststoffrohre, Folien und Dichtbahnen, Asphaltmischgut)
- Epoxidharze
- Zementprodukte
- Holz
- Gusseiserne Rohre
> Hier finden Sie den Erlass des Bundes zum Herunterladen
Bauhandwerk begrüßt Regelung
"Engpässe bei Baustoffen und Preissprünge bestimmen derzeit das Baugeschehen und machen eine seriöse Kalkulation von Bauprojekten zunehmend unmöglich. Angesichts dieser schwierigen Ausgangslage begrüßen wir den Erlass des Bundes ausdrücklich," erklärt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB). "Dadurch werden die Bauunternehmen überhaupt erst wieder in die Lage versetzt, Angebote abgeben zu können." Ein wichtiger Punkt sei auch die Verkürzung des Mindestabstands zwischen Angebotsabgabe und Einbau von sechs auf einen Monat. Dadurch könnten, anders als in der Vergangenheit, auch viele kurzlaufende Bauverträge in die Preisgleitung einbezogen werden. Das Signal des Bundes sei für laufende Verträge von großer Bedeutung, betonte der ZDB-Chef. Jetzt seien Länder und Kommunen aufgefordert, den Erlass in gleicher Weise zu übernehmen.
Hintergrund: Rund 30 Prozent des Baustahls kommen aus Russland, der Ukraine und Weißrussland. Hinzu kommt der hohe Anteil von Roheisen (40 Prozent) aus diesen Ländern und diverser weiterer Rohstoffe, die für die Stahllegierung notwendig sind (Nickel 25 Prozent und Titan 75 Prozent). Auch rund 30 Prozent der hiesigen Bitumenversorgung erfolgt in Abhängigkeit von Russland, mit entsprechenden Auswirkungen auf den deutschen Straßenbau. Auch die Kosten für Energie und Kraftstoffe sind erheblich gestiegen.
Bereits wegen Lieferschwierigkeiten infolge der Corona-Pandemie hatte das Bundesbauministerium eine ähnliche Regelung herausgegeben. Die jetzige Situation sei jedoch noch deutlicher angespannter, betont die Regierung.
Sächsischer Handwerkstag verlangt entsprechende Vorgaben auch von der Landesregierung
Zu den Gegenmaßnahmen der Bundesregierung bei öffentlichen Aufträgen des Bundes erklärt der Präsident des Sächsischen Handwerkstages, Jörg Dittrich: "Ein Lichtblick ist der Erlass der Bundesregierung zu möglichen Preisgleitklauseln bei öffentlichen Aufträgen des Bundes. Auf diese Weise sollen unkalkulierbar steigende Mehrkosten durch öffentliche Auftraggeber übernommen werden. Eine analoge Regelung zu der des Bundesbauministeriums erwartet der Sächsische Handwerkstag jetzt auch von der Landesregierung für die Landes- und kommunale Ebene im Freistaat. Auch Sachsen sollte im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe Preisgleitklauseln für ausgewählte Produktgruppen zulassen. Aus unserer Sicht wäre dies ein erster Schritt, um Unternehmen in Größenordnungen vor einem Abdriften in die Zahlungsunfähigkeit zu bewahren."
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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