Auf der Baustelle erschien auch nur an einem Tag ein Mitarbeiter, der lediglich eine Besichtigung vornahm.

Auf der Baustelle erschien nur an einem Tag ein Mitarbeiter, der lediglich eine Besichtigung vornahm. (Foto: © Daniel Kaesler/123RF.com)

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Eigentlich logisch: Eine Baufirma muss auch bauen

Nimmt ein Bauunternehmen einen Bauauftrag an, muss es auch arbeiten – oder den erhaltenen Vorschuss zurückzahlen. Das Oberlandesgericht Hamburg zeigte kein Verständnis für Trödelei.

Eine Baufirma begann weder zu bauen, noch setzte sie die vereinbarte Mitarbeiterzahl auf der Baustelle ein. 60.000 Euro Vorschuss musste sie deshalb zurückzahlen, entschied das Oberlandesgericht Hamburg.

Der Fall

Ein Fachunternehmen für Bodenbeläge schloss im Februar 2020 als Subunternehmer mit einem anderen Bauunternehmen einen Bauvertrag über Fliesenarbeiten. Vereinbart war ein Pauschalfestpreis von 175.000 Euro, davon erhielt der Subunternehmer 60.000 Euro als Anzahlung. Im Werkvertrag wurde die Geltung der VOB/B vereinbart und die Fliesen-Firma sollte die Baustelle mit täglich vier bis zehn Arbeitskräften besetzen. 

Den vereinbarten Arbeitsbeginn am 20. April 2020 hielt der Subunternehmer aber nicht ein. Auf der Baustelle erschien auch nur an einem Tag ein Mitarbeiter, der lediglich eine Besichtigung vornahm. Daraufhin setze der Auftraggeber Fristen und drohte mit der Kündigung des Vertrages. Als auch diese ergebnislos verstrichen, kündigte er den Werkvertrag schließlich am 7. Mai 2020.

Das Urteil

Das Oberlandesgericht (OLG) entschied wie schon zuvor das Landgericht, dass der Auftraggeber den Werkvertrag wirksam gekündigt habe.

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Die Bodenfirma habe ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt und die gesetzte Nachfrist nicht eingehalten.

VOB/B: Zwölf Tage Zeit für Beginn

Die Parteien stritten sich zwar darüber, welcher Arbeitsbeginn konkret vereinbart worden war. Das spiele aber keine Rolle, erklärten die Richter. Denn der Auftraggeber habe die Leistung des Subunternehmers am 9. April 2020 per Mail abgerufen, so dass dieser jedenfalls nach § 5 Abs.2 S.2 VOB/B innerhalb von zwölf Werktagen mit seinen Arbeiten beginnen musste.

Auch sei die Baustelle entgegen dem Vertrag nie besetzt gewesen. "Die Parteien haben von vornherein eine durchgängige Besetzung der Baustelle mit mindestens vier Arbeitskräften vereinbart. Bei dieser Sachlage genügt es für einen Arbeitsbeginn nicht, wenn die Klägerin lediglich eine einzige Arbeitskraft auf die Baustelle schickt, da insoweit allenfalls pro forma mit den Arbeiten begonnen wurde und nicht entsprechend den konkreten Vereinbarungen der Parteien“, so das Urteil wörtlich.

Somit habe der Subunternehmer keinen Anspruch auf Vergütung oder Ersatz für das bestellte Material. Er muss die Anzahlung von 60.000 Euro nebst Zinsen zurückerstatten.

Praxistipp

"Dieses Urteil verdeutlicht die Bedeutung der Einhaltung vertraglicher Fristen und Vereinbarungen im Baurecht. Es zeigt auf, wie entscheidend eine klare Kommunikation und Dokumentation im Rahmen von Bauverträgen sind, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden oder zu bestehen", erklärt Rechtsanwalt Dr. Christian Gerd Kotz.

Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 23. Februar 2023, Az. 4 U 54/22 

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Text: / handwerksblatt.de

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