Einer für alle: Die EU hat eine Sammelklage verabschiedet, mit der Verbände die Rechte von vielen Verbrauchern stellvertretend einklagen können.

Einer für alle: Die EU hat eine Sammelklage verabschiedet, mit der ein Verband die Rechte von vielen Verbrauchern stellvertretend einklagen kann. (Foto: © joris484/123RF.com)

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EU-Sammelklage kommt

Betriebsführung

Die EU hat eine Verbandsklage eingeführt. Das Rechtsinstrument geht über die deutsche Musterfeststellungsklage hinaus, wird jedoch für Handwerksbetriebe kaum Bedeutung haben.

Das Europäische Parlament und der EU-Ministerrat haben am 24. November die Richtlinie für eine Verbandsklage verabschiedet. Nun müssen alle Mitgliedsstaaten eine Klage bei Verstößen gegen kollektive Verbraucherinteressen einführen.

In Deutschland gibt es bereits die Musterfeststellungsklage. Deutsche Verbände können aber nur klären lassen, ob das Unternehmen grundsätzlich ein Verschulden trifft. Die betroffenen Verbraucher müssen ihre Ansprüche anschließend selbst gerichtlich geltend machen. An wichtigen Punkten geht das europäische Modell darüber hinaus: Der EU-Klage gibt den Verbänden die Möglichkeit, konkrete Schadenersatzansprüche einzuklagen und nicht nur abstrakte Vorfragen zu klären. Die Kläger können mit diesem Rechtsinstrument sowohl Unterlassung als auch Feststellung und Leistungen einfordern.

Die neue Regelung betrifft alle Verbraucherrechte, auch bei Flug- und Zugverspätungen. Darüber hinaus können Verbände stellvertretend für eine Vielzahl von Betroffenen Sammelklagen etwa bei Fragen des Datenschutzes, bei Finanzdienstleistungen sowie bei Energie-, Umwelt- und Gesundheitsfragen einreichen. Und zwar grenzübergreifend EU-weit.

Verlierer muss zahlen

Zum Schutz vor missbräuchlichen Klagen hat die EU verschiedene Maßnahmen vorgesehen. Klagebefugt sind zum Beispiel nur "qualifizierte Einrichtungen". Hier unterscheidet die Richtlinie zwischen inländischen und grenzüberschreitenden Klagen. Während bei grenzüberschreitenden Klagen die europaweit einheitlichen Kriterien der Richtlinie gelten, haben die Mitgliedstaaten bei inländischen Klagen eine umfassende Gestaltungskompetenz. Da sich die Bundesregierung bei der EU für hohe Anforderungen eingesetzt hat, hält der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) Regelungen, die der Musterfeststellungsklage entsprechen, für wahrscheinlich.

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Die Richtlinie fordert darüber hinaus, dass Einrichtungen ihre Prozessfinanzierung offenlegen. Außerdem muss der Verlierer des Prozesses die Kosten tragen. So soll eine Klageindustrie nach amerikanischem Vorbild verhindert werden. In den USA sind Sammelklagen ein lukratives Geschäftsmodell für Anwaltskanzleien.

Kritik: Handwerksbetriebe sind ausgeschlossen

Anders als vom Handwerk gefordert, steht die Beteiligung an einer Verbandsklage nur Verbrauchern zu. Unternehmer können sich einer Verbandsklage nicht anschließen. Dies hält der ZDH weder für prozessökonomisch noch sachlich überzeugend. So können Handwerksbetriebe beispielsweise bei unzulässigen Geschäftsbedingungen von Telekommunikations- oder Stromanbietern dasselbe Rechtsschutzinteresse wie Verbraucher haben.

Andererseits sei angesichts der Ausrichtung der Sammelklage als Masseverfahren nicht zu erwarten, dass Handwerksbetriebe auf diesem Wege verklagt würden.

Die EU-Richtlinie muss binnen 24 Monaten in nationales Recht umgesetzt werden. Damit ist der letzte Teil des "New Deal for Consumers" erfüllt, mit dem die EU den Verbraucherschutz verbessern will.

Diesel-Skandal VW schließt Vergleich in der Musterfeststellungsklage

Text: / handwerksblatt.de

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