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HWK des Saarlandes | Oktober 2024
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Juni 2011
Die Gefährdungsbeurteilung ist für die meisten Unternehmen ein Muss. Wer sie nicht ernst nimmt, muss mit einem Ordnungsgeld rechnen oder macht sich im Schadensfall sogar strafbar.
Kreischende Sägen, ätzende Chemikalien oder giftige Dämpfe. Jahr für Jahr verletzen sich Beschäftigte bei der Arbeit, werden chronisch krank oder sterben an den Folgen eines Unfalls. Dabei müssen die Chefs darauf achten, dass ihren Leuten nichts zustößt und sie gesund bleiben. Durch eine Gefährdungsbeurteilung lassen sich potenzielle Gefahrenquellen aufdecken und versiegeln. Doch es geht nicht nur um die offensichtlichen Dinge. "Untersucht wird auch, ob die Raumtemperatur stimmt, ob die Mitarbeiter am Arbeitsplatz richtig sitzen, ob die Räume groß genug oder ob Sanitärräume vorhanden sind", erklärt Dr. Kersten Bux von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).
Die Gefährdungsbeurteilung an sich ist nichts Neues. Vorgeschrieben wird sie seit Mitte der 1990er-Jahre durch das Arbeitsschutzgesetz. Seit Juli 2010 ist sie auch in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStätt V) verankert und muss von allen Unternehmen dokumentiert werden. Gerade Handwerksbetriebe tun sich damit offenbar schwer mit ihr. So zeigt eine Untersuchung, dass nur knapp jedes fünfte Kleinst- und Kleinunternehmen eine dokumentierte Gefährdungsbeurteilung vorweisen kann. Ausgerechnet ihre Übersichtlichkeit scheint der aktuellen Fassung der ArbStättV zum Verhängnis zu werden.
Vor sieben Jahren hat man sie im Interesse der Wirtschaft verschlankt - von 58 auf acht Paragrafen plus Anhang. Die neue ArbStättV ist eher allgemein formuliert und überträgt den Arbeitgebern mehr Verantwortung. Was die Konzerne freut, stellt viele KMU vor Probleme. "Sie fühlen sich überfordert, weil ihnen eine verbindliche Festlegung fehlt, aus der Maß und Zahl hervorgehen, und es zu viele unbestimmte Rechtsbegriffe gibt", erklärte Michael Koll vom Bundesarbeitsministerium auf einer Fachtagung in Dortmund. Für mehr Klarheit sollen die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) sorgen, die zurzeit überarbeitet werden. Neun von 18 sind bereits fertig gestellt - darunter die Regelungen zur Raumtemperatur und zu den Erste-Hilfe-Räumen. Die andere Hälfte soll möglichst bis zum 31. Dezember 2012 auf den neuesten Stand gebracht worden sein.
Wer es sich zutraut, kann die Gefährdungsbeurteilung selbst durchführen. "Im Prinzip muss man nur die wenigen Paragrafen der Arbeitsstätten-Verordnung abarbeiten und versuchen, die Anforderungen der ASR zu erfüllen", meint Bux. Auf Unterstützung können die Betriebe dabei von den Berufsgenossenschaften hoffen, die Checklisten oder Info-Materialien bereithalten. Wem der Umgang mit Paragrafen eher unheimlich ist, der kann aber auch einen Experten heranziehen.
Beispielsweise Martin Goder. Der Geschäftsführer der Neptun Umwelt- und Arbeitsschutz Ingenieur GmbH unterstützt mit seinem Team die Unternehmen bei der Gefährdungsbeurteilung. "In 99 Prozent der Fällen geht das nicht ohne eine Fachkraft für Arbeitssicherheit", ist er überzeugt. In der Regel sind dazu mehrere Besuche nötig: Es gilt, die Situation im Betrieb zu analysieren, mit dem Chef und den Beschäftigten über die Abläufe an den Arbeitsplätzen zu sprechen, die Gefährdungen schriftlich zu fixieren und dem Auftraggeber vorzuschlagen, wie sich der Arbeits- und Gesundheitsschutz verbessern lässt.
"Die Gefährdungsbeurteilung ist keine Mängelliste wie beim TÜV für das Auto", stellt Goder klar. Das heißt: Die Fachkraft für Arbeitssicherheit ist lediglich ein Berater, der auf die Gefährdungen aufmerksam macht. Der Betriebsinhaber muss dessen Vorschläge nicht umsetzen. Besser wäre es aber, da es die Pflicht des Arbeitgebers ist, für die Sicherheit und Gesundheit seiner Beschäftigten zu sorgen.
Denn ignoriert der Betriebsinhaber die Vorschläge des Arbeitssicherheitsexperten, lernt er unter Umständen § 9 ArbStättV kennen. Demnach handeln Arbeitgeber ordnungswidrig, wenn sie eine Gefährdungsbeurteilung "nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig dokumentieren". Bei Vorsatz machen sie sich sogar strafbar. "Meines Wissens haben die Ämter für Gewerbeaufsicht aber noch keine drakonischen Strafen verhängt", sagt Dr. Kersten Bux. Die Arbeitsschützer seien meist auf Kooperation und Kommunikation mit den Betrieben aus. "Damit ist der Sache mehr gedient." Verlassen sollte man sich darauf aber nicht.
Um einen Experten für das jeweilige Gewerk zu finden, rät Martin Goder, sich mit dem Verband Deutscher Sicherheitsingenieure in Verbindung zu setzen. Wie viel eine Gefährdungsbeurteilung kostet, kann er beim besten Willen nicht sagen. "Es ist halt ein riesiger Unterschied, ob wir einen Friseursalon mit vier identischen Arbeitsplätzen unterstützen oder eine Edelstahlschweißerei, die in ganz Europa tätig ist. Doch gerade Handwerker müssten wissen, dass Qualität ihren Preis hat. "Das billigste Werkzeug ist meist das teuerste."
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