Verdacht auf verdeckte Gewinnausschüttung
Steuerberater beobachten, dass bei Geschäftsführern immer häufiger der Vorwurf einer verdeckten Gewinnausschüttung im Raum steht.
An die Geschäftsführer-Vergütung in mittelständischen Unternehmen und Handwerksbetrieben werden immer strengere Maßstäbe angelegt. Neue Gerichtsurteile grenzen den Gestaltungsfreiraum ein; Betriebsprüfer leiten bei Verdacht auf eine verdeckte Gewinnausschüttung immer häufiger ein Strafermittlungsverfahren ein, beobachten Experten.
Besonders kritisch nehmen die Prüfer die Geschäftsführer-Vergütung von inhabergeführten Kapitalgesellschaften unter die Lupe, warnt die Wirtschaftskanzlei WWS in Mönchengladbach. Anhand eines Drittvergleichs überprüfen sie Art und Höhe der Geschäftsführer-Vergütung. Vermeintlich überhöhte Leistungen an Gesellschafter-Geschäftsführer werten sie schnell als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA).
Die Folgen können sein: hohe Steuernachzahlungen samt Zinsen, mitunter auch Bußgelder oder sogar Geldstrafen. "Neben dem Grundgehalt nehmen Betriebsprüfer verstärkt Extras wie Tantiemen, Pensionszusagen oder Sachbezüge ins Visier", sagt Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Torsten Lambertz. "Kritische Finanzbeamte haben schnell Einwände, da Gehaltsbestandteile großen Interpretationsspielraum bieten.
Betriebsprüfer schürfen immer tiefer
"Die jüngere Rechtsprechung lässt Betriebsprüfer noch tiefer schürfen. Rückendeckung bieten ihnen etwa zwei Urteile des Bundesfinanzhofs. Gegenstand ist in beiden Fällen ein Mietvertrag zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer zu strittigen Konditionen (BFH, Az. I R 8/15, Az. I R 12/15). Obwohl die vereinbarte Miete dem ortsüblichen Mietspiegel entsprach, vertreten die Richter die Auffassung, dass es sich um eine vGA handelt. Maßgeblich ist für die Entscheidung, dass die Miete nicht kostendeckend und keine Gewinnerzielung möglich war.
"Firmen sollten die Miethöhe nicht nur auf Basis von Mietspiegeln festlegen, sondern bei der Ermittlung der Kostenmiete auch immer die Zweite Berechnungsverordnung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz heranziehen", rät Lambertz. "Ein angemessener Gewinnaufschlag von rund fünf Prozent darf im Mietvertrag nicht fehlen.
Für geliehenes Geld keine Zinsen gezahlt
"Einen weiteren Ansatzpunkt bietet Betriebsprüfern ein Urteil zum Verrechnungskonto für Gesellschafter (FG München, Az. 7 K 531/15). Ein GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer hatte private Ausgaben vom GmbH-Konto bezahlt. Die Zahlungen glich der Firmenchef jedoch nicht aus. Über die Jahre häuften sich Verbindlichkeiten auf über eine halbe Million Euro an. Für die Richter liegt eine vGA vor, da der Geschäftsführer für das geliehene Geld keine Zinsen zahlte. In ähnlich gelagerten Fällen sollten Unternehmen immer Zinszahlungen in angemessener Höhe vereinbaren, rät Steuerberater Lambertz. "Sofern die Gesellschaft selbst einen Kredit zu ihrer Refinanzierung aufgenommen hat, sollten die hierfür fälligen Zinsen als Maßstab für die Verzinsung des Geschäftsführer-Kredits herangezogen werden." Andernfalls sei der marktübliche Zinssatz maßgeblich.
Einlagenrückgewähr nur mit Muster-Formblatt
Auch beim Thema Einlagenrückgewähr sei erhöhte Vorsicht geboten. Entsprechende Leistungen an ihre Gesellschafter müssten Kapitalgesellschaften nach amtlich vorgeschriebenem Muster bescheinigen. Die Bescheinigung einer Einlagenrückgewähr könne nach Bekanntgabe des Feststellungsbescheids nicht mehr erfolgen, so der Experte. "Dies gilt nach Auffassung des Sächsischen Finanzgerichts selbst dann, wenn eine vGA erst im Rahmen einer Betriebsprüfung nachträglich festgestellt und aus diesem Grund keine Bescheinigung ausgestellt wurde." (FG Sachsen, Az. 2 K 1860/15). Die Finanzrichter räumen jedoch den Finanzämtern die Möglichkeit ein, im Einzelfall zugunsten des Steuerpflichtigen zu entscheiden. Einen Rechtsanspruch können Betroffene hieraus aber nicht herleiten. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles wurde die Revision vor dem Bundesfinanzhof zugelassen.
Fazit: Wie können Kapitalgesellschaften eine verdeckte Gewinnausschüttung von vornherein vermeiden? "Firmen sollten bestehende und neue Vergütungsvereinbarungen hinsichtlich formaler Kriterien und der Höhe prüfen", sagt Lambertz. Entscheidend sei bei der Vergütung immer die Frage, ob sie ein gewissenhafter Firmenchef auch einem Nichtgesellschafter gewähren würde und ob sie der Höhe nach marktüblich ist. Unternehmen sollten grundsätzlich für den Fremdvergleich aktuelle Gehaltsstudien heranziehen. Sicherheitshalber sollten sie mit ihrem Steuerberater alle Gestaltungsmodelle durchgehen, um Knackpunkte zu beseitigen.
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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