Rund um die Uhr
Uhrmachermeister Kriescher aus Würselen hat zum selbsternannten "Tag der Uhr" neun deutsche Hersteller mechanischer Uhren eingeladen. Ein echtes Erlebnis!
Wie ein kleiner lebendiger Organismus sei so eine mechanische Uhr, schwärmt Peter Deckers, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Aachen. Ihn hat Uhrmachermeister Ulrich Kriescher als Schirmherr für seinen "Tag der Uhr" gewonnen. Die Idee: Kunden und anderen Interessierten deutsche Uhrenhersteller und ihre Produkte näher zu bringen. "Ich wollte die kleinen Hersteller, weil von ihnen die Innovationen ausgehen", sagt Kriescher. Er führt sein Uhrmachergeschäft in der dritten Generation, 1929 wurde es vom Großvater gegründet. "Es gibt nur noch etwa 3.000 Uhrmacher-Betriebe in Deutschland", so Kriescher. Viele Inhaber gingen bald in Rente, so dass in zehn Jahren nur noch etwa 1.000 Betriebe übrigblieben. Mit seiner Aktion wolle er auch das Interesse an seinem Beruf wieder wecken.
Eingeladen hat er auch den "Lokalmatador" Marcello C. Seit 1993 stellt Inhaber und Gründer Marcell Kainz mit seinen 14 Mitarbeitern mechanische Armbanduhren in Würselen her. "Unser Markenzeichen ist das gute Preis-Leistungs-Verhältnis", sagt Kainz. Die Uhren – mit hochwertigen Schweizer Werken versehen – gibt es ab einem Preis von 550 Euro. Von sportlich bis klassisch-schlicht ist alles dabei, betont der Sammler antiker Uhren.
Uhren für Rechenkünstler und Geschichtsinteressierte
Die Navy-Uhr von Tourby ist unverkäuflich; Foto: © Andreas Schmitten Erdal Yildiz, Gründer und Inhaber von Tourby Watches aus Hagen, stellt mit seinem Team von fünf Mitarbeitern ganz individuelle Uhren auf Kundenwunsch her, vertreibt aber auch eine eigene Linie, für die er Uhren aus allen Epochen der Uhrmacherei als Armbanduhren nachbaut: Von Uhren mit einem Ziffernblatt aus Emaille aus dem 17. Jahrhundert über Marine-Modelle ab dem 18. bis zum 20. Jahrhundert bis hin zu Flieger-, Bomber- und Taucheruhren. Sogar eine Uhr mit osmanischen Zahlen gehört zur Kollektion. Erst unter Mustafa Kemal Atatürk wurden 1920 im ehemaligen osmanischen Reich die römischen Ziffern eingeführt, erklärt Yildiz. Besonders stolz ist er auf einen Exklusivvertrag mit einer der Elite-Navy-Piloten-Schulen der USA. Für jeden Absolventen stellt Tourby eine Uhr mit US-Flagge her, in deren Seitenrand die persönliche ID und der Kampfname des Kampfpiloten eingraviert ist. Dieses besonders stoßfeste, wasserdichte und anti-magnetische Modell lässt sich nicht kaufen, alle anderen Tourby-Uhren liegen zwischen 5.000 und 50.000 Euro, je nach Material und individueller Anfertigung.
Wer etwas übrig hat für ungewöhnliche Zeitanzeigen, ist bei Rainer Nienaber gut aufgehoben. Das Mitglied der Akademie selbstständiger, schöpferisch tätiger Uhrmacher (AHCI) baut zum Beispiel mechanische Uhren mit retrograden Zeitanzeigen. "Die Zeiger drehen sich nicht ins Runde, sondern laufen über ein bestimmtes Segment und springen dann wieder zurück", erklärt der Tüftler aus dem ostwestfälischen Bünde. Ein Highlight ist die Dezimaluhr. Die Dezimalzeit sollte laut Nienaber im Zuge der französischen Revolution eingeführt werden, setzte sich aber nicht durch. Ein Tag nach Dezimalzeit ist in zehn Stunden unterteilt zu je 100 Minuten. Der Minutenzeiger der Dezimaluhr dreht sich folglich zehnmal am Tag, statt der üblichen 24-mal: ein Liebhaberstück für Rechenkünstler. 50 bis 60 extravagante Stücke kreiert und baut Nienaber im Jahr, zu haben sind sie ab 1.800 Euro.
Ein Ziffernblatt aus Meteoritengestein
Die Uhren aus dem Hause Nienaber stehen für ungewöhnliche Zeitanzeigen; Foto: © Andreas Schmitter Auch vertreten in Würselen ist die Firma Schaumburg Watch aus Rinteln mit ihren drei Marken. Hinter "Nauticfish" verbergen sich Taucheruhren, "N.B. Yäeger" heißen ihre Fliegeruhren, doch am begehrtesten sei "Moon", verrät Uhrmachermeister Henning Blümel. Die Mondscheibe in der jeweiligen Mondphase auf dem Ziffernblatt leuchtet ebenso im Dunkeln wie die Zeiger. Moon ist unter anderem mit einem Ziffernblatt aus echtem Meteoritengestein erhältlich. Die Preise von Schaumburg liegen zwischen 700 und 5.800 Euro. Das Unternehmen mit sechs Mitarbeitern bietet auch Wochenend-Kurse an, in denen Uhrenliebhaber unter Anleitung eines gestandenen Meisters Uhren selbst bauen können.
Auch an ungewöhnlichem Zubehör fehlt es nicht: der Kölner Andy Heymann präsentiert seine handgemachten Lederbänder für Uhren. Er verwendet für die rustikalen Bänder in verschiedenen Farben durchweg alte Materialien, vor allem Baseballhandschuhe.
Außergewöhnliches Material oder extravagantes Design
Fraglich, ob diese sich für die Uhren der Firma Damasko aus Barbing bei Regensburg eignen. Der Familienbetrieb stellt auch eigene Uhrwerke her. Seine Spezialität aber sind die Gehäuse aus eisgehärtetem Edelstahl, die absolut kratzfest sind. Seit 2014 bietet Damasko auch ein Manufakturarmband aus demselben Material. Beim Design stünde die klare Ablesbarkeit im Vordergrund, sagt Mitarbeiter Tim Zacherl. Die schlichten und robusten Uhren kosten zwischen 1.039 und 3.600 Euro.
Das Gegenteil von schlicht bietet Alexander Shorokhoff mit seinen Uhren, deren farbenfrohe Ziffernblätter oft Künstlern nachempfunden sind. Der gebürtige Moskauer, der jetzt in Alzenau lebt und arbeitet, nennt Kandinsky, Hundertwasser und Malewitsch als Vorbilder. Er entwirft die Uhren selbst, zwei Mal wurden sie für den Design Award nominiert. "Die Uhr ist ein Zeitmesser, aber auch Kunst", sagt Shorokhoff.
Fotos: © Andreas Schmitter
Text:
DHB /
handwerksblatt.de
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