Schadensanalyse von PV-Modulen mit Drohne und KI
Schäden an großen Photovoltaikanlagen sind schwierig aufzuspüren. Das Start-up PVision nutzt Drohnen und Künstliche Intelligenz (KI), um die Module zu überprüfen und den Betreibern eine möglichst hohe Energieausbeute zu verschaffen.
Auch Photovoltaikanlagen können in die Jahre kommen. "Speziell die Module bringen im Laufe der Zeit immer weniger Leistung oder sie sind völlig defekt", verdeutlicht Kai Ritter. Der Ausfall sei vor allem für die Betreiber größerer Anlagen "ein Riesenproblem", denn ihnen steht weniger Strom aus eigener Produktion zur Verfügung. Erschwerend kommt hinzu, dass die Diagnose und die Behebung des Schadens aufwändig und damit kostspielig ist. "Der Elektriker muss aufs Dach klettern und mit einem Messgerät alle Module kontrollieren, wobei man auch schnell mal den Überblick verlieren kann, weil die Pläne der Anlage schon lange nicht mehr vorhanden sind."
Kai Ritter, einer der Gründer von PVision Foto: © PVisionSoftware erkennt Schadensmuster
Kai Ritter, Jonas Lackmann und Markus Bäuerlein haben sich eine Lösung überlegt. Mit einer Drohne, an der zwei normale Kameras und eine Wärmebildkamera installiert sind, überfliegen die Gründer von PVision PV-Anlagen. Anschließend lassen sie die Fotos von einer Software auswerten, die mittels Künstlicher Intelligenz auf das Erkennen von Schadensmustern trainiert worden ist.
In der Software können Stringpläne oder andere Dokumente, die für den Betrieb der PV-Anlage relevant sind, hinterlegt werden. Außerdem berechnet das Programm, wie sich der Ausfall für den Betreiber der PV-Anlage finanziell auswirkt. "Wenn man 30.000 Euro verliert, die Reparatur aber nur ein Sechstel davon kostet, dürfte dem Installateur der Auftrag sicher sein", meint Kai Ritter.
Software und Drohne
Die Nutzer können die Software von PVision nicht auf ihrem stationären Rechner installieren. Es handelt sich um eine Web-App, auf die man über einen Internetbrowser mit einer E-Mail-Adresse und einem Passwort zugreifen kann. Das Programm befindet sich in einer Cloud. Dort steht der Künstlichen Intelligenz eine ausreichend große Rechenleistung zur Verfügung, um die Fotos analysieren zu können.
Die Bedienung der Drohne erfordert keine großen Flugkünste. "Man zieht auf der Karte ein Viereck um die PV-Anlage und die Drohne zieht automatisch ihre Bahnen auf der von ihr berechneten Route. Der Überflug dauert meistens rund zehn Minuten." Die Aufnahmen – in der Regel mehrere Hundert Bilder – werden auf einer eingebauten Speicherkarte abgelegt.
Transfer der Luftaufnahmen
Es gibt zwei Optionen, die Fotos auf den Computer zu übertragen und sie in die Bilderkennungssoftware hochzuladen: per WLAN über die Fernbedienung der Drohne oder indem die Speicherkarte aus der Drohne entfernt und in den Computer gesteckt wird. "Der nächste Entwicklungsschritt wird sein, dass wir die Web-App direkt auf der Fernbedienung installieren können, so dass der Transfer vom einen zum anderen Gerät entfällt."
Foto: © PVisionKI lernt, Schäden zu erkennen
"Wir setzen alle von der Drohne aufgenommenen Bilder der Photovoltaikanlage zu einem Bild zusammen. So haben wir eine Luftaufnahme mit einer extrem hohen Auflösung. Sie hilft der Software, jedes PV-Modul genau zu lokalisieren", erklärt Kai Ritter.
Mithilfe der Trainingsdaten von bislang 63.000 Bildern können nun die Schäden ermittelt werden. "Wir zeigen der KI, wie sie beispielsweise Hotspots, einen Glasbruch oder den Defekt an einer Diode erkennt, sie merkt sich das Muster und lernt daraus für künftige Analysen", so Kai Ritter.
Sehr hohe Trefferquote
Alle Fotos, die von den Nutzern der Software hochgeladen werden, dienen wiederum dazu, die KI zu trainieren und ihre Analysefähigkeiten zu verbessern. "Zurzeit haben wir eine Trefferquote von ungefähr 98 Prozent. Mit deutlich mehr Bildern kämen wir wahrscheinlich auf 99,9 Prozent", schätzt Kai Ritter und versichert, dass alle Bilder anonymisiert und konform zum Datenschutz genutzt werden.
Potenzielle Nutzer von PVision
Die Zielgruppe von PVision sind Handwerksbetriebe, die sich auf Photovoltaik spezialisiert haben. "Zurzeit nutzen etwas mehr als ein Dutzend Elektroinstallateure unsere Software", sagt Kai Ritter. Er und seine beiden Gründerkollegen arbeiten aber daran, ihr Produkt bekannter zu machen und damit den Kundenstamm zu erweitern. So sind sie etwa auf Messen wie der "Intersolar" in München vertreten und stellen ihre Software in den Netzwerken der Photovoltaikbranche vor.
Preis von PVision
Noch übernimmt das PVision-Team die komplette Analyse jeder Anlage vor Ort. Für dieses Dienstleistungspaket fallen je nach Anlagengröße 639 Euro an. Künftig sollen die Kunden des Stuttgarter Start-ups den Überflug mit der eigenen Drohne auch selbst übernehmen können. Zum einen erspart es Kai Ritter und seinen beiden Kollegen viel Zeit für die mitunter lange An- und Abreise, die sie lieber in die Weiterentwicklung ihrer Software investieren möchten. Zum anderen reduziert sich dadurch der Preis deutlich. Dabei "ist es vor allem davon abhängig, wie groß die PV-Anlagen sind und wie viele überprüft werden".
Kai Ritter geht davon aus, dass die Zahl großer Photovoltaikanlagen, die etwa auf dem Dach von Sporthallen oder Gewerbeimmobilien montiert werden, weiter wächst. Davon könnte auch das Handwerk profitieren. "Wenn die Betriebe neben der Installation auch langfristige Verträge für die Wartung anbieten und dank PVision einen reibungslosen und effizienten Betrieb der Solaranlagen ermöglichen, sichern sie sich damit ein konstantes Einkommen."
DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale Deutsche Handwerksblatt (DHB) registrieren!
Text:
Bernd Lorenz /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben