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HWK des Saarlandes | November 2025
Meistervorbereitung Maurer und Betonbauer
Bei der Handwerkskammer des Saarlandes findet ein Vorbereitungskurs (Teil II) für angehende Maurer- und Betonbauermeister statt.
Abweichungen von den hohen Standards beim Wohnungsbau sind schon jetzt möglich, gestalten sich durch die damit verbundene umfassende Aufklärung aber als sehr schwierig und aufwendig. (Foto: © ahfotobox/123RF.com)
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November 2025
Nicht jeder braucht fünf Steckdosen im Wohnzimmer: Mit dem Gebäudetyp E soll das Bauen einfacher und günstiger werden - dafür ohne Schnickschnack. Jetzt liegen die Eckpunkte vor. Das Baugewerbe spricht von einem "Meilenstein".
Für fast alle Bereiche im Wohnungsbau gibt es DIN-Normen - Experten schätzen sie auf mehrere hundert. Sie regeln die Anzahl der Steckdosen, wie das Dach beschaffen sein muss und auch die Dämmung ist geregelt.
Mit dem Gebäudetyp E (das "E" steht für "einfaches" oder "experimentelles" Bauen) sollen Vertragspartner künftig beim Bauen von kostenintensiven Standards rechtssicher abweichen können und zugleich die hohen Sicherheitsstandards beim Bauen einhalten. Sie sollen hierzu einen Gebäudetyp-E-Vertrag abschließen können.
Das Vorhaben, das bereits von der Vorgängerregierung angestoßen wurde und auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD festgehalten ist, nimmt Formen an. Das Bundesjustizministerium und das Bundesbauministerium haben am 20. November ein gemeinsames Eckpunktepapier für den Gebäudetyp E vorgelegt. Jetzt startet der Gesetzgebungsprozess.
"Endlich können Bauherren und Unternehmen von überambitionierten technischen Regeln abweichen, ohne in Haftungsfallen zu geraten - das ist ein baurechtlicher Meilenstein", sagt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe. Der Gebäudetyp E sei ein wichtiger Schritt zu mehr Kosteneffizienz beim Wohnungsbau. Die geplante zivilrechtliche Verankerung schaffe die dringend benötigte Rechtssicherheit für Bauherren und Unternehmen.
Pakleppa: "Der Gebäudetyp E kann ein wirksames Instrument werden, um Bauen wieder bezahlbar zu machen - vorausgesetzt, er wird konsequent umgesetzt. Wir brauchen die Freiheit, kostengünstig und innovativ zu bauen, ohne uns in einem Dickicht zum Teil überambitionierter Standards zu verlieren." Sicherheit und Qualität hätten oberste Priorität.
Die Bauindustrie will die Eckpunkte und Einzelheiten genau prüfen und sich in den Prozess einbringen. Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, gibt zu bedenken, dass durch einen solches Vertragsmodell bestimmte Gebäudetypen ein Stigma bekommen könnten. Er hätte sich grundsätzlich einfacheres Bauen gewünscht. Das sei aber der einzige kleine Wehrmutstropfen, so der Verband.
Aktuell gilt wird in Deutschland fast immer nach dem Goldstandard gebaut. Unternehmen müssen zudem zahlreiche anerkannte Regeln der Technik einhalten, wenn nicht Gegenteiliges gesondert vereinbart wird. Hier soll der Gebäudetyp E ansetzen: "Ist zum Beispiel bei den Fenstern die Dreifachverglasung oder im Badezimmer der Handtuchheizkörper zusätzlich zur Fußbodenheizung nicht erforderlich, soll hier künftig eingespart werden können", schreiben die Ministerien in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Der Gebäudetyp E stehe für einfache bedarfsgerechte Bauprojekte. Kosten sollen eingespart werden, ohne dass dabei die Wohnqualität leidet. "Das kann beispielsweise die Konstruktion und Technik betreffen, aber auch den Verzicht auf Komfortstandards bei der Ausstattung bedeuten. Ein konkreter Gebäudetyp mit spezifizierten baulichen Eigenschaften ist hingegen nicht gemeint. Der Gebäudetyp E ist sowohl beim Neubau als auch beim Bauen im Gebäudebestand möglich", heißt es weiter.
Es soll eine einfache und bürokratiearme Möglichkeit eröffnet werden, einen Gebäudetyp-E-Vertrag zu schließen. Der Vertrag soll ermöglichen, rechtssicher einfachere Baustandards zu vereinbaren.
Dabei soll an die technischen Baubestimmungen der Länder angeknüpft werden. In den Bereichen, in denen die technischen Baubestimmungen der Länder keine Regelungen vorsehen, soll nur ein einfacher Standard geschuldet sein. Eine Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik soll nicht mehr stets zu einem Mangel führen.
Der Verbraucherschutz soll dabei gewährleistet bleiben. Wenn die Bauparteien keinen Gebäudetyp-E-Vertrag schließen, bleibt es bei den üblichen Standards.
Der Gebäudetyp E soll in der Planungs- und Baupraxis etabliert werden. Dazu sollen die geplanten zivilrechtlichen Regelungen mit einer Vielzahl von Maßnahmen begleitet werden. Vorhandene Erkenntnisse sollen nutzbar gemacht werden. Ergebnisse bisheriger Pilotprojekte sollen ausgewertet und der Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht,. Es soll eine Best-Practice-Sammlung, einschließlich Verträgen, erarbeitet werden.
"Der Gebäudetyp E ist ein bisschen wie Baupreisbremse und Bauturbo in einem. Denn einfaches Bauen kostet weniger und geht schneller. Genau dafür steht der Gebäudetyp E. Bislang wird in Deutschland fast immer nach dem Goldstandard gebaut. Dabei geht gutes und sicheres Wohnen oft auch günstiger. Nicht jeder braucht die fünfte Steckdose im Wohnzimmer. Auch auf den Handtuchheizkörper im Bad legt nicht jeder Wert, wenn es ohnehin eine Fußbodenheizung gibt. Mit dem Gebäudetyp-E-Vertrag wollen wir einen praktikablen Weg eröffnen, auf hohe Baustandards zu verzichten – wenn alle Vertragsparteien das wollen. Fachleute sind überzeugt: Dadurch lassen sich beim Bauen erhebliche Kosten sparen. Das ist wichtig in Zeiten, in denen bezahlbarer Wohnraum knapp ist. Wir unterstützen damit private Bauherren bei der Verwirklichung ihres Traums vom Eigenheim. Und auch Mieterinnen und Mieter werden profitieren, wenn der Neubau von Wohnungen einfacher wird. Der Gebäudetyp E ist Teil unserer Offensive für bezahlbares Wohnen."
"Wir wollen mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen. Dazu müssen wir anders bauen und das ist der Gebäudetyp E. Gebäudetyp E heißt: Wir bauen einfacher, schneller und günstiger, ohne an Qualität zu sparen. Das geht, wenn wir uns auf das Wesentliche konzentrieren: kompakte Grundrisse, robuste Materialien und weg von Schnickschnack, der den Bau verteuert. Die Pilotprojekte zeigen es längst: Fensterlüftung statt komplizierter Anlagen, weniger massive Wände, serielle Bauweise mit schlanken Konstruktionen. Auf Standards, die nicht unbedingt notwendig sind, kann verzichtet werden, um allen Beteiligten das Planen und Bauen zu erleichtern. Das gibt mehr Freiheit und sinkende Kosten für alle."
Quelle: Bundesjustizministerium, Bundesbauministerium, Bauindustrie, ZDB
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