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Wer stürzt, kann manchmal mit schuld sein (Foto: © Konstantin Kamenetskiy/123RF.com)

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Sturz im Bäckerladen

Betriebsführung

Kunden, die vor der offiziellen Öffnungszeit in den Laden kommen, müssen vorsichtiger sein als sonst. Auch wenn der Betrieb grundsätzlich für ihre Sicherheit zuständig ist.

Handwerksunternehmen müssen für die Sicherheit ihrer Kunden und Mitarbeiter sorgen. Das betrifft zum Beispiel die Streupflicht bei Schnee und Eis oder Glätte im Laden durch frisch gewischte Böden. Diese sogenannten Verkehrssicherungspflichten gelten auch vor den eigentlichen Öffnungszeiten. Kunden müssen aber nicht vor allen denkbaren Gefahren geschützt werden.

In einem aktuellen Fall des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg (Az. 4 U 1265/16) betrat eine Kundin eine Bäckerei zum Einkaufen. Allerdings hatte der Laden zu diesem Zeitpunkt offiziell noch gar nicht geöffnet. Trotzdem ließ der Inhaber sie eintreten. Im Eingangsbereich stürzte die Kundin über eine Palette, die zwischen Eingang und Theke auf dem Boden stand. Sie war wegen der morgendlichen Anlieferung noch nicht weggeräumt worden. Die Frau trug erhebliche Verletzungen am Knie davon. Sie verklagte den Bäckereiinhaber unter anderem auf Schmerzensgeld und Schadensersatz.

Sicherungspflicht schon vor Ladenöffnung

Das Gericht erklärte, der Bäckereiinhaber habe seine Verkehrssicherungspflicht zwar verletzt. Die Kunden richteten nämlich ihr Augenmerk vor allem auf die Waren in der Auslage und nicht auf etwaige Hindernisse am Boden. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass man den Boden nicht immer frei sehen könne, wenn viele Kunden im Laden seien. Die Verkehrssicherungspflicht beginne auch nicht erst mit den offiziellen Öffnungszeiten, so das Urteil. Könnten Kunden – wie hier – den Betrieb schon vor Ladenöffnung betreten, müssten bereits zu diesem Zeitpunkt die Gefahren ausgeräumt oder auf diese hinreichend hingewiesen werden.

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Trotzdem hat das OLG den Anspruch der Kundin erheblich gekürzt, nämlich um 40 Prozent. Sie habe bei Betreten der Bäckerei gewusst, dass der Laden offiziell noch nicht geöffnet hatte. Sie habe somit davon ausgehen müssen, dass Waren entweder noch eintreffen konnten oder diese zumindest noch eingeräumt werden mussten. Die Palette sei auch gut erkennbar gewesen.

Das Gericht stellte fest, dass die Kundin sich nicht sorgfältig genug verhalten hatte. Daher musste sie sich ihr eigenes Mitverschulden in Höhe von 40 Prozent anrechnen lassen.

Fazit: Die Verkehrssicherungspflichten von Handwerksbetrieben beginnen nicht erst mit den offiziellen Öffnungszeiten. Ist es Kunden erlaubt, den Betrieb bereits vorher zu betreten, müssen bereits zu diesem früheren Zeitpunkt die Pflichten erfüllt werden. Allerdings müssen Kunden nicht vor allen denkbaren Gefahren geschützt werden. Das allgemeine Lebensrisiko trägt jeder selbst.

Übrigens: Bei Rutschgefahr durch Nässe müssen Betriebe regelmäßig den Boden reinigen und auch mittels Warnschildern auf die Gefahren hinweisen. Gleiches gilt für die Zufahrt und Gehwege im Außenbereich.

Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M

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Text: / handwerksblatt.de

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