Urteil: Car-Wrapping ist meisterpflichtiges Handwerk
Wer kein Schilder- und Lichtreklamehersteller ist, darf keine Folierung" oder Car-Wrapping betreiben oder damit werben. Das hat das Landgericht Bremen in einem aktuellen Urteil entschieden.
Car-Wrapping – also die vollständige oder teilweise Folierung von Fahrzeugen – ist eine wesentliche Tätigkeit des zulassungspflichtigen Handwerks der Schilder- und Lichtreklameherstellung und daher meisterpflichtig. Ohne einen Eintrag in der Handwerksrolle darf man dieses Gewerbe nicht ausüben oder damit werben, urteilte das Landgericht Bremen.
Der Fall
Ein Betrieb bot auf seiner Homepage seine Leistungen, unter anderem Designfolie und Folierung als sogenanntes Car-Wrapping an. Die Wettbewerbszentrale mahnte die Firma wegen der Werbung ab und verlangte die Unterlassung solcher Tätigkeiten. Der Streit ging vor Gericht.
Das Urteil
Das Landgericht Bremen gab der Wettbewerbszentrale Recht. Denn diese Tätigkeit sei den Schilder- und Lichtreklameherstellern vorbehalten. Das Anbringen von Folien, vor allem beim professionellen Car-Wrapping, gehöre zum Kernbereich dieses Handwerks, stellte das Gericht klar. Denn sie verlange spezifische Fachkenntnisse, wie sie bei der entsprechenden handwerklichen Ausbildung vermittelt würden. Das zweidimensionale und dreidimensionale Verkleben von Folien sowie die Bearbeitung verschiedenster Untergründe seien zentrale Ausbildungsinhalte.
Das Gericht betonte außerdem, dass unsachgemäß angebrachte Folien den Straßenverkehr gefährden können, etwa durch Ablösungen während der Fahrt oder blendende Lichtreflexionen.
Verstoß ist wettbewerbswidrig
Zulassungspflichtiges Handwerk der Anlage A zur HwO sei zum Schutz der Qualität, Unbedenklichkeit und Sicherheit der angebotenen Waren und Dienstleistungen solchen Betrieben vorbehalten, die qualifiziert sind und in die Handwerksrolle der zuständigen Handwerkskammer eingetragen wurden.
Die Werbung für solche Leistungen von nicht eingetragenen Betrieben verstoße daher gegen § 1 Abs. 1 und 2, und § 7 Handwerksordnung (HwO) als Marktverhaltensregel im Sinne des § 3 a Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und sei daher wettbewerbswidrig.
Nur bei flachen Untergründen, der Lackschutzfolierung und der Kfz- Scheibentönung ist laut Ansicht des Bremer Gerichts kein Handwerk anzunehmen.
Landgericht Bremen, Urteil vom 30. April 2025, 12 O 146/24, rechtskräftig
Das LG Bremen folgt damit dem Leitfaden Abgrenzung Handwerk, Handel, Industrie, Dienstleistungen der vom Deutschen Handwerkskammertag (DHKT) und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) herausgegeben wurde.
Die Berater in den Handwerkskammern helfen Ihnen bei Rechtsfragen gerne weiter!
Praxistipp
Was bedeutet das Urteil konkret? Der Zentralverband Schilder und Lichtreklame (ZVSL) erklärt die Folgen für seine Mitglieder:
- Fahrzeugvollverklebungen ("Car-Wrapping") dürfen nur von Betrieben ausgeführt werden, die in die Handwerksrolle für das zulassungspflichtige Handwerk "Schilder- und Lichtreklamehersteller" eingetragen sind.
- Eine Eintragungspflicht besteht unabhängig davon, ob es sich um einfarbige oder bedruckte Folien handelt.
- Seminarteilnahmen oder Industrie-Zertifikate ersetzen keine handwerksrechtliche Qualifikation. Das Gericht stützt sich dabei ausdrücklich auf den handwerklichen Charakter der Tätigkeit: Fachgerechte Verklebung, Umgang mit sensiblen Untergründen, Rückrüstung, Teil-Demontage von Fahrzeugteilen und der sichere Einsatz von Schneidwerkzeugen setzen umfassende Kenntnisse und Fähigkeiten voraus, wie sie im Rahmen der Ausbildung zum Schilder- und Lichtreklameherstellermeister vermittelt werden.
Zentralverband ist zufrieden
"Für das zulassungspflichtige Handwerk der Schilder- und Lichtreklameherstellung ist das Urteil aus Bremen ein Meilenstein", erklärt der Zentralverband Schilder und Lichtreklame (ZVSL). "Es stärkt unsere handwerkliche Identität, schützt qualifizierte Betriebe vor unlauterem Wettbewerb und markiert das Ende diffuser Auslegungen. Bereits seit Wiedereinführung der Meisterpflicht im Jahr 2020 haben wir gegenüber Politik, Behörden und Öffentlichkeit betont: Folierung ist Handwerk." Die durch den ZVSL 2022 in Auftrag gegebene rechtliche Stellungnahme von Prof. Dr. Martin Burgi – einem der führenden Experten des deutschen Handwerksrechts – habe diese Rechtsauffassung bereits wissenschaftlich untermauert. Nun habe die ordentliche Gerichtsbarkeit in einem zivilrechtlichen Streitfall erstmals ein ebenso klares Urteil gesprochen.
Was ist jetzt zu tun?
Der ZVSL rät seinen Mitgliedsbetrieben:
• Lassen Sie sich nicht beirren: Das Urteil ist rechtskräftig. Wer ohne Meistertitel Car-Wrapping betreibt, handelt rechtswidrig.
• Treten Sie selbstbewusst auf: Nutzen Sie dieses Urteil für Ihre Außenkommunikation, in Gesprächen mit Kunden, Wettbewerbern und Behörden.
• Melden Sie Wettbewerbsverstöße Ihrer zuständigen Handwerkskammer.
• Nutzen Sie unser Know-how: Bei Rückfragen oder konkretem Handlungsbedarf unterstützt der ZVSL gern – rechtlich, politisch und strategisch.
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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