Voller Zuschlag für die Nachtschicht
Der Nacht-Zuschlag für Schichtarbeiter darf nicht halbiert werden. Ein Tarifvertrag, der Schichtarbeit schlechter bezahlt als andere Nachtarbeit, verstößt gegen das Grundgesetz. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Ein Tarifvertrag, der den Zuschlag für Nachtarbeit halbiert, wenn diese im Schichtsystem geleistet wird, verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Grundgesetz. Das Bundesarbeitsgericht sieht keine Rechtfertigung für eine schlechtere Behandlung der Arbeitnehmer, die in Nachtschichtsystemen arbeiten, gegenüber solchen, die Nachtarbeit außerhalb eines Schichtsystems leisten.
Der Fall
Der Kläger arbeitet bei einer Brauerei in Hamburg im Schichtdienst. Es gilt der Manteltarifvertrag für die Brauereien in Hamburg und Schleswig-Holstein. Dieser sieht für Arbeit in der Nachtschicht von 22 Uhr bis 06 Uhr einen Zuschlag von 25 Prozent zum Stundenentgelt vor. Für Nachtarbeit, die in demselben Zeitraum außerhalb eines Schichtsystems erbracht wird, ist nach dem Tarifvertrag ein Zuschlag von 50 Prozent zu zahlen.
Der Mann klagte, um den Zuschlag von 50 Prozent auch für seine Nachtschicht zu bekommen. Der Arbeitgeber behauptet, der höhere Zuschlag solle eine besondere Belastung der unvorbereitet zu Nachtarbeit herangezogenen Arbeitnehmer ausgleichen, zumal diese die Verfügung über ihre Freizeit in der entsprechenden Nacht einbüßten.
Das Urteil
Das Bundesarbeitsgericht stellt sich auf die Seite des Mitarbeiters. Die Brauerei muss den Zuschlag von 50 Prozent auch für die Nachtschicht zahlen, da Nacht-Arbeitnehmer und Nachtschicht-Arbeitnehmer miteinander vergleichbar sind. Das Gericht wies die Argumente des Arbeitgebers zurück: Nach dem Manteltarifvertrag muss bei Nachtarbeit außerhalb von Schichtsystemen auf die Wünsche der Beschäftigten weitgehend Rücksicht genommen werden. Der höhere Zuschlag für Nacht-Arbeitnehmer könne daher nicht darauf abzielen, deren Freizeit vor Eingriffen durch den Arbeitgeber zu schützen,
Andere sachliche Gründe, welche die schlechtere Behandlung rechtfertigen könnten, seien dem Manteltarifvertrag nicht zu entnehmen. Daher sei hier eine Anpassung nach oben vorzunehmen, entschieden die Erfurter Richter. Demnach kann der Kläger den höheren Zuschlag verlangen, um mit den nicht regelmäßig nachts Arbeitenden gleich behandelt zu werden.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. Dezember 2020, Az. 10 AZR 334/20
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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