Der Staatenbund bringt enorme viele Vorteile, viele Handwerksunternehmen können davon profitieren.

Der Staatenbund bringt enorme viele Vorteile, viele Handwerksunternehmen können davon profitieren. (Foto: © Paul Grecaud/123RF.com)

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Was wären wir ohne Europa?

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Viele Unternehmer denken beim Stichwort Europa zunächst an Überregulierung und Bürokratie. Dabei bringt ihnen der Staatenbund auch enorme Vorteile.

Mit den Begriffen Europäische Union, Europarichtlinie, europäische Gesetzgebung oder ganz allgemein auch Europapolitik verbinden viele Menschen zunächst nichts Gutes. Einige denken sofort an Überregulierung und nennen als Beispiel die viel zitierte Gurkenverordnung, die festlegte, welche maximale Krümmung Gurken einer bestimmten Güteklasse haben dürfen. Andere verweisen auf die Brüsseler Regulierungswut in Sachen Traktorsitze. Wieder andere verweisen darauf, dass sie durch das Glühlampenverbot jetzt zwar Energie sparen, aber dafür Lampen benutzen müssen, die das giftige Schwermetall Quecksilber enthalten. Auch Unternehmen klagen oft über Regeln der Europäischen Union, die zum Beispiel mehr Bürokratie verursachen oder sie in ihrem praktischen Alltag stören.

Aber was wäre Deutschland und wie würde es den deutschen Betrieben ergehen, wenn es die Europäische Union nicht gäbe? Wäre dann alles besser? Die Wahrscheinlichkeit ist nicht sehr hoch. Gerade Deutschland als Exportland profitiert enorm von dem europäischen Staatenbund. Mit ihren Ausfuhren setzten die deutschen Unternehmen im vergangenen Jahr über eine Billion Euro um. Der Anteil der EU-Mitgliedstaaten allein beträgt dabei weit mehr als 600 Milliarden Euro. Ein Grund für diese erfreuliche Statistik: der Wegfall der Zölle im Verlauf der europäischen Integration. Das erleichtert den Außenhandel. Mit den Zöllen würden wohl erhebliche Lücken in den Auftragsbüchern der Betriebe entstehen. Einige Firmen würden das zweifellos nicht überleben und viele Arbeitsplätze würden so verloren gehen.

Der Euro erleichter den grenzüberschreitenden Handel

Die gemeinsame Währung erleichtert den grenzüberschreitenden Handel zusätzlich. Unternehmen, die auch Dienstleistungen exportieren, ziehen Vorteile aus den angeglichenen Regeln zur Entsendung von Mitarbeitern und einheitlichen europäischen Normen. Außerdem brauchen Mitarbeiter deutscher Unternehmen in der Regel keine Arbeitserlaubnis, wenn sie im EU-Ausland tätig werden. Aber auch Betriebe, die nicht im Ausland arbeiten, profitieren zum Beispiel von europaweiten Richtlinien in den Bereichen Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz – auch wenn die Regeln im Einzelnen vielleicht manchmal über das Ziel hinausschießen. So werden Wettbewerbsverzerrungen vermieden und Chancengleichheit hergestellt.

Es ist also nicht alles so schlecht in der Europäischen Union, wie manche Menschen vielleicht denken. Und der europäische Gesetzgeber agiert nicht auf einem anderen Stern. An den Konsultationen, die die Europäische Kommission zu verschiedenen Richtlinienvorschlägen startet, kann sich jeder – auch Unternehmen – beteiligen und seine Meinung mitteilen. Speziell für deutsche Handwerksunternehmen erledigt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in Brüssel die Lobbyarbeit. Der Verband versorgt die Vertreter der Politik mit Erfahrungen aus der alltäglichen betrieblichen Praxis. Nicht praktikable Regelungen oder Verordnungen, die mit einem unverhältnismäßig höheren Bürokratieaufwand verbunden wären, können so aufgehalten werden.

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Der ZDH bekommt Preis für die beste Idee zum Bürokratieabbau

Ein Beispiel: Im Fall der 2010 geplanten Ausweitung der Tachografenpflicht konnte verhindert werden, dass sie auch für gewerblich genutzte Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von unter 3,5 Tonnen gelten soll. Hätte sich dieser Vorschlag durchgesetzt, wären für die Handwerksbetriebe erhebliche Kosten und zusätzlicher bürokratischer Aufwand entstanden. Zudem forderte der ZDH eine Ausweitung des Radius', in dem Fahrzeuge auch ohne Fahrtenschreiber bewegt werden dürfen von 50 auf 150 Kilometer. Dass es am Ende 100 Kilometer geworden sind, ist zumindest ein Teilerfolg. Für den Vorschlag, Handwerker von der Tachografenpflicht auszunehmen, wurde der ZDH sogar mit dem Preis für die beste Idee zum Bürokratieabbau der EU-Kommission ausgezeichnet.

Bei der Berufsanerkennungsrichtlinie konnte der ZDH daran mitwirken, dass die strukturelle Gleichwertigkeit der dualen mit der universitären Ausbildung beibehalten wird, so dass der Meisterabschluss auch dort im europäischen Ausland anzuerkennen ist, wo zum Berufszugang ein mehrjähriges Studium Voraussetzung ist. Aktuell wehrt sich das deutsche Handwerk gegen Bestrebungen auf europäischer Ebene, die Zulassungspflichtigkeit von Handwerksberufen infrage zu stellen, obwohl sie aus Branchensicht nicht nur Garant für ein hohes Maß an Verbraucherschutz ist, sondern auch die Ausbildungsfähigkeit und damit -leistung der Betriebe absichert. Wie diese Diskussion aber schließlich enden wird, ist noch offen.

Text: / handwerksblatt.de

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