Mit Hobel, Herz und Humor
Lina Nels ist angehende Fachpraktikerin für Holzverarbeitung – die 22-Jährige liebt die Arbeit mit Holz sehr und wurde als HWK-Lehrling des Monats ausgezeichnet.
Lina Nels aus Ingendorf bei Bitburg ist Lehrling des Monats der Handwerkskammer (HWK) Trier. In ihrer Ausbildung zur Fachpraktikerin für Holzverarbeitung zeigt sie, wie viel Stärke, Kreativität und Lebensfreude in einem Werkstück – und zugleich einem Menschen – stecken können.
Lina erlernt ihren Beruf in der Schreinerei des Europäischen Berufsbildungswerks (Euro-BBW) in Bitburg. Die Einrichtung ermöglicht jungen Menschen mit besonderen Lernvoraussetzungen den Einstieg ins Berufsleben. Wer die 22-Jährige dort erlebt, erkennt es sofort: Für Lina ist Holz nicht nur ein Material, sondern eine Leidenschaft. "Schon als Kind habe ich viel gebastelt und mit meinen Händen gearbeitet", sagt sie. Doch bis Lina beim Holz landete, hat sie einiges ausprobiert: Garten- und Landschaftsbau, Verkauf, verschiedene Praktika. Aber erst die Holzverarbeitung fühlte sich von Anfang an rundum richtig an. "Das Material ist faszinierend, warm und lebendig", sagt die Auszubildende. "Es ist schön, Holz aufzuwerten und etwas Neues daraus zu erschaffen."
Richtig gut in der Praxis
Lina am Arbeitsplatz mit HWK-Vize Oliver Haeder (r. ) und ihrem Ausbilder Hans-Josef Schon. Foto: © Constanze Knaack-SchweigstillHeute produziert sie in ihrer Ausbildungsstätte Kleinmöbel wie Kinderstühle, Tische oder Holzkisten. Besonders gerne arbeitet sie an der Hobelmaschine: Wird ein rohes Kantenholz durchgeschoben, kommt es glatt wie Seide wieder heraus. "Das gefällt mir besonders", sagt die angehende Fachpraktikerin. Aber auch das Schleifen von Bettbeinen hat seinen Reiz für sie, "weil es sich wiederholt, weil man in einen Rhythmus kommt. Das liegt mir einfach." Und dann gibt es noch Linas andere Seite: die kreative. Mit dem Brennpeter verziert sie Holzkisten mit feinen Mustern, oft Blättermotive – filigran, ruhig, präzise. Und manchmal entstehen Kunstwerke ganz ohne Auftrag: etwa eine kleine Palme aus Holzresten, die heute ihr Badezimmer schmückt.
Dass Lina in einem Autismus-Spektrum lebt, spricht sie offen an: "Es ist ein Teil von mir." Komplizierte Pläne zu lesen, fällt ihr nicht leicht. Auf der anderen Seite hat sie ein bemerkenswertes Gespür für Strukturen, Abläufe und Details. Sie braucht manchmal einfach mehr Zeit, um etwas zu verstehen – aber dann sitzt es: "Für bestimmte Aufgaben brauche ich Ruhe und Muße. Aber in der Praxis bin ich richtig gut."
Stark abgeliefert in der Zwischenprüfung
Ihr Ausbilder Hans-Josef Schon schätzt ihre Disziplin, Zuverlässigkeit, Leidenschaft zum Beruf und ihre guten Leistungen: "Lina ist ein Vorbild an Engagement, Kreativität und handwerklichem Geschick", lobt er. Und das zahlt sich aus: In der Zwischenprüfung hat sie stark abgeliefert. Auch in der Berufsschule glänzt sie mit herausragenden Noten. Die Ausbildung hat sie verändert: "Heute bin ich ein anderer Mensch", sagt sie. Im Handwerk und in der Gemeinschaft des BBW fühlt sie sich gut aufgehoben: "Hier wird niemand übersehen. Jeder einzelne zählt." Förderlich ist auch das gute Betriebsklima. Hin und wieder sorgt Lina im Team auch gerne für einen Lacher – etwa, als sie an Halloween mit einer Pappscheibe auf dem Kopf auftauchte, ausgeschnitten wie das Blatt einer Kreissäge. "Ich habe manchmal die verrücktesten Ideen", sagt sie.
Nach Feierabend ist die junge Handwerkerin zuhause weiter in ihrem Element. Das Regal in ihrem Zimmer quillt über vor Eigenkreationen. Freunde und Familie bekommen regelmäßig handgefertigte Geschenke. Neben dem Holz schlägt ihr Herz für die Musik: Lina spielt Klavier, schreibt eigene Songs und komponiert. Das Talent mag sie von ihrer Mutter, der Eifeler Mundartsängerin Sylvia Nels, geerbt haben. Inspiration – auch für ihr handwerkliches Talent – findet sie in der Natur. Beim Spazierengehen im Wald findet sie immer wieder interessante Holzstücke, die sie daheim zu Kunstwerken verarbeitet. Für die Zukunft wünscht Lina sich einen Arbeitsplatz, an dem Verständnis und Menschlichkeit herrschen: "Ein kleiner Betrieb mit einem guten Miteinander, wo meine Stärken gefördert werden, wäre schön."
Hintergrund: BildergalerieHier gibt es weitere Bilder zum Lehrling des Monats der Handwerkskammer Trier.
Hintergrund: Beruf Hintergrund Fachpraktikerinnen und Fachpraktiker für Holzverarbeitung arbeiten mit dem natürlichen Werkstoff Holz. Sie stellen Bauteile, Möbel oder andere Holzprodukte her – vom einfachen Brett bis zum fertigen Möbelstück. Sie vermessen, sägen, fräsen, bohren und leimen Einzelteile nach Zeichnung oder Skizze zusammen. Auch der Umgang mit Maschinen gehört zu ihrem Arbeitsalltag. Neben Holz verarbeiten sie manchmal auch Materialien wie Metall, Kunststoff oder Glas. Am Ende bereiten sie die fertigen Stücke für Lager oder Versand vor.
Ausbildung Die Ausbildung dauert drei Jahre und findet im Betrieb und in der Berufsschule oder in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation statt. Sie ist speziell auf die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung zugeschnitten und orientiert sich an den Inhalten der Ausbildung zum Tischler oder Holzmechaniker.
Euro-BBW Das Europäische Berufsbildungswerk (Euro-BBW) in Bitburg ist ein Ort für Ausbildung und berufliche Rehabilitation. Dort lernen junge Menschen und Erwachsene aus Europa, die psychische oder körperliche Beeinträchtigungen oder Lernschwierigkeiten haben. Das Euro-BBW bietet verschiedene Ausbildungen an, die im dualen System nach dem bundesweiten Berufsbildungsgesetz laufen. Ein Teil der Ausbildung findet außerhalb des Euro-BBWs statt. Dafür machen die Auszubildenden regelmäßig Praktika in Betrieben, die unterschiedlich lange dauern können. Die Abschlüsse sind staatlich anerkannt. Die Prüfungen werden von den Kammern IHK, HWK, ADD und der Landwirtschaftskammer abgenommen. Außerdem gibt es berufsvorbereitende Angebote und Möglichkeiten zur Arbeitserprobung. Das Berufsbildungswerk wurde im Jahr 2000 eröffnet. Heute arbeiten dort 145 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es gibt 250 Ausbildungsplätze. Träger des Euro-BBWs ist das Deutsche Rote Kreuz, Landesverband Rheinland-Pfalz.
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Text:
Constanze Knaack-Schweigstill /
handwerksblatt.de
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