Ein Gemälde des argentinischen Künstler Julio Payró im Mu.Zee in Ostende.

Ein Gemälde des argentinischen Künstler Julio Payró im Mu.Zee in Ostende. (Foto: © Rainer Schmidt)

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Europäisch-südamerikanische Kunstfreundschaft

Das Mu.ZEE ist immer für eine Überraschung gut. Diesmal nehmen sich die Kuratoren eines Themas an, das für den deutschen Betrachter zunächst fern liegen mag. Die Ausstellung "Belgien-Argentinien, Transatlantische Modernismen, 1910-1958".

Das Mu.ZEE, im vergangenen Jahrhundert ein Kaufhaus, heute ein spannendes Museum für bildende Kunst, stellt drei Protagonisten in den Mittelpunkt, die mit einem umfangreichen Netzwerk eine künstlerische Brücke zwischen den beiden Ländern geschlagen haben: Victor Delhez, Julio Payró und Ignacio Pirovano.

Sie prägten die abstrakte und geometrische Kunst in Gemälden und Skulpturen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Belgien und Argentinien. Spannend wird die europäische-südamerikanische Kooperation mit Blick auf die enge Verbindung zu den Europäern Georges Vantongerloo, Piet Mondrian und Hans Arp.

Gegengewicht zur Dominanz des französischen Surrealismus

Diese mischten in der Künstlergruppe Cercle & Carré mit, die 1930 in Paris von dem belgischen Kunstkritiker Michel Seuphor und dem uruguayischen Künstler Joaquín Torres Garcia gegründet worden war. Mit ihrer abstrakten und geometrischen Kunst wollte die Gruppe ein Gegengewicht zur Dominanz des französischen Surrealismus bilden. Torres Garcia kehrte 1934 nach Montevideo zurück. Von dort aus entwickelte er die Theorie des konstruktiven Universalismus, die einen großen Einfluss auf die gesamte südamerikanische Kunstszene hatte. Torres Garcia verknüpfte alte präkolumbianische Kunst mit der Moderne des 20. Jahrhunderts.

Einer der Protagonisten der Mu.ZEE-Ausstellung, Julio Payró (1899-1971), hatte sich mit Torres Garcia in Brüssel getroffen und unterstützte die Gruppe Cercle & Carré. Payró war von den Arbeiten von Frans Masereel, dem Aushängeschild der belgischen Grafik des 20. Jahrhunderts, sehr angetan.

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Georges Vantongerloos' Einfluss auf seine argentinischen Zeitgenossen

Georges Vantongerloos gilt als einer der größten Vertreter der abstrakten Malerei. Sein Atelier in Paris stand vielen südamerikanischen Künstlern offen. Mit einem weiteren Protagonisten der Ausstellung in Oostende, dem Künstler, Sammler und Kunsttheoretiker Ignacio Pirovano (1909-1980), verband der große Vertreter der abstrakten Kunst, Vantongerloss, eine enge Freundschaft.

Vantongerloo ist auch heute noch ein geschätzter Künstler in Argentinien. Pirovano schenkte acht seiner Meisterwerke dem Museo de Arte Moderna de Buenos Aires. In der Mu.ZEE-Ausstellung ist der Einfluss Vantongerloos auf seine argentinischen Zeitgenossen unübersehbar. Lidy Prati, Miguel Angel Vidal, Tomas Maldonado, Juan Del Pret und Victor Magarinos zeigten sich ihrem belgischen Kollegen eng verbunden.

Ein Handwerker als Künstler

Victor Delhez (1902-1985), der dritte Ausstellungsprotagonist, war Agraringenieur und Handwerker, Graveur aus Antwerpen, der 1926 nach Argentinien auswanderte. Später zog er nach Chile und Bolivien, bevor er sich 1940 dauerhaft in einem argentinischen Dorf niederließ. Nach dem Ersten Weltkrieg gehörte Delhez in Antwerpen zu einer Gruppe von Künstlern, die sich entschlossen für die Avantgarde einsetzten. Als Illustrator arbeitete er mit der Zeitschrift "Het overzicht" zusammen, die die Avantgarde propagierte. Als Künstler schuf Delhez sehr geometrische Gemälde. In Argentinien entwickelte er sich zu einem geschickten Holzschneider. Er gab die Abstraktion und die Geometrie auf und begann, eher figurativ zu arbeiten. In seinen Stichen lernt man Delhez als einen Künstler kennen, der die Dämonen des Menschen ausdrucksstark darstellt. Mit seinen Illustrationen zu "Les fleurs du mal" von Charles Baudelaire im Jahr 1932 war er in Buenos Aires sehr erfolgreich.

Die Ausstellung ist noch bis zum 12.6. zu sehen. Lohnenswert ist in jedem Fall die ständige Ausstellung im Mu.ZEE mit Werken von James Ensor, Constant Permeke und Leon Spilliaert.

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Text: / handwerksblatt.de

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