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Blick von der Riegersburg auf die Steiermark. (Foto: © Jürgen Ulbrich)
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Dezember 2015
Das Thermenland Steiermark lockt Natur- und Wellness-Liebhaber mit einem reichhaltigen kulinarischen Angebot, das die regionale Küche mit kreativen und feinen Genüssen kombiniert.
Majestätisch steigen wir in die Luft, die sanft-hügelige Landschaft unter uns mutet in den frühen Morgenstunden wie ein sich langsam entfernendes Spielzeugland an. Nur vom Wind gelenkt, bewegt sich der Heißluft-Ballon immer höher in Richtung Wolken. Die Aussicht auf die üppige Natur der Oststeiermark ist beeindruckend, wir schweben über schier endlose Mais-, Weizen- und Roggenfelder, über üppige Weinberge, Obstwiesen und kleine Dörfer hinweg.
"Schade, dass es heute morgen so dunstig ist", sagt Pilotin Elisabeth Kindermann (27), "sonst hätten wir noch bessere Sicht." Während sie in regelmäßigen Abständen den über dem Korb hängenden Brenner mit Gas versorgt, um Höhe zu gewinnen oder zu halten, erzählt die erfahrene Ballon-Pilotin, wie sie zu ihrer Passion kam. "Als ich zwei Jahre alt war, hat mich mein Vater das erste Mal mitgenommen, mit 13 bin ich zum ersten Mal selbst gefahren, mit 19 habe ich meinen Beförderungsschein gemacht."
Heute ist Elisabeth nicht nur eine überaus erfolgreiche Ballon-Sportlerin – sie war 2013 Steirische Meisterin und 2014 Vizeweltmeisterin –, sondern auch die junge Chefin des von ihrem Vater gegründeten Ballon-Sportunternehmens im 68 Kilometer von der steirischen Landeshauptstadt Graz entfernten Bad Waltersdorf. Von hier aus startet sie jährlich zu etwa 100 Fahrten mit Gästen über die einzigartige Landschaft der Oststeiermark.
Die Zeit im Ballon über der ältesten und bekanntesten Thermenregion im östlichen Zipfel des zweitgrößten Bundeslandes Österreichs vergeht wie im Flug, nach rund 90 Minuten Fahrzeit setzen wir im etwa 15 Kilometer Luftlinie von Bad Waltersdorf entfernten burgenländischen Markt Allhau punktgenau auf einem Feldweg auf. Im Gegensatz zum Ballon von Elisabeths Kollegen, dessen Korb bei der Landung zur allgemeinen Belustigung fast in einen tiefen Graben kippt. Die Verfolgerfahrzeuge, mit denen zu jeder Zeit Funkkontakt besteht, sind nach kurzer Zeit vor Ort.
Jetzt ist die Mitarbeit der Passagiere gefragt, die riesige Hülle des für sechs Passagiere zugelassenen Ballons muss zusammengefaltet und mit dem Korb auf dem bereit stehenden Anhänger verstaut werden. Danach schreiten wir zur traditionellen Ballontaufe, die Erhebung der Ballon-Erstfahrer in den Adelsstand. Zunächst wird geschworen, nie wieder "Ballonfliegen" zu sagen, dann wird jedem Erstfahrer eine kleine Haarlocke angesengt, der Minibrand mit Sekt gelöscht. Stolz schaue ich auf meine Taufurkunde, die mein Adelstitel schmückt: "Graf Jürgen schnell-aufsteigender Luftritter von und zu Bad Waltersdorf."
Die größte Attraktion des rund 3720 Einwohner zählenden, auf 425 Meter Seehöhe gelegenen Kurgemeinde Bad Waltersdorf ist das heiße Thermalwasser, das 1975 bei Bohrungen nach Öl eher durch Zufall in über 1200 Meter Tiefe entdeckt wurde. Heute sprudeln täglich bis zu 1,9 Millionen Liter quellfrisch in die emissionsfrei arbeitende Heiltherme Quellenhotel Bad Waltersdorf. Die Energie des Wassers spüren Gäste im Thermalwasserbecken "Urquelle" ebenso wie in der Kneippanlage oder entlang der Massagestrecke. Natürliche Baumaterialien, kleine und gemütliche sogenannte Tratschplatzl sowie der Blick auf das saftige Grün der Oststeiermark machen die Heiltherme zu einem besonderen Ort für eine Auszeit vom Alltag.
Saunalandschaften mit steirischen Spezialaufgüssen laden zu duftenden Schwitzvergnügen ein, Entspannung folgt in der Saunabar oder in einer der zahlreichen Ruhezonen. Sport im und unter Wasser steht auf der Tagesordnung, schließlich ist Bewegung unter Wasser besonders gesund und schont die Gelenke. Aufgrund des höheren Widerstandes ist Unterwassersport allerdings anstrengender und intensiver. Deshalb wird zur Entspannung ins Massagebecken gebeten. Und in einer Zeit, in der sich Depression und Burnout zu Volkskrankheiten entwickeln, kommt der Burnout-Prävention, ein Themenschwerpunkt der Heiltherme, gemeinsam mit körperzentriertem Coaching eine besondere Bedeutung zu.
Der bekannte Fernseh- und Sternekoch Johan Lafer, der ebenso wie Hollywood-Export Arnold Schwarzenegger aus der Steiermark stammt, bezeichnet die Region gern als "das grüne Herz Österreichs". Obst- und Weinanbau haben eine lange Tradition, erste Obstgehölze wurden schon von den Römern gefördert, die erste urkundliche Erwähnung eines Obstgartens datiert aus dem Jahr 1074. Heute liegen über 70 Prozent der gesamten Obstanbauflächen Österreichs in der Steiermark, die wichtigsten Obstarten sind Apfel, Holunder und Steinobst wie Zwetschke, Pfirsich oder Kirschen. Eine kleinere Rolle spielt auch das Beerenobst mit Erd-, Johannis-, Him- und Heidelbeere. Wanderer erkunden die Obst- und Weingärten am liebsten auf dem "Römerweinweg", der rund neun Kilometer um Bad Waltersdorf herum führt.
Etwa zwölf Kilometer lang – insgesamt stehen in der Steiermark 1700 Kilometer Radtouren mit 14 Genussradeltouren zur Verfügung – ist der Rad-Wanderweg "Lucullus Tour", der Einblick in Wein- und Obstkultur liefert – häufig verbunden mit dem Besuch einer der zahlreichen gemütlichen Buschenschenken, Gast- oder Winzerhöfe, in denen eigener Wein und regionale Köstlichkeiten serviert werden.
Naturliebhaber verbinden ihre Fahrrad- oder E-Bike-Tour besonders gern mit einer Einkehr im "Bergstadl", der seinen Besuchern ein reichhaltiges wie romantisches Picknick "Guat steirisch" mitten in den Weinbergen bietet. Denn nach der Stärkung mit Selchwürstln, Käse, Rohschinken, Wollschweinspeck, Topfenaufstrich, frischem Gemüse, Ei und Bauernbrot radelt es sich noch besser.
Die üppige Obst- und Gemüseangebot aus regionaler und biologischer Landwirtschaft nutzt die gelernte Köchin Bettina Fink-Haberl in Walkersdorf seit 2002 für immer neue Kreationen rund ums Einlegen und Einkochen. Frei von künstlichen Konservierungsstoffen, Aromen und Farbstoffen entstehen bei "Fink's Delikatessen" in Handarbeit hochwertige Produkte.
So bieten sich in Essig eingelegte Früchte wie Schalotten, Zwetschken oder Kirschen zum Marinieren von Salaten oder Verfeinern von Speisen an, Chutneys sind pikant-fruchtige Alleskönner zu Gegrilltem oder Käse, Pesto verfeinern nicht nur Pastagerichte, und kleine Naschereien wie Quitten Leichtgelee oder Marille mit Fruchtstücken gelten längst als süße Klassiker.
Haubenkoch Hans Peter Fink, einst Küchenchef des legendären Wiener Hotels "Sacher", verwendet die Erzeugnisse der Manufaktur auch in der eigenen Küche des renommierten wie vielfach ausgezeichneten "Gasthaus Haberl". Den betreibt er zusammen mit seiner Frau Bettina und seinem Schwager, Diplomsommelier Mario Haberl, direkt nebenan. "Zur Zeit produzieren wir rund 100000 Gläser im Jahr, Tendenz steigend", erzählt Fink, "unsere Produkte sind frei von Gluten und Lactose, so dass sie auch für Vegetarier geeignet sind."
Beim Abendessen probieren wir Finks Aufstriche, Dips und Pikantes mit Roggen- und Weizenbrot, gefolgt von knusprigen Käsepralinen mit Gewürzkürbis und Spitzpaprika. Ein Gedicht ist der Hauptgang, Seesaibling mit Kukuruzschnitte und grünem Röstgemüse, spektakulär die mehrstöckige Nachspeise "Fink's Dessertkreation" mit viel Eis und Süßem.
Auf die Verarbeitung der bekannten steirischen Ölkürbisse hat sich Johann Koller in Fehring spezialisiert. Seit 1999 stellt er in seinem Familienbetrieb "Kürbishof Koller" edle Delikatessen aus dem steirischen Ölkürbis her. "Wir bauen unsere Kürbisse auf sieben Hektar an, der lehmhaltige Boden und das gemäßigte Klima mit vielen milden und sonnigen Tagen begünstigt den Anbau", erklärt Koller. Seit etwas über einem Jahr hat Koller seine sichere Beamtenlaufbahn als Polizist in Wien endgültig an den Nagel gehängt und konzentriert sich mit zwei Mitarbeiten ganz auf Anbau, Verarbeitung und die Vermarktung seines grün schimmernden, nussigen Kürbiskern-Öls. Zweieinhalb bis drei Kilo der getrockneten Kerne benötigt er zur Herstellung eines Liters seines von der EU geschützten Öls. Inzwischen hat die Jahresproduktion etwa 7000 Liter erreicht und Koller hat seine Produktion diversifiziert: Neben dem Verkaufsschlager Kürbiskern-Öl vertreibt er in seinem Atelier Pesto, Chutneys, Konfitüren, handgemachte Kürbisnudeln und seit kurzem sogar hochprozentigen wie sehr schmackhaften Kürbiskern-Brand.
Voller Inbrunst suhlt sich die Sau im schlammigen Wasser des Tümpels, sucht nach Fressen, grunzt fröhlich-laut, wühlt mal hier und mal da im Dreck, lässt dabei den Nachwuchs, der quietschfidel und sichtlich glücklich über die Sonnenwiesen rennt, aber nicht aus den Schweinsäuglein. Alltag auf den Weideflächen des Labonca-Biohofes von Norbert Hackl in Burgau. Nach der Ausbildung zum konventionellen Landwirt startete Hackl 1995 sein Projekt der Direktvermarktung von hofeigenen Produkten aus tierischer Urproduktion, übernahm 1999 den traditionellen Hof der Eltern und stellte 2003 auf Bio-Landwirtschaft um. Seitdem haben seine artgerecht gehaltenen Sonnenschweine, eine Kreutzung aus dem nordeuropäischen Duroc- und dem schwäbisch-hällischen Schwein, einen wahren Siegeszug angetreten. "Als wir die Tiere das erste Mal auf der Weide herumtollen sahen, ist uns das Herz aufgegangen", erinnert sich Hackl, "obwohl das zunächst überhaupt nicht wirtschaftlich war."
Die Zeiten haben sich geändert, heute leben über 400 Sonnenschweine in Freilandhaltung auf ca. 25 Hektar Weideflächen, und der Labonca-Hof, Gewinner des ersten Österreichischen Tierschutzpreises 2010, ist weit über die Grenzen der Steiermark bekannt. Neben den beliebten Sonnenschweinen züchtet Hackl Weide-Hühner, Freiland-Puten, Weidegänse und Labonca-Rinder. Der Clou: Schweine und Rinder werden in dem hochmodernen, 2015 vollendeten, in Europa einzigartigen Weideschlachthaus angstfrei betäubt, geschlachtet und verarbeitet. Produkte wie die herzhafte Salami, alle Art von Würsten, aromatischer Schinken und Speck, Braten, Surfleisch und Aufstriche werden im Burgauer Verkaufslokal "sauGUT & KOSTbar" und von zahlreichen Partnern aus der Region verkauft.
In Maierhofen bei Großwilfersdorf hat sich Weinbauer Koarl Thaller einen Traum erfüllt. Auf dem Land seiner Eltern hat er sich inmitten von 25 Hektar Rebland sein eigenes Schloss gebaut, heute bekannt als "Schloss-Weingut Thaller". 2006 fertiggestellt, hat sich das Heim der Thallers und ihrer sechs Kinder zu einem Mekka für Rotweinliebhaber entwickelt. Rund 70 Prozent der Produktion ist Rotwein, ganz im Gegensatz zur gesamten Steiermark, in der lediglich 30 Prozent Rotwein-Anteil zu verzeichnen ist.
Der jährliche Ernteertrag – der Rotwein reift im riesigen Barrique-Keller des Anwesens – bewegt sich zwischen 120000 und 150000 Flaschen. Tochter Katharina, von 2009 bis 2011 Weinprinzessin und Botschafterin des steirischen Weines, ist längst in die Fußstapfen ihres Vaters getreten. Sie arbeitet in den Weinbergen und im Weinkeller, betreut den hauseigenen Shop, führt Besuchergruppen durch das großzügig angelegte Gemäuer, das häufig für Event-Gastronomie und Hochzeiten genutzt wird.
Natürlich gehört zum Schlossrundgang auch die Verkostung der zahlreichen hervorragenden Rotweine wie etwa der seidig-weiche "Zweigelt" mit seinem Duft nach süßen Herzkirschen und Waldbeeren, der edle Cabernet Sauvignon mit seinem Geschmack aus Nusskrokant und schwarzen Beeren oder der voluminöse "Shiraz" mit seinem Mix aus feinen Schoko- und Mokkanoten mit edler Kräuterwürze. Katharina bringt die Vorliebe ihres Vaters, des steirischen Rotwein-Pioniers, mit einem Zitat des umtriebigen Schlossherrn auf den Punkt: "Weißwein in ein kurzer Flirt, Rotwein eine langfristige und nachhaltige Beziehung!" Vergnügt prosten wir uns zu, dann eilt Katharina schon wieder zu einer großen Hochzeitsgesellschaft, die den Beginn einer weiteren nachhaltigen Beziehung feiern will.
Weitere Infos zum Thermenland Steiermark und der Oststeiermark
Hotel-Tipp
Zum 30-jährigen Jubiläum Mitte 2015 wurde die gesamte Heiltherme Quellenhotel Bad Waltersdorf in natürlichem und sympathischem Ambiente komplett neu gestaltet. Empfehlenswert ist auch das Quellenrestaurant “Kulinarium“.
Restaurant-Tipp
Mitten in Bad Waltersdorf am Zusammenfluss der Safenbäche liegt das vielfach prämierte Hauben-Restaurant Safenhof von Christa Wimberger und ihrem Sohn Markus Lengauer. Der mit einer Haube und 14 Gault Nillau Punkten ausgezeichnete Küchenchef Lengbauer serviert klassisch-traditionelle Speisen mit mediterranen Anklängen. Ganz hervorragend ist die Weinkarte und Mutter Wimberger hat stets ein offenes Ohr für ihre Gäste. Unbedingt probieren: Spanferkelrücken im Malzbiersaftl auf Senfkraut und Laugenbrezenknödeln!
Ausflug-Tipp
Die Steiermark gehört zu den an Burgen und Schlössern reichsten Landschaften Europas. Eine Paradebeispiel ist die mächtige Riegersburg mit Hexenmuseum auf dem 482 Meter hohen, steilen Vulkanfelsen, von dem die Besucher eine spektakuläre Aussicht auf das oststeirische Hügelland genießen können. Als unbezwingbar galt sie über Jahrhunderte, und noch heute flößt sie aufgrund ihrer imposanten Erscheinung Respekt ein. (Wiedereröffnung nach Winterpause: 19. März 2016)
GenussCard
Die GenussCard der Thermenregion/Oststeiermark (gültig von März bis November) berechtigt Inhaber zum kostenlosen Besuch von über 120 Ausflugszielen aus den Bereichen Wassererlebnis, Sport und Freizeit, Natur und Garten, Kulinarik und Museen sowie Ausstellungen. Sie erhalten die GenussCard bei über 100 GenussCard-Gastgebern (Hotels, Pensionen, Privatunterkünfte, Jugend- und Familiengästehäuser) der Oststeiermark und des Thermenland Steiermark bei Ihrer Ankunft ab der ersten Übernachtung.
In der Nähe
Graz, die Landeshauptstadt der Steiermark im Tal der Mur und zweitgrößte Stadt Österreichs, ist immer einen Besuch wert. Seit 1999 UNESCO-Weltkulturerbe und seit März 2011 als UNESCO City of Design Teil des “Creative Cities Network“, lockt die am schnellsten wachsende Metropole der Alpenrepublik mit jeder Menge Geschichte, architektonischen Höhepunkten wie der imposanten Altstadt mit ihrem südländischen Flair sowie mit dem ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Schloss Eggenberg.
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