Generationswechsel: Wenn der Chef in Rente geht …
Viele Handwerksbetriebe haben Schwierigkeiten, geeignete Mitarbeiter zu finden und auch die Unternehmensnachfolge ist schwierig. Deshalb sollten Übergabe und Übernahme rechtzeitig geplant sein.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Betrieb übergeben? Betrieb übernehmen?
Die meisten Unternehmer wünschen sich das Fortbestehen des von ihnen gegründeten Betriebs, wenn sie sich aus dem Berufsleben zurückziehen. Kein Wunder! Schließlich haben sie viel Zeit investiert, um ihren Betrieb aufzubauen und weiterzuentwickeln.
In vielen Fällen stehen aber – anders als früher – weder Töchter oder Söhne noch Enkel für eine Übernahme des Betriebs zur Verfügung. Deshalb suchen viele Unternehmer extern nach Nachfolgern, was jedoch aufgrund des Fachkräftemangels gar nicht so einfach ist. Da sind kreative Lösungen gefragt. Eine feste Größe sind mittlerweile die Betriebsbörsen der Handwerkskammern. Bei Friseuren haben sich für den Verkauf ihres Unternehmens aber auch Anzeigen bei eBay etabliert.
Trotzdem: "Es gibt mehr Betriebe, die einen Nachfolger benötigen, als Kandidaten, die eine Firma übernehmen möchten", weiß Hubert Kersting, Betriebsberater der Handwerkskammer Düsseldorf. "Leider denken nur wenige Unternehmer rechtzeitig über eine Nachfolgeplanung nach. Aber genau das ist entscheidend für die Zukunft und das Fortbestehen des Betriebs."
Eine Übergabe muss gleitend sein
Foto: © stylephotographs/123RF.comIst es also nicht ausreichend, beispielsweise über eine Betriebsbörse einen Nachfolger zu finden und den Betrieb an den Interessenten zu übergeben, wenn der bisherige Chef sich in den Ruhestand verabschieden will? "Nein, das ist ganz und gar nicht ausreichend. Übergabe und Übernahme müssen sauber geplant und aufgegleist werden, insbesondere wenn die Betriebsführung maßgeblich durch den bisherigen Chef gekennzeichnet ist", erklärt Kersting.
Problematisch ist dabei häufig die unterschiedliche Interessenlage des alten und des neuen Chefs. Das Interesse des bisherigen Unternehmenslenkers ist in der Regel, nur noch sporadisch mitzuarbeiten, denn der Betrieb soll ja übergeben werden. Der potenzielle neue Chef will aber wissen, was er übernimmt. Und das ergibt sich nicht nur aus Bilanzen, Gewinn-und-Verlust-Rechnungen oder Einnahme-/ Ausgaberechnungen.
Das ist nur der erste Schritt. Der neue Inhaber will beispielsweise auch die Mitarbeiter und Kunden kennen lernen. Die Konsequenz: Eine Übergabe muss gleitend vonstattengehen. "Es ist zwingend notwendig, dass der alte und der neue Chef eine gewisse Zeit lang miteinander arbeiten – je nach Betriebsgröße bis zu zwei oder drei Jahre", betont Kersting. "Nur so kann die Übergabe erfolgreich sein."
Hoffrogge Elektroinstallation: Paradebeispiel für die Nachfolgeplanung
Ein Paradebeispiel für eine erfolgreiche Nachfolgeplanung ist das Unternehmen Hoffrogge Elektroinstallation GmbH in Essen. Der damalige Inhaber Heribert Vosbeck machte sich bereits sehr frühzeitig Gedanken um seine Nachfolge. Er sah das Potenzial seines Mitarbeiters Carsten Goeritz, der bereits seine Ausbildung in diesem Betrieb absolviert hatte. Er ermutigte ihn dazu, seinen Meisterbrief zu machen – mit der Perspektive, das Geschäft zu übernehmen.
"Ich bekam dann nach und nach immer mehr Aufgaben übertragen und wuchs in die Aufgabe des neuen Chefs hinein. Den Betrieb kannte ich von der Pike auf – die Arbeit vor Ort, die Mitarbeiter, die Kunden, die Bücher", erzählt Goeritz. "Das war ein erheblicher Vorteil."
Gemeinsam mit seinem Kollegen Zoran Stankovic, der bei der Hoffrogge Elektroinstallation GmbH ebenfalls als Meister arbeitete, übernahm er den Betrieb. "Das hatte organisatorische Gründe. Für einen allein war es einfach zu viel Arbeit. Mein ehemaliger Chef hatte ja auch mich. Jetzt führen Zoran Stankovic und ich gemeinsam das Unternehmen mit Erfolg weiter."
Tipp: Die Betriebsberater der Handwerkskammern helfen
Laut KFW Research streben rund 66.000 kleine und mittlere Handwerksbetriebe bis Ende des kommenden Jahres die Fortführung des Unternehmens durch einen Nachfolger an. In Anbetracht des Fachkräftemangels sowie der nötigen rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten für eine erfolgreiche Übergabe ist eine rechtzeitige Vorbereitung das A und O.
Die Betriebsberater der Handwerkskammern stehen Interessenten dabei mit Rat und Tat zur Seite.
Text:
Ute Christoph /
handwerksblatt.de
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