Hat der Handwerker Zweifel an der Bauplanung, muss er diese eindeutig äußern – aus Beweisgründen am besten schriftlich.

Hat der Handwerker Zweifel an der Bauplanung, muss er diese eindeutig äußern – aus Beweisgründen am besten schriftlich. (Foto: © catalin205/123RF.com)

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Mündlichen Hinweis ignoriert: Auch der Bauherr haftet

Der Handwerker hatte über seine Bedenken hinsichtlich der Bauplanung mit dem Auftraggeber gesprochen, aber der ging einfach darüber hinweg. Daher trägt er an den späteren Baumängeln mit Schuld, stellte das Oberlandesgericht Düsseldorf klar.

Ein Bedenkenhinweis, der nicht schriftlich erfolgt, befreit den Auftragnehmer nicht von seiner Haftung für Baumängel. Ignoriert der Auftraggeber jedoch bewusst über einen mündlich geäußerten Hinweis, trägt er einen Teil der Verantwortung für die späteren Schäden, urteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf.

Der Fall

Ein Bauunternehmer errichtete ein Bürogebäude, die Geltung der VOB/B war vereinbart. Einige Jahre nach der Abnahme kam es zu derart massiven Schäden am Dach, dass es zurückgebaut und neu errichtet werden musste. Dafür zahlte der Auftraggeber rund 1,1 Mio. Euro. Dieses Geld verlangte er vom Auftragnehmer zurück. Der Bauunternehmer weigerte sich mit dem Argument, dass er gegen die vom Bauherrn vorgegebene Planung mündlich Bedenken angemeldet hatte. Aber dieser sei damals nicht darauf eingegangen.

Der Bauherr erwiderte, dass ein Bedenkenhinweis laut § 4 Abs. 3 VOB/B schriftlich erfolgen müsse. Außerdem sei der Bauunternehmer vertraglich dazu verpflichtet gewesen, für seine Bedenkenanmeldung ein von ihm vorgegebenes Formular zu verwenden.

Das Urteil

Das Dach hatte nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf einen Mangel, der auch innerhalb der Gewährleistungsfrist aufgetreten war. Der Bauunternehmer hat ihn nicht beseitigt, obwohl der Bauherr ihn dazu unter Fristsetzung schriftlich aufgefordert hatte. Daher haftet der Auftragnehmer grundsätzlich. Seine Haftung ist auch nicht ausgeschlossen, da er die Bedenken nicht – wie vereinbart – schriftlich mitgeteilt hatte.

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Das Gericht berücksichtigte hier ein Mitverschulden des Auftragnehmers, weil er bereits eine fehlerhafte Entwurfs- und Genehmigungsplanung vorgelegt hatte und außerdem die vom Bauunternehmer mündlich erhobenen Bedenken missachtet hatte. Er hatte trotz der Hinweise an der mangelhaften Ausführung festgehalten. Dies rechtfertigt laut den Richterinnen und Richtern ein Mitverschulden und somit eine Kürzung seines Anspruchs um 25 Prozent.

Praxistipp

"Das OLG Düsseldorf bestätigt damit seine Linie: Ein mündlicher Bedenkenhinweis führt nicht zur vollständigen Enthaftung des Auftragnehmers", erklärt Fachanwalt für Baurecht Udo Kuhlmann auf anwalt.de. "Vielmehr muss sich der Auftraggeber ein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn er trotz geäußerter Bedenken eine mangelhafte Ausführung anordnet. Andere Gerichte bewerten dies anders. Das OLG Schleswig etwa hat entschieden, dass auch bei einem VOB/B-Vertrag ein mündlicher Hinweis genügen kann, um den Auftragnehmer von der Haftung zu befreien. Ähnlich urteilte das OLG Hamburg. In beiden Fällen waren die Gerichte der Ansicht, dass die Form nicht entscheidend sei, solange der Inhalt klar und umfassend auf die Gefahren hinweist."

Ein Bedenkenhinweis – ob schriftlich oder mündlich – müsse inhaltlich eindeutig, vollständig und nachvollziehbar sein, so Kuhlmann. "Der Hinweis soll deutlich machen, welche Risiken sich für die Funktionalität des Werkes ergeben. Da der Auftragnehmer im Streitfall darlegen und beweisen muss, dass er seine Prüf- und Hinweispflichten ordnungsgemäß erfüllt hat, empfiehlt es sich dringend, Bedenken stets schriftlich anzumelden. Der Auftraggeber wiederum darf Bedenken nicht ignorieren, auch wenn sie nicht der vereinbarten Form entsprechen. Ein solches Verhalten kann andernfalls zu einer Minderung seiner Ansprüche führen."

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2024, Az. 5 U 103/23, (rechtskräftig)

Weitere Beispielsfälle aus der Rechtsprechung

Handwerker müssen nachdrücklich auf Planungsfehler hinweisen

Ein Handwerker muss dem Auftraggeber konkret die Nachteile erläutern, die dessen Änderungswünsche haben können. Tut er das nicht oder gibt nur einen pauschalen Hinweis, haftet er. Ein SHK-Installateur sollte Rohrbelüfter installieren. Der Architekt wich aber von ursprünglichen Plänen des Auftraggebers ab und forderte vom Handwerker, dass er die Rohrbelüfter kombiniert mit Holzbauelementen in die Badezimmerwände einbaute. Dem Handwerker gefiel der Vorschlag nicht, er sprach auch Bedenken aus. Aber letztlich erledigte er die Arbeiten nach den geänderten Plänen des Architekten. Der Hinweis des Handwerkers sei nicht klar und nachhaltig genug gewesen, fand das Oberlandesgericht Brandenburg. Ein pauschaler Hinweis der Art, dass die "Ausführung so wohl nicht funktioniere", genüge nicht. Daher müsse er für die Mängelbeseitigung aufkommen (Oberlandesgericht Brandenburg, Az.11 U 74/18).

Fensterbauer haftet, weil er seine Hinweispflicht verletzt hat

Entgegen der Planung hatte ein Fensterbauer die Winddichtigkeitsfolie auf die Blendrahmen geklebt. Dem Handwerker, der den Putz auftrug, hatte er das nicht mitgeteilt. Darum haftet er dafür, dass die Fenster nicht komplett zu öffnen waren. In Ausnahmefällen seien Auftragnehmer verpflichtet, mit den nachfolgenden Gewerken oder mit dem Architekten abzusprechen, wie bei den Folgearbeiten verfahren werden müsse. Das gelte zumindest dann, wenn der nächste Handwerker eventuell nicht erkennen könne, wie er seine eigene Arbeit der Vorleistung anpassen müsse, um Mängel zu vermeiden (Oberlandesgericht Düsseldorf, Az. 23 U 208/18).

Handwerker haftet für fremde Fehler

Bauhandwerker müssen Vorarbeiten von anderen Werkunternehmern gründlich prüfen, bevor sie selbst ihre Arbeiten durchführen. Sonst haften sie auch für die Fehler der anderen! Der Bundesgerichtshof verurteilte einen Installateur, der einen Hausanschluss fachgerecht an die vorhandene Grundleitung angeschlossen hatte, zu Schadensersatz wegen des daraufhin eingetretenen Wasserschadens. Denn der Handwerker hatte nicht – wie es erforderlich gewesen wäre – geprüft, ob eine Rückstauklappe vorhanden war. Er haftet zusammen mit demjenigen, der die Fehler gemacht hat, als sogenannter Gesamtschuldner (Bundesgerichtshof, Az. VII ZR 109/10).

Solar-Installateur haftet für undichtes Dach 

Montiert ein Installateur eine Photovoltaikanlage auf dem Garagendach, muss das Dach nach der Montage dicht sein. Wird die Anlage wegen Feuchtigkeitsschäden neu montiert, haftet der Installateur für die Kosten, wenn er die Anlage nicht mit der Dachabdichtung abgestimmt und den Kunden nicht auf die marode Unterspannbahn hingewiesen hatte (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az. 29 U 199/16).

Ein Auftraggeber, der schweigt, hat Pech

Das Problem kennt so mancher Bau-Handwerker: Er meldet gegenüber seinem Auftraggeber Bedenken gegen die vorgesehene Ausführung an, aber dieser hüllt sich in Schweigen. Der Auftragnehmer setzt schließlich die Arbeit nach den ursprünglichen Vorgaben fort und später gibt es genau die Probleme, auf die er vorher hingewiesen hatte. Dann kommt es zum Streit darüber, wer die Verantwortung für die Mängel und die Kosten ihrer Behebung trägt. In dem hier entschiedenen Fall lag nach Ansicht des Oberlandesgerichts zwar objektiv ein Mangel vor, aber der Unternehmer muss dafür nicht haften. Denn er hat rechtzeitig Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung angemeldet. Die Anzeige von Bedenken verpflichtet den Auftraggeber zu handeln. Reagiert er nicht, wird dem Werkunternehmer der Mangel nicht zugerechnet. Der schweigende Auftraggeber durfte weder die Abnahme wegen des Mangels verweigern noch standen ihm Gewährleistungsansprüche zu (Oberlandesgericht Stuttgart, Az. 10 U 71/16).

Handwerker müssen auf Hausbockbefall hinweisen

Erkennen Dachdecker und Zimmerer den offensichtlichen Schädlingsbefall eines Dachstuhls nicht, haften sie gegenüber dem Bauherrn. Denn damit haben sie gegen ihre Prüf- und Hinweispflichten verstoßen, sagt das Landgericht Bremen (Az. 4 O 1372/12).

Im Wortlaut § 4 Absatz 3 VOB/B:
"Hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung (auch wegen der Sicherung gegen Unfallgefahren), gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Unternehmer, so hat er sie dem Auftraggeber unverzüglich – möglichst schon vor Beginn der Arbeiten – schriftlich mitzuteilen; der Auftraggeber bleibt jedoch für seine Angaben, Anordnungen oder Lieferungen verantwortlich."

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Text: / handwerksblatt.de

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