Erhalten alle auf meiner Baustelle den Mindestlohn? Der GU muss vom Subunternehmer die Namen erfahren, um diese Frage zu klären.

Erhalten alle Arbeiter auf meiner Baustelle den Mindestlohn? Der GU muss vom Subunternehmer die Namen erfahren, um diese Frage zu klären. (Foto: © pkanchana/123RF.com)

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Der Subunternehmer muss die Namen seiner Mitarbeiter herausgeben

Der Generalunternehmer darf von seinem Subunternehmer eine Namensliste mit dessen Mitarbeitern verlangen, um die Einhaltung des Mindestlohns zu prüfen. Personenbezogene Daten müssen aber anders geschützt werden, sagt das Oberlandesgericht Brandenburg.

Wenn es um das Thema Datenschutz geht, sind zahlreiche Handwerksbetriebe mittlerweile sensibilisiert. Nach wie vor gibt es aber viele offene Punkte, die Betriebe in der Praxis vor Herausforderungen stellen. So auch bei der Frage: Sind Subunternehmer verpflichtet, ihrem Generalunternehmer die Namen ihrer Mitarbeiter mitzuteilen? Denn bei Verstößen haftet schließlich auch der Generalunternehmer! Hierüber hatte das Oberlandesgericht Brandenburg zu entscheiden (Urteil vom 23. Februar 2022, Az. 4 U 111/21).

Dabei muss man zwei Grundsätze beachten: Einerseits gilt im Datenschutzrecht der Grundsatz des "Verbots mit Erlaubnisvorbehalt". Das heißt, datenschutzrechtlich ist die Verarbeitung von personenbezogenen Daten grundsätzlich unzulässig, also verboten. Es sei denn, es liegt eine rechtliche Legitimation – also eine Erlaubnis – vor. Außerdem ist im Datenschutzrecht auch stets zu beachten, dass personenbezogene Daten nur äußerst sparsam und nur in dem Umfang verarbeitet werden sollen, wie unbedingt erforderlich – der sogenannte Grundsatz der Datensparsamkeit.

Mindestlohn versus Datenschutz?

Andererseits haben Generalunternehmer nach den gesetzlichen Regelungen in § 13 Mindestlohngesetz (MiLoG) in Verbindung mit § 14 Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) ein starkes Interesse daran, die Einhaltung der Mindestlohnvorgaben bei ihren Subunternehmen zu kontrollieren. Denn anderenfalls können die Generalunternehmer etwa wie Bürgen gegenüber den Mitarbeitern ihres Subunternehmens auf Zahlung haften.

Der Fall

Wie kann man nun diese beiden Aspekte, also die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Anforderungen und die Kontrolle der Mindestlohnvorgaben, praxistauglich in Einklang bringen? Ein Generalunternehmer ging folgenden Weg: Er verlangte von einem Subunternehmer eine Auflistung seiner eingesetzten Mitarbeiter, wobei die Liste insbesondere auch die Namen der Leute enthalten sollte. Der Generalunternehmer begründete dies damit, dass er nur hiermit ausreichend kontrollieren könne, dass der Subunternehmer den Mindestlohn einhalten würde. Dies sei für den Generalunternehmer deshalb so wichtig, weil er bei Verstößen selbst hafte. Der Subunternehmer weigerte sich, sodass die Sache vor Gericht entschieden werden musste.

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Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hat zugunsten des Generalunternehmers entschieden. Diesem stehe ein Auskunftsanspruch zu nach Art. 6 Abs. 1 lit. f Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die Norm gebe eine gesetzliche Erlaubnis. Der Subunternehmer müsse eine Namensliste der Mitarbeiter vorlegen. Denn der Generalunternehmer habe das hierfür erforderliche berechtigte Interesse.

Das Gericht leitete dieses berechtigte Interesse unter anderem aus § 13 MiLoG in Verbindung mit § 14 AEntG ab. Denn nach diesen Regelungen haftet der Generalunternehmer wie ein Bürge gegenüber den Mitarbeitern seines Subunternehmens auf die Einhaltung des Mindestlohns. Verlangt der Generalunternehmer nun Nachweise über die Zahlung des Mindestlohns, kann er damit sowohl den Subunternehmer kontrollieren und außerdem damit sein Interesse an der Vermeidung einer eigenen Haftung wahren.

Keine gleichwertigen Alternativen für den GU

Dem steht nach Ansicht des OLG auch nicht entgegen, dass er noch andere Möglichkeiten zur Reduzierung des Haftungsrisikos hätte. Beispielsweise führe eine vertragliche Vereinbarung mit dem Subunternehmer über eine Haftungsfreistellung oder über ein außerordentliches Kündigungsrecht bei Mindestlohn-Verstößen nicht zum gleichen Schutz wie eine Liste der Mitarbeiternamen nebst Vergütung. Gleiches gelte für die Vereinbarung einer Vertragsstrafe.

Denn all diese Varianten führten im Ergebnis nur dazu, dass der Generalunternehmer in Kauf nehmen muss, dass der Subunternehmer zwischenzeitlich insolvent wird und damit vertragliche Ansprüche grundsätzlich verloren gingen. Oder aber, dass der Subunternehmer wegen der vertraglichen Vereinbarung von Anfang an eine höhere Vergütung verlangt, um dadurch etwa Avalkosten oder Einbußen der Liquidität durch Sicherheitseinbehalte ausgleichen zu können. All diese "Alternativen" wirken mithin erst im Nachgang, also repressiv.

Anders sei dies hingegen bei der Vorlage der Unterlagen zum Mindestlohn inklusive Namensliste, erklärten die Richter. Denn mit der damit einhergehenden frühzeitigen Kontrollmöglichkeit könne der Generalunternehmer präventiv handeln und es sei zugleich praktikabel im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen.

Anonymisierung für die Grundrechte der Mitarbeiter

Schlussendlich sieht das OLG auch keine Verstöße gegen die Grundrechte und Grundfreiheiten der namentlich benannten Mitarbeiter, die dem Anspruch des Generalunternehmers entgegenstehen könnten. Vielmehr sei das Interesse des Unternehmers an der Einhaltung des Mindestlohns und das damit verbundene Interesse, die eigene Haftung zu vermeiden, als überwiegend anzusehen.

Denn den Interessen der Mitarbeiter könne auf andere Weise ausreichend Rechnung getragen werden. Das geschehe dadurch, dass die Offenlegung der personenbezogenen Daten so sparsam wie möglich erfolge. Sie könnten geschützt werden, indem personenbezogenen Daten anonymisiert oder pseudonymisiert werden und Daten, die für die Kontrolle des Mindestlohngesetzes nicht erforderlich seien, geschwärzt würden.

Fazit

Das OLG Brandenburg bejaht somit im Ergebnis ein überwiegendes Interesse von Generalunternehmern gegenüber ihren Subunternehmern an der Vorlage von Unterlagen, durch die die Einhaltung der Mindestlohnvorgaben kontrolliert werden kann, inklusive der Namensliste. Interessen der Mitarbeiter ist im Einzelfall dadurch Rechnung zu tragen, dass nicht erforderliche personenbezogene Daten in den Unterlagen anonymisiert, pseudonymisiert oder geschwärzt werden.

Anna Rehfeldt, LL.M. ist Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte 

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Text: / handwerksblatt.de

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