Die sogenannte "clean desk policy" in vielen Firmen bedeutet unter anderem, dass Mitarbeiter beim Verlassen ihre Arbeitsplatzes Dokumente nicht offen liegen lassen dürfen.

Die sogenannte "clean desk policy" in vielen Firmen bedeutet unter anderem, dass Mitarbeiter beim Verlassen ihre Arbeitsplatzes Dokumente nicht offen liegen lassen dürfen. (Foto: © bacho12345/123RF.com)

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Auch kleine Fehler können manchmal zur Kündigung führen

Mehrere kleine Unachtsamkeiten im Job können schwer wiegen, besonders wenn es um den Datenschutz geht. Das zeigt ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen.

Den Schreibtisch mit sensiblen Kundendaten nicht verschlossen? Den Computer nicht gesperrt? Unterlagen offen auf dem Schreibtisch liegen gelassen? Kann doch jedem mal passieren! Aber auch solch alltägliche Nachlässigkeiten können womöglich den Job kosten. Vor allem, wenn diese zuvor bereits abgemahnt wurden. Eine Abmahnung muss jedoch ebenso wie eine Kündigung verhältnismäßig sein, stellt das Landesarbeitsgericht Sachsen klar.

Der Fall

In der Firma einer Kreditsachbearbeiterin galt eine Richtlinie zur Informationssicherheit und eine sogenannte "clean desk policy". Diese legt fest, wie Mitarbeitende mit vertraulichen Informationen an ihrem Arbeitsplatz umgehen müssen. Die Richtlinie regelte unter anderem, dass Beschäftigte ihre Schreibtischfächer abschließen, ihren Rechner beim Verlassen des Arbeitsplatzes sperren müssen und Dokumente nicht offen liegen lassen dürfen. Das war der Angestellten auch bekannt. Trotzdem vergaß die Mitarbeiterin mehrfach, diese Vorgaben einzuhalten. Unter anderem meldete sich nicht ordnungsgemäß aus den IT-Systemen ab, was die Gefahr eines unberechtigten Datenzugriffs erhöhte.

Zunächst sprach ihr Chef wegen zweier Pflichtverletzungen Ermahnungen aus. Keine zwei Monate nach der zweiten Ermahnung kam es zu einer erneuten Pflichtverletzung. Darauf folgte eine Abmahnung.

Zur Kündigung führte letztlich, dass der Arbeitgeber während eines Umzugs feststellte, dass die Beschäftigte ihre Schreibtischfächer mit sensiblen Kundendaten nicht ordnungsgemäß abgesperrt hatte. Dagegen erhob die Frau eine Kündigungsschutzklage und gewann in erster Instanz, für das Arbeitsgericht Leipzig waren die Pflichtverletzungen der Klägerin nicht schwer genug.

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Das Urteil

Anders als die Vorinstanz wertete das Landesarbeitsgericht Sachsen die Kündigung aber als wirksam. Denn die Frau habe gegen die Hauptpflichten aus ihrem Arbeitsvertrag verstoßen. Unter Beachtung der vorhergehenden Abmahnungen handelt es sich laut Gericht insgesamt um erhebliche Pflichtverletzungen. Der Arbeitgeber war nicht verpflichtet, erst noch eine weitere Abmahnung auszusprechen. Zudem könne eine Abmahnung selbst bei erstmaligem und nur leichtem Pflichtverstoß verhältnismäßig sein. Die Flüchtigkeitsfehler und Nachlässigkeiten der Beschäftigten seien als bestandsgefährdend anzusehen, so die Richter.

Erhebliche Pflichtverletzung ohne Verbesserung

Das Landesarbeitsgericht fand deutliche Worte zu den Pflichtverletzungen der Klägerin und den Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts. Sämtliche mit Abmahnungen und Ermahnungen sanktionierten Pflichtverletzungen waren für die Kündigung von Bedeutung: "Wie vorstehend dargestellt, handelt es sich in der Summe um erhebliche Pflichtverletzungen, die auch zu Ablaufstörungen bei der Beklagten geführt haben." Und weiter: "Es ist der Beklagten nicht zuzumuten, weitere Abmahnungen auszusprechen, die keine Verbesserungen zeigen. Sie muss im Gegenteil aufpassen, dass aufgrund der Vielzahl die Warnfunktion nicht verloren geht."

Für das Landesarbeitsgericht waren die ausgesprochenen Abmahnungen hier auch verhältnismäßig. Auch bei einem erstmaligem und nur leichtem Pflichtverstoß kann der Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen. In Ausnahmefällen kann eine Abmahnung jedoch unverhältnismäßig sein, was hier nach Ansicht der Richter jedoch nicht der Fall war.

Praxistipp

"Es gibt in der Tat Sachverhalte, bei denen eine Pflichtverletzung nicht zu einer Abmahnung oder gar Kündigung führen kann, da dies unverhältnismäßig wäre. Ein Beispiel hierfür ist etwa die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bamberg (2 Ca 402/15): Dort wurde eine Abmahnung wegen einer Verspätung von einer Sekunde ausgesprochen. Wie das Arbeitsgericht Leipzig im hier vorliegenden Fall nach mehreren Ermahnungen und Abmahnungen aufgrund sogar unstreitiger Pflichtverletzungen der Klägerin zu dem Ergebnis gekommen ist, dass eine weitere Abmahnung eine Besserung bei der Klägerin hervorgerufen hätte, können wir uns nicht erklären. Die Klägerin hat teilweise massive Pflichtverletzungen im Hinblick auf die Datensicherheit begangen, die dann auch folgerichtig abgemahnt wurden", erklärt die Arbeitsrechtskanzlei Wittig Ünalp Rechtsanwälte in Ihrer Stellungnahme.

Landesarbeitsgericht Sachsen, Urteil vom 7. April 2022, Az. 9 Sa 250/21 

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Text: / handwerksblatt.de

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