Recht auf Reparatur: Handwerk begrüßt die Entscheidung
Das EU-Parlament hat für das neue "Recht auf Reparatur" gestimmt. Dazu gehört, dass Hersteller Betrieben Ersatzteile und Reparaturinfos "zu fairen Preisen" bereitstellen sollen. Das Handwerk begrüßt die Entscheidung. Das Kfz-Gewerbe spricht von einem "großen Wurf".
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Reparieren statt wegwerfen
Das Europäische Parlament in Straßburg hat am 21. November nahezu einstimmig dem Vorschlag für ein verstärktes "Recht auf Reparatur" zugestimmt. Die neuen Regeln sollen zu nachhaltigerem Konsum anregen, sie sollen die Reparatur von Waschmaschinen, Geschirrspülern, Staubsaugern oder Smartphones und Tablets einfacher machen. Das soll tonnenweise Abfall vermeiden und Reparaturbetriebe, also Handwerker vor Ort, fördern.
Während der gesetzlichen Garantiezeit sollen Verkäufer zum Beispiel verpflichtet werden, ein defektes Gerät zu reparieren anstatt es durch ein Neues zu ersetzen, wenn eine Reparatur gleich viel oder weniger kostet – es sei denn, die Reparatur sei nicht machbar oder für den Verbraucher oder die Verbraucherin ungünstig. Als Beispiel nannte Berichterstatter René Repasi eine defekte Milchpumpe. Hier könne eine junge Mutter nicht darauf warten, bis die Reparatur fertig ist.
Die Abgeordneten schlagen zudem vor, die gesetzliche Garantiezeit um ein Jahr ab dem Zeitpunkt der Reparatur zu verlängern. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen außerdem das Recht bekommen, für Waschmaschinen, Smartphones, Staubsauger oder Fahrräder auch nach Ablauf der Garantiezeit eine Reparatur zu verlangen.
Alle nötigen Infos und Werkzeuge zu angemessenen Preisen bereitstellen
Betriebe, die Reparaturen und Instandsetzung anbieten, sowie Verbraucher sollen von den Herstellern alle nötigen Ersatzteile, Informationen und Werkzeuge zu angemessenen Preisen bekommen. Und über Online-Plattformen sollen Verbraucherinnen und Verbraucher Reparaturbetriebe (auch Repaircafés) und Verkäufer überholter Waren in ihrer Nähe finden können.
Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), begrüßt die Entscheidung. Er sagt: "Das neue Recht auf Reparatur für bestimmte Warengruppen kann nur dann eine Erfolgsgeschichte werden, wenn Handwerksbetriebe ihre Reparaturtätigkeit weiter ausbauen können. Dafür bedarf es nicht nur ausreichender Fachkräfte, sondern Hersteller müssen auch dazu verpflichtet werden, Ersatzteile und Reparaturinformationen zu fairen Preisen bereitzustellen. Das hat das Europäische Parlament richtig erkannt."
Formular für Reparaturinformationen soll freiwillig sein
Besonders positiv sei, dass das neue Europäische Formular für Reparaturinformationen komplett freiwillig sein soll. "Allerdings hätte man auf ein solches Formular besser gänzlich verzichtet, weil es keinen echten Mehrwert bietet und mit der Vertragspraxis von Reparaturbetrieben nicht vereinbar ist", sagt Schwannecke.
Gewährleistungsfristen nach einer Reparatur sollten aus Sicht des Handwerks allerdings "nicht unverhältnismäßig verlängert" werden. "Parallele Ansprüche von Kundinnen und Kunden gegenüber Verkäufern und Herstellern dürfen nicht dazu führen, dass Handwerkerinnen und Handwerker für fremde Reparaturen haften müssen."
Kfz-Handwerk: "Klare Ablehnung von Reparaturhemmnissen"
Auch der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK) begrüßt die Entscheidung. "Sie markiert einen bedeutenden Schritt zur Entlastung der Betriebe von unnötiger Bürokratie und für Fairness für Reparaturbetriebe", betont Detlef Peter Grün, ZDK-Vizepräsident und Bundesinnungsmeister des Kfz-Handwerks. Dass es doch kein verpflichtendes einheitliches Reparaturformular geben soll, entspreche einer Forderung des ZDK und den Kfz-Landesverbänden in Deutschland.
Ein weiterer Meilenstein sei laut dem ZDK "die klare Ablehnung von Reparaturhemmnissen jeglicher Art, einschließlich Softwareeinschränkungen". Solche Einschränkungen würden sonst insbesondere für unabhängige Betriebe ein erhebliches Hindernis darstellen.
Der Verband erwartet, dass diese eindeutige Position des Parlaments von der EU-Kommission als Signal und Mandat aufgefasst wird, um "schnellstmöglich sektorspezifische Gesetzgebung für Fahrzeugdaten und -funktionen auf den Weg zu bringen", sagt Grün. "Nur so kann sichergestellt werden, dass alle Akteure im Kfz-Aftermarket unter fairen Marktbedingungen agieren könnten."
Die einstimmige Annahme des Rechts auf Reparatur im EU-Parlament sei ein großer Erfolg für die unabhängigen Betriebe im Kfz-Gewerbe, so Detlef Peter Grün weiter. "Wir hoffen, dass die Europäische Kommission dieses klare Signal aufgreift und die notwendigen Schritte unternimmt, um die Bürokratie zu reduzieren und faire Wettbewerbsbedingungen im gesamten Kfz-Aftermarket zu gewährleisten."
Nun beginnen die sogenannten Trilogverhandlungen zwischen Europäischer Kommission, Rat und Europäischem Parlament. Nach Angaben von tagesschau.de könnte die Richtlinie noch vor der Europawahl im Juni 2024 verabschiedet werden.
DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale Deutsche Handwerksblatt (DHB) registrieren!
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben