Droht die Insolvenz, sorgt sich so manch ein Firmenchef, ob das Familienheim ebenfalls betroffen sein könnte.

Droht die Insolvenz, sorgt sich so manch ein Firmenchef, ob das Familienheim oder das Sparbuch ebenfalls betroffen sein könnten. (Foto: © scanrail/123RF.com)

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Betrieb pleite, Sparstrumpf weg?

Ob der Geschäftsführer mit seinem Privatvermögen für Schulden des Unternehmens haftet, hängt von der Rechtsform ab. Und seiner Weitsicht in der Krise.

Wie schützt man sein privates Vermögen in diesen krisengeschüttelten Zeiten? Säcke voller Bargeld im Kinderzimmer zu verstecken ist keine Lösung. Das sollten die ertappten EU-Parlamentarier gelernt haben, die sich von Katar bestechen ließen. Dieses Negativbeispiel einer illegalen "privaten Altersvorsorge" treibt so manchem Unternehmer die Zornesröte ins Gesicht. Denn die Wirtschaft und auch das Handwerk haben mit Energiekrise, Lieferengpässen und Zinssteigerungen schwer zu kämpfen, viele Betriebe bangen um ihre Existenz. Droht die Insolvenz, sorgt sich so manch ein Firmenchef, ob das Familienheim oder das Auto ebenfalls betroffen sein könnten. Ganz entscheidend ist hierbei die Gesellschaftsform des Unternehmens. Mit ihr werden nicht nur Rechte und Pflichten definiert, sie hat auch direkten Einfluss auf den Haftungsumfang des Inhabers.

Bei Kapitalgesellschaften ist die Haftung beschränkt

Im Wesentlichen gibt es zwei Arten von Gesellschaftsformen: Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften. Bei ersteren – etwa GbR und OHG – haften alle Gesellschafter auch mit ihrem Privatvermögen, genau wie der Einzelunternehmer. Ausnahmen bestehen bei der KG: Dort haftet der geschäftsführende Gesellschafter, der Komplementär, persönlich unbeschränkt, der Kommanditist dagegen nur beschränkt mit seiner Hafteinlage. Bei der GmbH & Co KG trifft die persönliche Haftung nur die als Komplementär fungierende GmbH, die dahinter stehenden Gesellschafter haften wiederum nur beschränkt. Bei einer Kapitalgesellschaft ist die Haftung auf das Firmenvermögen beschränkt, am bekanntesten sind GmbH, AG und UG. (Hier finden Sie eine > Tabelle mit den Gesellschaftsformen samt ihren Vor- und Nachteilen.) Im Handwerk ist die GmbH eine sehr beliebte Rechtsform, denn die buchstäbliche beschränkte Haftung steht schon im Namen der Gesellschaft.

Fehler des Geschäftsführers führen zur vollen Haftung

Also alles in Butter, wenn man unter einer GmbH firmiert? Nicht ganz! Wann es brenzlig werden könnte, erklärt Dr. Stephan Dornbusch, Fachanwalt für Steuerrecht und für gewerblichen Rechtsschutz in der Rechtsanwaltskanzlei Meyer-Köring in Bonn: "Ausnahmsweise haftet der geschäftsführende Gesellschafter, wenn man ihm persönlich einen Vorwurf machen kann." Das gelte vor allem in der Krise, wenn es der Gesellschaft schlecht gehe und Insolvenzgründe - Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung - vorlägen. "Oft wird die Insolvenz nicht erkannt oder der Unternehmer denkt, dass er die Kurve schon kriegen werde." Für den Geschäftsführer wird es zum Beispiel heikel, wenn er bei Zahlungsunfähigkeit nicht innerhalb von drei Wochen einen Insolvenzantrag stellt. Dornbusch: "Das nennt sich Insolvenzverschleppung. Dann haftet der Geschäftsführer persönlich für alle Geldabflüsse aus der Gesellschaft." Die Haftung trifft aber grundsätzlich nur ihn, nicht die Gesellschafter – sofern sie davon nichts wussten.

Liquiditätsstatus im Blick behalten

Auch in Krisensituationen müssen Steuern und die Sozialversicherungsbeiträge rechtzeitig abgeführt werden. Geschäftsführer, die das versäumen, können strafrechtlich belangt werden, betont der Experte. Dornbusch hat schon zahlreiche Betriebe in finanziellen Schieflagen beraten. "Viele Unternehmer verdrängen die schlechten Nachrichten und wurschteln irgendwie weiter", ist seine Erfahrung. "Das führt auch bei haftungsbegrenzten Rechtsformen oft dazu, dass man die Insolvenz verkennt." Wenn man merke, dass es eng werde, solle man sich informieren oder beraten lassen. "In der Krise muss der Geschäftsführer täglich seinen Liquiditätsstatus und die Zahlungsfähigkeit im Blick haben", mahnt der Anwalt. "Letztere kann man beeinflussen, indem man mit den Gläubigern spricht und Ratenzahlungen vereinbart oder Stillhalteabkommen aushandelt. Für den Einzelunternehmer ist es noch schwieriger, weil er immer mit dem Privatvermögen haftet. Er muss unbedingt verhandeln."

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Weg aus der Krise: Unternehmen aufspalten

Wege aus der Krise sucht man am besten schon in guten Zeiten. Deshalb ist Dornbuschs Rat: "Machen Sie sich frühzeitig Gedanken! Fragen Sie sich zum Beispiel: Müssen alle Assets ins Unternehmen einbezogen sein – die Immobilie, die Maschinen, die Patente?" Man könne das nämlich auch so strukturieren, dass diese Werte außerhalb der operativen Gesellschaft liegen. Die Aufspaltung in ein operatives Betriebsunternehmen und ein Besitzunternehmen, das das Sachanlagevermögen halte, sei eine Möglichkeit, die Haftung zu begrenzen. "Eine Immobilie oder den Maschinenpark muss man nicht in die GmbH einbringen, sondern man kann sie auch persönlich halten. Falls das Betriebsunternehmen in die Insolvenz fällt, bleibt gegebenenfalls das Produktivvermögen erhalten. In steuerlicher Hinsicht ist allerdings die dadurch häufig bedingte Betriebsaufspaltung im Blick zu behalten", so der Fachanwalt.

Rechtsform wechseln, um die Haftung zu begrenzen

Ist es eine Lösung, die Rechtsform seiner Gesellschaft zu wechseln, etwa eine haftungsintensive OHG in eine Kapitalgesellschaft umzuwandeln? Dornbusch differenziert: "Wenn das Kind noch nicht in den Brunnen gefallen ist, kann eine Umwandlung in eine GmbH oder UG durchaus Sinn machen." Für den Einzelunternehmer ist das mit einem gewissen organisatorischen und finanziellen Aufwand verbunden. Aber dann ist er von der Haftung befreit. "Solche Überlegungen tauchen vor allem auf, wenn Unternehmen gegründet oder an die nächste Generation übertragen werden. Im laufenden Geschäft kann man sich durch den Wechsel der Rechtsform aber nicht von den bestehenden Verbindlichkeiten befreien", weiß der Experte.

Keine Bürgschaften unterschreiben

Hat man seine Haftung durch die Gesellschaftsform begrenzt, sollte man sich nicht durch weitere Verpflichtungen selbst ein Bein stellen. Dornbusch erinnert sich an den Fall eines Automobilunternehmens aus dem Rheinischen, das als GmbH & Co KG organisiert war. Geschäftsführer und Prokurist hätten aufgrund der Rechtsform zwar nicht persönlich gehaftet, unterschrieben jedoch Bürgschaften für Bankkredite. Als der Betrieb in die Insolvenz ging, mussten sie für mehrere Millionen Euro mit dem Privatvermögen geradestehen. "Wer persönlich unterschreibt, kann sich auch durch die Rechtsform nicht retten", warnt der Jurist.

Eine GmbH bekommt zwar häufig nur Kredit, wenn die Gesellschafter sich persönlich mitverpflichten. Betroffene sollten sich aber Gedanken drüber machen, ob sie dabei mitspielen oder lieber aussteigen, rät der Fachmann. "Viele Unternehmer wissen oft nicht, wann Schluss ist und versuchen, ein totes Pferd weiter zu reiten. Sie wollen ihr Lebenswerk nicht aufgeben und haben ein starkes Verantwortungsgefühl für ihre Mitarbeiter. Ich habe viele Unternehmer gesehen, die in solch einer Situation auch weiter ihr Privatvermögen in den Topf geworfen haben, um das Unternehmen zu retten. Das ist gefährlich."

Von der Insolvenz des Geschäftspartners nicht mitreißen lassen

Auch die Insolvenz eines Geschäftspartners kann eine Haftungsfalle sein. Dornbusch erzählt von dem Fall einer Schlosserei, die mehrere hunderttausend Euro zurückzahlen musste. Denn der Insolvenzverwalter eines Geschäftspartners hatte von seinem Anfechtungsrecht nach § 133 Insolvenzordnung Gebrauch gemacht. Damit können Zahlungen des insolventen Unternehmens an Geschäftspartner, die die Zahlungsunfähigkeit kannten, noch nach Jahren angefochten und zurückgeholt werden. "Wenn ein Geschäftspartner über einen längeren Zeitraum absehbar in die Knie geht, sollte man sich dieses Anfechtungsrisikos bewusst sein", warnt der Anwalt. Anzeichen wie ausbleibende Zahlungen oder der Wunsch nach Ratenvereinbarungen müssten einen hellhörig machen. "Die Rechtsprechung ist da sehr streng, auch wenn die gesetzliche Regelung in letzter Zeit etwas abgemildert wurde. Überspitzt formuliert konnte man fast sagen: Wer Ratenzahlungen akzeptierte, dem wurde unterstellt, dass er von der Zahlungsunfähigkeit des Geschäftspartners wusste."

Vermögen auf die Familie übertragen? Hilft nur in guten Zeiten!

Wenn Insolvenz oder Zwangsvollstreckung drohen, ist es auch keine gute Idee, das Haus oder andere Vermögensteile auf die Ehefrau oder Kinder zu übertragen. Solche Vermögensverschiebungen kann nicht nur Insolvenzverwalter anfechten. Auch das Anfechtungsgesetz erlaubt einem Gläubiger noch nach Jahren die Rückforderung, etwa von Schenkungen. "Die Verlagerung von Vermögen etwa auf Familienangehörige nutzt nur, wenn ein entsprechender zeitlicher Vorlauf besteht", erklärt Dornbusch.

Und selbst wenn die Insolvenz unausweichlich ist, steht man nicht mit all seinem Hab und Gut in der Verantwortung: Grundsätzlich haftet man nur bis zur Pfändungsgrenze des § 811 ZPO. Die Regelung beschreibt Gegenstände, die von der Pfändung ausgeschlossen sind. "Alles, was in den eigenen vier Wänden steht und im übertragenen Sinne nicht aus Gold oder Silber ist, darf nicht gepfändet werden", betont der Anwalt. Auch das, was man braucht, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, ist geschützt. "Ein Gewerbetreibender darf außerdem Fahrzeug und Maschinen behalten, die er für seinen Betrieb benötigt. Im Einzelfall kommt es auf die Angemessenheit an. Wer einen Bentley besitzt, müsste ihn wohl gegen einen kleineren Wagen tauschen." Aber solch eine Luxuskarosse wäre für einen Handwerksbetrieb ohnehin nicht sehr praktisch.

Neues Personengesellschaftsrecht (MoPeG) Ab 1. Januar 2024 tritt die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft. Das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wurde darin umfassend neu gestaltet. Es wird eine nicht rechtsfähige und eine rechtsfähige GbR geben und es wird ein Gesellschaftsregister eingerichtet. Auch bei den Personenhandelsgesellschaften wird sich einiges ändern, Haftungsfragen sind aber dort nicht betroffen.

Was ist Insolvenz? Insolvenz ist die Unfähigkeit eines Schuldners, Rechnungen zu begleichen. Das ist der Fall bei akuter oder drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Das Insolvenzverfahren muss beim zuständigen Amtsgericht beantragt werden. Anträge können Gläubiger und Schuldner stellen. Geregelt ist das Verfahren in der Insolvenzordnung. Ziel ist es, die Gläubiger zu befriedigen, indem das Schuldnervermögen verwertet und der Erlös verteilt wird. Das Insolvenzgericht bestellt hierzu einen Insolvenzverwalter und stattet ihn mit entsprechenden Rechten aus. Ist Ihr Betrieb gefährdet? Machen Sie > hier den Selbst-Test !Insolvenz Wie man die Notbremse zieht, lange bevor man abstürzt! > Hier mehr lesen!HB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale HB registrieren!

Text: / handwerksblatt.de

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