Ein Sachverständiger, der "Pfusch am Bau" sagt, ist nicht befangen
Nennt der Sachverständige im Bauprozess die Arbeit des Unternehmers "Pfusch am Bau", kann dieser ihn dennoch nicht wegen Befangenheit ablehnen.
Verwendet ein Sachverständiger die Worte "Pfusch am Bau" in seinem gerichtlichen Mängel-Gutachten, ist das kein Grund für den Auftragnehmer, ihn im Bauprozess als befangen abzulehnen. Zumindest dann nicht, wenn der Sachverständige ausdrücklich betont hat, dass er den Begriff untechnisch verwendet hat.
Der Fall
Ein gerichtlicher Sachverständiger sollte in einem Prozess über Baumängel an einer Versickerungsgrube klären, ob die Leistung des Bauunternehmens fachgerecht war.
In seinem Gutachten findet sich nach technischen Darstellungen dieser Text: "Aus den gewonnenen Eindrücken (...) bleibt nur festzustellen, dass die gesamte handwerkliche Arbeit jegliche Verbindung zu den Regeln der Technik im Erd- und Rohrleitungsbau sowie Bau von Versickerungsanlagen vermissen lässt. Die Arbeiten können mit einer nichttechnischen Begrifflichkeit als Pfusch am Bau bezeichnet werden."
Daraufhin lehnte der Unternehmer den Sachverständigen vor Gericht wegen Befangenheit ab. Das Landgericht wies den Antrag zurück. Betrachte man die beanstandete Formulierung im Kontext der Aussage, stelle sie sich nicht als abfällige und auf Parteilichkeit hindeutende Äußerung, sondern als laienmäßige Zusammenfassung der Ermittlungsergebnisse zur Beantwortung der Beweisfrage dar.
Der Unternehmer legte dagegen Beschwerde beim Oberlandesgricht (OLG) ein.
Das Urteil
Das OLG wies die Beschwerde zurück und sah keine Befangenheit des Sachverständigen.
Zwar stelle unsachliches Verhalten eines Sachverständigen einen Befangenheitsgrund dar, wenn es den Schluss auf die mangelnde Unvoreingenommenheit gegenüber einer Partei nahe lege. Dies seien etwa grobe Fehlgriffe in der Wortwahl, Unsachlichkeiten und abfällige, herabwürdigende oder gar beleidigende Äußerungen des Sachverständigen.
Ein salopper Tonfall oder die Verwendung umgangssprachlicher Redewendungen reichten andererseits jedoch für sich allein genommen noch nicht aus, erklärte das Gericht. Entsprechende Bemerkungen seien darüber hinaus stets im Gesamtzusammenhang zu betrachten. Es komme maßgeblich darauf an, ob die Äußerungen noch sachbezogen und aufgrund des Verhaltens der Beteiligten verständlich oder statt dessen Ausdruck bloßen Unmuts seien, und ob mögliche Missverständnisse sogleich ausgeräumt würden.
Nur auf die Arbeit, nicht auf die Person bezogene Äußerung
Die Formulierung "Pfusch am Bau" beurteile die Arbeiten zwar negativ. Da sich die Äußerung jedoch nur auf deren Qualität bezog und nicht gegen den Antragsgegner als Person richtete, begründe sie für einen objektiven Betrachter nicht die Besorgnis der Befangenheit. "Ein gerade die Person des Antragsgegners herabsetzender oder gar verunglimpfender Charakter ist der Formulierung nicht zu entnehmen", so das Urteil wörtlich.
Oberlandesgericht Rostock, Beschluss vom 26. August 2020, Az. 4 W 30/20
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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