Bisher war der Kunde berechtigt, Schadensersatz anhand der Kosten zu fordern, die er für die Mängelbeseitigung einsetzen müsste – ob er das Geld tatsächlich zur Fehlerbeseitigung verwendete oder nicht, war egal.

Bisher war der Kunde berechtigt, Schadensersatz anhand der Kosten zu fordern, die er für die Mängelbeseitigung einsetzen müsste – ob er das Geld tatsächlich zur Fehlerbeseitigung verwendete oder nicht, war egal. (Foto: © ginasanders/123RF.com)

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"Dorn im Auge des Handwerks"

Die fiktiven Schadenskosten bei Baumängeln sind Geschichte. Kammerjuristin Sabine Schönewald begrüßt die neue Rechtsprechung: "Die Methode war dem Handwerk schon längst ein Dorn im Auge."

Bei Baumängeln gibt es keine fiktiven Schadenskosten mehr. Das bedeutet, Bauherren können vom Auftragnehmer künftig keine Kosten für eine Mängelbeseitigung verlangen, wenn sie diese nicht tatsächlich durchführen lassen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Februar entschieden und damit eine überraschende Kehrtwende in seiner Rechtsprechung gemacht (Az. VII ZR 46/17). Bisher war der Kunde berechtigt, Schadensersatz anhand der Kosten zu fordern, die er für die Mängelbeseitigung einsetzen müsste – ob er das Geld tatsächlich zur Fehlerbeseitigung verwendete oder nicht, war egal.

Rechtsanwältin Sabine Schönewald, Abteilungsleiterin bei der Handwerkskammer zu Köln, freut sich über dieses handwerksnahe Urteil. "Auch für die Fachwelt kam die Entscheidung des BGH, die die Gepflogenheiten der Baubeteiligten wohl verändern dürfte, relativ überraschend." Jahrzehntelang habe der BGH durch seine Rechtsprechung dazu beigetragen, dass Auftraggeber die – für sie günstige – Möglichkeit gehabt hätten, den Schadensersatz für ein mangelhaftes Werk fiktiv auf Grundlage der zu erwartenden Mangelbeseitigungskosten zu berechnen, anstatt den weitaus schwieriger einzuschätzenden Minderwert bestimmen zu müssen.

Ende der Überkompensation für Bauherren

Umso erfreuter falle die Reaktion der Werkunternehmer zu diesem unternehmerfreundlichen Urteil aus, betont die Expertin. "Die mit der bisher praktizierten Methode einer fiktiven Schadensberechnung häufig einhergehende Überkompensation der Bauherren war dem Handwerk schon längst ’ein Dorn im Auge’. Nicht einzusehen war es, dass die auf Basis eines fiktiven Schadensersatzes berechneten Mängelbeseitigungskosten meist auch Positionen enthielten, wie zum Beispiel die Gerüststellung oder eine Baustellenreinigung, die nicht unmittelbar dem mangelhaften Werk dienen, sondern als reine Begleit- und Folgekosten vor allem nur dann anfallen, wenn die Mängel auch tatsächlich beseitigt werden." 

Schönewald vermutet: "Eine derartige Schadensberechnung dürfte so manchen Auftraggeber dazu verlockt haben, gewisse Mängel angesichts dieser attraktiven finanziellen Kompensation gerne in Kauf zu nehmen. Doch derartige Motivationen sind nun Geschichte." Einem Auftraggeber, der einen Mangel nicht beseitigen lasse, bleibe zur Schadensbemessung jetzt nur die Differenzhypothese  – mit deutlich größeren praktischen Schwierigkeiten, den hypothetischen Marktwert nachzuweisen.

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Neue Herausforderungen für Sachverständige

"Auch die Anforderungen an Gutachter bei der Ermittlung des Schadens werden sich erheblich verändern", weiß Juristin Schönewald, "wenn diese statt der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten nunmehr die Wertdifferenz auf Basis einer Vermögensbilanz zu ermitteln haben. Bei der Bewertung von Schäden an einem Gebäude dürfte dies mit größeren Herausforderungen verbunden sein."

In seinem Urteil gibt der BGH den Gerichten die Möglichkeit, den Schaden anhand von Angaben der Parteien nach eigenem Ermessen selber zu schätzen. Dass die Gerichte dies tun werden, hält die Expertin für nicht wahrscheinlich. Kürzere Prozesslaufzeiten bei Baumängeln könne man daher  wohl nicht erwarten.

"Es bleibt abzuwarten, ob sich auf Grund dieser Entscheidung künftig mehr Auftraggeber für eine Mängelbeseitigung entscheiden werden. Um für etwaige Verhandlungen im Falle von Mängeln und deren Kompensation gewappnet zu sein, lohnt sich auf alle Fälle, diese neue BGH- Entscheidung in ihren Grundsätzen im Hinterkopf zu behalten", rät die Espertin.

Text: / handwerksblatt.de

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