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Barrierefreies Bauen und Wohnen ist ein "gewaltiger Markt"

Betriebsführung

Barrierefreiheit: Das bedeutet Sicherheit und Komfort. Diese Botschaft muss mehr in die Öffentlichkeit transportiert werden. Auch das Handwerk hat davon Nutzen.

Barrierefreies Wohnen ist mehr als das umgebaute Badezimmer mit bodengleicher Dusche oder der Treppenlift, sondern umfasst nach Meinung von Experten alle Lebensphasen. Das muss aber in der öffentlichen Diskussion mehr bewusst gemacht werden. Die Tagung "Barrierefrei im privaten Wohnungsbau" in der Akademie des Handwerks Schloss Raesfeld leistete dazu einen Beitrag. Die Botschaft: Barrierefrei bedeutet Sicherheit und Komfort.

Generationengerecht bauen

Beim barrierefreien Bauen und Wohnen wird oft zuerst daran gedacht, Menschen mit Behinderungen und der älteren Generation das Alltagsleben zu erleichtern. Das Anforderungsprofil für "barrierefrei" sei bei Eltern mit kleinen Kindern oft ähnlich wie bei älteren Menschen mit körperlichen Einschränkungen, erläutert Werner Hagemann. Der Meister im Fliesen- Platten- und Mosaikleger-Handwerk verwendet deshalb auch den Begriff "generationengerecht". Als besonders augenfälliges Beispiel nennt er den fehlenden oder nur schwer zugänglichen Platz für den Kinderwagen oder den Rollator. In Haus und Wohnung ebenso wie in vielen Hotels, Apotheken und Arztpraxen und ganz allgemein im öffentlichen Bereich. Der Handwerksmeister sieht einen "Reifungsprozess" - und der müsse mehr in Gang kommen.

Möglichst lange in den eigenen vier Wändern

Beim Bauen und Wohnen erfordert die demografische Entwicklung eine Wohnanpassung. Ergebnisse von Umfragen zeigen, dass viele ältere Menschen so lange wie möglich in den "eigenen vier Wänden" leben möchten. "Altersgerechtes Wohnen" nennen das die Experten. "Viele Menschen denken aber erst mit dem Eintritt in den Ruhestand darüber nach, wie sie in den nächsten Jahren und Jahrzehnten leben wollen," weiß Werner Hagemann. Sein Rat: "Schon früher mit solchen Überlegungen beginnen." Man könne das Wort "Alter" auch vermeiden.

"Generation 50" bei Umbaumaßnahmen spendabel

Deshalb wird auch gern von der "Generation 50 plus" gesprochen. Zu dieser Altersgruppe gehören in Deutschland etwa 30 Millionen Menschen – und davon planen rund 10 Millionen in den nächsten 3 bis 4 Jahren kleine oder größere Renovierungs- oder komplette Umbauarbeiten. Ein großer Teil dieser Bevölkerungsgruppe verfüge über eine überdurchschnittliche Kaufkraft, einen hohen Ersatzbedarf und eine sehr stark ausgeprägte Konsumbereitschaft, betont Dieter Soth. Der Projektleiter der Firma "Leben ohne Barrieren" sieht einen "gewaltigen Markt" vor allem für das Handwerk: "Die neuen Alten belohnen sich heute mehr als vorhergehende Generationen für ihre Lebensleistung" und seien bereit, dafür auch viel Geld auszugeben.

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Wunsch nach Komplettleistung

Mit zunehmendem Alter der Kunden wächst auch deren Wunsch nach Komplettleistungen und damit nach Beratung aus einer Hand. Gerade ältere Menschen wollten sich nicht um mehrere Handwerker kümmern und dann auch noch Termine abstimmen, das ist Diether Soths Erfahrung. Gewünscht werde ein Gesprächspartner, der sich zum Beispiel bei der Renovierung einer Wohnung um alle notwendigen Gewerke und deren reibungslose Zusammenarbeit kümmere – vom Sanitärfachmann über den Maler, den Elektroinstallateur, den Fliesenleger, den Tischler bis zum Raumausstatter. Das Bau- und Ausbauhandwerk könne dieses Marktsegment noch viel mehr nutzen. Dieter Söth ist davon überzeugt: "Barrierefreies Bauen und Renovieren geht nur Gewerke übergreifend."

Und wann sollte gebaut oder umgebaut werden? Für Roland Willems ist die Antwort ganz einfach. "Jetzt" sagt der Handwerksmeister bei der Tagung in Raesfeld und fügt hinzu: "Solange man noch jung ist." Auf jeden Fall: "Wer heute baut, der sollte barrierefrei bauen." 

Text: Hubertus Kost

Text: / handwerksblatt.de