Ein hastiger Umstieg auf E-Mobilität in Unternehmen kann mit operativen und finanziellen Risiken verbunden sein. Experten raten zu einem schrittweisen Vorgehen. Viele Unternehmen zahlen bei der Umstellung auf alternative Antriebe Lehrgeld. Sie verlassen sich bei der Anschaffung von Fahrzeugen allzu sehr auf die Leistungsversprechen von Herstellerkatalogen.
"Nicht jeder grüne Antrieb ist automatisch umweltfreundlich – und falsch eingesetzt womöglich zu teuer", weiß Axel Schäfer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Betriebliche Mobilität e. V. (BBM). Es kommt auf das Nutzungsprofil an – nicht nur in technischer Hinsicht.
Nur wenn Fahrzeuge die definierten Anforderungen auch auf wirtschaftliche Weise erfüllen, lohnt sich ihre Anschaffung. Somit ist die Dekarbonisierung der Mobilität eine Entscheidung von erheblicher Tragweite.
"Es gilt herauszufinden, ab welchem Zeitpunkt die Gesamtkosten der neuen Technologien voraussichtlich unter denen der fossilen Antriebe liegen", so Majk Strika, Geschäftsführer des für gewerbliche und industrielle Flotten spezialisierten Fuhrparkmanagers und Leasinggebers Holman.
Beispielsweise liegen die Anschaffungspreise von Elektrofahrzeugen, jedenfalls zurzeit noch, zum Teil deutlich über denen vergleichbarer Verbrenner. Skeptiker führen dies gern als Argument gegen deren Einführung ins Feld. Andererseits haben sie signifikant geringere Wartungskosten und das Tanken ist in der Regel günstiger. Bei einer Total Cost of Ownership (TCO)-Betrachtung kann das E-Fahrzeug bereits nach wenigen Jahren günstiger sein. Inwieweit dies auf spezielle Fahrzeuge und Einsatzzwecke zutrifft, steht wiederum auf einem anderen Blatt.
Investititionsbooster fördert E-MobilitätMit dem Investitionssofortprogramm der Bundesregierung gibt es eine neue Förderung für neue und reine Elektrofahrzeuge, die zwischen dem 30. Juni 2025 und vor dem 1. Januar 2028 als Dienstwagen angeschafft werden. Für sie gilt eine besonders hohe Abschreibung von 75 Prozent. Die Preisobergrenze wird von 75.000 Euro auf 100.000 Euro pro Wagen erhöht (Bruttolistenpreis). Das soll die Anschaffung von E-Fahrzeugen explizit für alle Unternehmen, auch KMU, attraktiver machen und die Umstellung auf umweltfreundliche Mobilität unterstützen. Im Jahr nach dem Kauf lassen sich noch zehn Prozent absetzen, im zweiten und dritten Folgejahr jeweils fünf Prozent, im vierten Folgejahr drei Prozent und im fünften Folgejahr zwei Prozent. Mehr zum Investitionsbooster lesen Sie hier
Kontrollierte, stufenweisen Einführung
Experte Strika rät zu einer kontrollierten, stufenweisen Einführung neuer Technologien. Er empfiehlt, zunächst einen überschaubaren Teil der Fahrzeugflotte umzurüsten. So könnten Fahrzeug- und sektorspezifische Erfahrungen gesammelt und analysiert werden, wie sich Fuhrparkleistung und Kostenstruktur verändern.
Falls die Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprechen, wäre die Korrektur durch die geringe Anzahl betroffener Fahrzeuge mit vergleichsweise geringem Aufwand verbunden. Je nach Resultat könnte die Strategie angepasst und schrittweise auf weitere Flottenbereiche übertragen werden.
Das "E" steht auch für Economy
Bei der Transformation des Fuhrparks geht es aber nicht nur um die Einführung neuer Antriebstechniken, sondern auch um eine grundlegende Neubewertung der bestehenden Prozesse. Wenn langjährig eingespielte Abläufe im Zuge einer technologischen Umstellung hinterfragt würden, ergäben sich oft ungeahnte Chancen zur Optimierung und Umstrukturierung.
Das "E" steht nicht nur für elektrische Energie, sondern auch für Economy. Viele Unternehmen sind auf die damit verbundenen Herausforderungen allerdings schlecht vorbereitet. Laut den Experten von Dataforce, der führenden, auf gewerbliche Mobilität spezialisierten Marktforschungsgesellschaft, sind über die Hälfte der Fuhrparks bei der Datenerhebung und Analyse auf Excel-Tabellen angewiesen.
Moderne IT ist der Schlüssel
Um die erforderlichen Auswertungen durchführen zu können, bedarf es dagegen leistungsfähiger Fuhrparkmanagement-Software. Reporting-Tools und Softwarelösungen entfalten ihr volles Potenzial insbesondere dann, wenn sie mit möglichst allen Daten aus Rechnungsprüfungen und Vorgängen, die den Lebenszyklus eines Fahrzeugs beeinflussen, gespeist werden.
"Deshalb sind integrierte Angebote erfahrener Flottenmanagement-Unternehmen den Insellösungen von IT-Dienstleistern deutlich überlegen", so Experte Strika. Sie versetzten den Fuhrparkmanager in die Lage, Kostentreiber zu identifizieren und die zunehmende Komplexität seiner Flotte souverän zu beherrschen. Zumal moderne Elektrofahrzeuge und Hybride ohne IT-Infrastruktur weit unter ihren Möglichkeiten bleiben. Sie verfügen über umfangreiche Datenspeicher, deren Potenzial nur mithilfe entsprechender Software vollständig ausgeschöpft werden kann.
Diese Programme bilden nicht nur die Grundlage für die erfolgreiche Umstellung, sondern ermöglichen langfristig detaillierte Analysen, Rationalisierungen und Kosteneinsparungen. So lasse sich eine nachhaltige und zugleich wirtschaftliche grüne Mobilität realisieren.
Weil einmal getroffene Entscheidungen und Maßnahmen nur mit großem Kostenaufwand revidierten lassen, empfiehlt es sich, abhängig von der Größe des Fuhrparks, auf externe Expertise und Erfahrungen mit der Umrüstung zurückzugreifen.
Zumal die dynamischen Entwicklungen der Elektromobilität und deren regulatorische Rahmenbedingungen zu berücksichtigen sind. Man muss zudem wissen, was die Hersteller im Köcher haben und gegebenenfalls auch technische Entwicklungen abwarten.
Langfristig angelegten Nachhaltigkeitsplan erarbeiten
All dies hat Einfluss auf die TCO des Fuhrparks: auf die Anschaffungs-, Betriebs- und Regiekosten, auf den Ressourcenverbrauch vor Inbetriebnahme und, nicht zu vergessen, auf die spätere Wiedervermarktung. Zudem ist nicht nur den Fuhrpark am Standort, sondern auch die Ladeinfrastruktur an den Wohnorten der Mitarbeitenden zu berücksichtigen. Die Investitionen hierfür sind oft beträchtlich und müssen sorgfältig kalkuliert werden.
Strika: "All dies sollte nicht unter Zeitdruck geschehen, sondern in einen langfristig angelegten Nachhaltigkeitsplan einfließen, der Schritt für Schritt zu den richtigen Zeitpunkten abgearbeitet wird."
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Text:
Manfred Godek /
handwerksblatt.de
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