Deutsche Unternehmen sollen dazu angehalten werden, nicht nur bei sich selbst, sondern auch im Hinblick auf ihre direkten Lieferanten und sogar auf Unternehmen, die in der Lieferkette weiter entfernt stehen, sorgfältig zu handeln, wenn es um Menschenrechte geht. 

Deutsche Unternehmen sollen dazu angehalten werden, nicht nur bei sich selbst, sondern auch im Hinblick auf ihre Lieferanten aus aller Welt sorgfältig zu handeln, wenn es um Menschenrechte geht.  (Foto: © Felix Pergande/123RF.com)

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Das Lieferkettengesetz betrifft mittelbar auch kleine Unternehmen

Kinderschutz, Menschenrechte, Lohngleichheit: Diese Ziele soll das neue Lieferkettengesetz voranbringen. Auch wenn es direkt nur Großunternehmen in die Pflicht nimmt, sind über ihre Geschäftsbeziehungen auch kleinere Betriebe in der Verantwortung.

Das Bundeskabinett hat am 3. März 2021 das Lieferkettengesetz beschlossen. Wenn Bundestag und Bundesrat den Entwurf verabschieden, nimmt das Gesetz ab 2023 deutsche Großunternehmen in die Pflicht, auf die Einhaltung von Menschenrechten in ihrer Lieferkette zu achten. Mittelbar wird damit auch auf kleinere und mittlere Betriebe einiges zukommen. 

Menschenrechte beachten

Das Lieferkettengesetz soll den Kinderschutz, die Freiheit von Sklaverei und Zwangsarbeit, Vereinigungsfreiheit, Gleichbehandlung in der Beschäftigung, angemessene Entlohnung und andere Menschenrechte stärken. Deutsche Unternehmen müssen all diese Rechte natürlich ohnehin schon beachten und der Standard hierzulande ist vergleichsweise hoch.

Bei den ausländischen Zulieferern mag die Lage allerdings anders sein. Und da setzt das Lieferkettengesetz an: Deutsche Unternehmen sollen dazu angehalten werden, nicht nur bei sich selbst, sondern auch im Hinblick auf ihre direkten Lieferanten und sogar auf Unternehmen, die in der Lieferkette weiter entfernt stehen, sorgfältig zu handeln, wenn es um Menschenrechte geht. 

Das Gesetz sieht dabei eine Bemühenspflicht vor, keine Erfolgspflicht. Finden also an einem Punkt in der Lieferkette Menschenrechtsverletzungen statt, obwohl das deutsche Unternehmen die ihm auferlegten Pflichten sorgfältig erfüllt hat, haftet es dafür nicht.

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Bußgelder drohen

Pflichtverletzungen können aber empfindliche Konsequenzen haben. Es drohen Bußgelder in Höhe von bis zu zwei Prozent des weltweiten Umsatzes. Auch können Unternehmen, die die Pflichten nicht erfüllen, von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Schließlich können Gewerkschaften oder Nichtregierungsorganisationen im Wege der sogenannten Prozessstandschaft für die Geschädigten Klage erheben. Manche Verbände fürchten daher schon Klagewellen gegen deutsche Unternehmen. 

Welche Unternehmen sind betroffen?

Unmittelbare Adressaten des Gesetzes sind Unternehmen, die ihren Sitz in Deutschland haben und mindestens 3.000 Arbeitnehmer beschäftigen. Sitzt die Konzernmutter in Deutschland, werden auch die Mitarbeiter in ausländischen konzernangehörigen Gesellschaften mitgezählt. Ab dem 1.1.2024 gilt das Gesetz schon für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern

Mittelbar sind allerdings auch kleinere Unternehmen betroffen. Denn der Gesetzgeber legt den Großunternehmen auf, eine Risikoanalyse durchzuführen und gegebenenfalls Präventionsmaßnahmen gegenüber ihren Lieferanten zu ergreifen. Das Gesetz erwähnt ausdrücklich, dass Unternehmen bei der Auswahl ihrer Zulieferer berücksichtigen sollen, ob sie damit rechnen können, dass "menschenrechtsbezogene Erwartungen" erfüllt werden. Weiter sollen die Großunternehmen ihren unmittelbaren Zulieferern aufgeben, dass auch diese die verlangten menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Vorgaben einhalten und "entlang der Lieferkette angemessen adressieren". 

Um sich entsprechend abzusichern, werden große Unternehmen, die den Pflichten des Lieferkettengesetzes unterliegen, daher wohl zukünftig in stärkerem Maße auch von ihren kleineren Zulieferern verlangen, dass diese selbst Präventionsmaßnahmen ergreifen und ihnen diese gegebenenfalls direkt vorgeben.

Was zu tun ist

Auch kleinere und mittelgroße Betriebe, die Großunternehmen beliefern, sollten das Thema nicht erst angehen, wenn sie von diesen in die Pflicht genommen werden. Erste, schon jetzt sinnvolle Schritte können sein:

• Prüfen, welche Großunternehmen zu den Auftraggebern gehören, die demnächst dem Lieferkettengesetz unterfallen.

Verträge mit Auftraggebern daraufhin durchsehen, ob sie bereits Vorgaben zu sozialen oder Umweltschutz-Themen machen, und welche Vertragsstrafen vielleicht vorgesehen sind.

• Klären, ob der eigene Betrieb selbst Waren aus dem Ausland bezieht, bei denen der Hersteller möglicherweise als kritisch mit Blick auf die Produktionsbedingungen einzustufen ist. 

EU hat noch weitergehende Pläne

Verfolgen sollten Handwerksbetriebe zudem, was aus Richtung der EU kommt: Die EU-Kommission hat für den Sommer die Vorlage eines eigenen Lieferkettengesetzes angekündigt, das wohl Unternehmen aller Größenordnungen einbeziehen soll. Spätestens dann kommen Mittelständler, wenn sie Produkte aus dem Ausland beziehen, nicht daran vorbei, sich mit dem Thema zu befassen.

Auch ist damit zu rechnen, dass die Risikomanagementprogramme der Großbetriebe durch Vertragsstrafen in Richtung Zulieferer flankiert werden. Wer die Regeln nicht erfüllen kann oder will, muss damit rechnen, durch einen anderen Lieferanten ersetzt zu werden. Auch die Zulieferer werden also allen Anreiz haben, wiederum gegenüber den eigenen Lieferanten auf die Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfalt zu achten. 

Autor Oliver Korte ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Vertriebs- und Handelsrecht bei der Kanzlei SKW Schwarz   

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Text: / handwerksblatt.de

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