Die bläulich wirkende Decke bringt mit ihrem wie vom Himmel abgestrahlten Licht dem Menschen Kraft und Energie.

Die bläulich wirkende Decke bringt mit ihrem wie vom Himmel abgestrahlten Licht dem Menschen Kraft und Energie. (Foto: © Matthias Ettinger / Zumtobel)

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Forschung: Vom Auf und Ab des Lichts

Betriebsführung

Licht, seine Farbe und seine Intensität haben großen Einfluss auf Körper und Geist. Ein neues Forschungsergebnis zur Arbeitsplatzbeleuchtung kann als Handlungsanleitung für Unternehmer verstanden werden.

Die Probanden im Institut für Licht und Gesundheit der Hochschule München sollten sich anstrengen: erst einen Text lesen und dann einen Gedächtnistest absolvieren. Gemessen wurden ihre Fehlerquote und die Reaktionszeit und wie sehr sie sich für ihre Aufgabe anstrengen mussten – dafür diente die Herzkontraktion als Maßstab, denn je anstrengender eine Tätigkeit ist, desto stärker schlägt das Herz.

"Der Kern der Untersuchung war, dass unsere Probanden ihre Aufgaben in unterschiedlichen Lichtszenarien ausführten", berichtet Johannes Zauner, Doktorand an dem Institut, Leiter der Studie, Master der Architektur und Bachelor der Innenarchitektur. "Und wir haben tatsächlich unterschiedliche Ergebnisse je nach Licht feststellen können."

Untersuchung des Zusammenhanges von Licht und Anstrengung

Am günstigsten für den Menschen wirkt Tageslicht. Büroarbeitsplätze sollten entsprechend nah am Fenster liegen. Foto: © Matthias Ettinger / ZumtobelAm günstigsten für den Menschen wirkt Tageslicht. Büroarbeitsplätze sollten entsprechend nah am Fenster liegen. Foto: © Matthias Ettinger / Zumtobel

Was war genau passiert? "Wir wollten den Zusammenhang von Licht und Anstrengung bei einer üblichen Arbeitsplatzbeleuchtung untersuchen", so Zauner. Die Helligkeit in unserem Versuchsaufbau war immer gleich, 500 Lux auf der Arbeitsoberfläche, was der gängigen EU-Norm zur künstlichen Beleuchtung in Innenräumen entspricht.

Die Wissenschaftler variierten aber die Lichtfarbe. In einem Aufbau gab es die bürotypische, neutral weiße LED-Beleuchtung von 4.000 Kelvin, in einem weiteren viel flächiges, kühlblaues Licht von 7.000 Kelvin von oben – wie an einem hellen Morgen – und in einem dritten schließlich eine abendlich rötliche Beleuchtung von 2.700 Kelvin von der Seite.

Verblüffende Ergebnisse

"Die Ergebnisse haben selbst uns verblüfft", erzählt Zauner. "Um ihre Aufgaben gleich gut zu lösen, mussten sich die Probanden bei 4.000 Kelvin am meisten anstrengen. Morgens war ganz klar das Szenario mit 7.000 Kelvin am wenigsten anstrengend, aber auch am Abend wirkte die 4000-Kelvin-Beleuchtung am ungünstigsten, 2.700 und 7.000 Kelvin hatten identische Wirkung."

Die Ursache dafür kennen die Lichtexperten noch nicht. "Aber eine Empfehlung können wir schon jetzt geben", freut sich Zauner, der neben seiner Forschungsarbeit als Planer im auf Licht spezialisierten Ingenieurbüro 3lpi arbeitet und besonders auf die praktische Umsetzung der Forschungsergebnisse achtet. "Unternehmer sollten zum einen möglichst viel Tageslicht in die Räume holen und darüber hinaus die Möglichkeit moderner LED-Leuchten nutzen, um die künstliche Beleuchtung den Tageszeiten anzupassen", rät er. "Eine den ganzen Tag gleiche 4.000-Kelvin-Beleuchtung strengt Mitarbeiter unnötig an." Zwar haben die Wissenschaftler nur Unterschiede von wenigen Prozent zwischen den verschiedenen Lichtszenarien gemessen, "aber über viel Jahre zehrt die zusätzliche Belastung unnötig an den Kraftreserven".

Energieeffiziente und angenehme Beleuchtung

In Bereichen, in denen sich – wie in einem Treppenhaus – Menschen nur kurz aufhalten, reicht eine Beleuchtung nach archtitektonischen und technischen Erfordernissen. Foto: © Matthias Ettinger / ZumtobelIn Bereichen, in denen sich – wie in einem Treppenhaus – Menschen nur kurz aufhalten, reicht eine Beleuchtung nach archtitektonischen und technischen Erfordernissen. Foto: © Matthias Ettinger / Zumtobel

Wie sich neue Lichtkonzepte auch in bestehenden Gebäuden umsetzen lassen, konnte Zauner schon 2013 in einem Projekt der Hochschule München mit der Bundesstiftung Umwelt (DBU) erfahren. In Landsberg am Lech angesiedelte Behindertenwerkstätten hatten ein neues Werksgebäude mit einer Schreinerei und Büros bekommen. Es sollte eine energieeffiziente und für die Nutzer angenehme Beleuchtung installiert werden. "Man wusste damals schon, dass Licht Einfluss auf die Gesundheit hat", erinnert sich Zauner.

"Wir haben bei unserer Planung möglichst viel Tageslicht in den Raum geholt, indem wir etwa die Verglasung optimiert haben oder Heizstrahler unter dem Sägezahndach so verschoben haben, dass das Licht aus den Glasflächen in der Decke ungehindert in die Räume fallen konnte." Außerdem wurde die hölzerne Unterkonstruktion des Daches weiß gestrichen – denn Holz schluckt den blauen Anteil des Lichtes, deshalb sieht es ja auch braun aus.

Für die Winterzeit brauchte die Halle zusätzlich Kunstlicht. "Wir installierten Hallenstrahler mit LED und Leuchtstofflampen von 17.000 Kelvin, bildeten den Himmel nach, indem die Decke auch das künstliche Licht zurückstrahlte." Auf den Arbeitsflächen wurde die Lichtstärke dadurch nur geringfügig stärker, aber an den Augen kam durch die flächige Abstrahlung von oben doppelt so viel Strahlung an.

Ab dem späten Vormittag wurde der kühle Indirektanteil, also die Leuchtstofflampen, ausgeschaltet. "In dem Fall gab es keinen Abendmodus, da die Mitarbeiter nur von 8 bis 17 Uhr dort arbeiteten", erzählt Zauner. "Würden die Räume auch abends genutzt, wäre eine wärmere Lichtfarbe zu empfehlen."

Besserer Schlaf, größere Leistungsfähigkeit und gesteigertes Wohlbefinden

Der die sozialwissenschaftliche Begleitforschung leitende Elektroingenieur und Mediziner Dr. Herbert Plischke, Professor an der Hochschule München und heute Zauners Doktorvater, erfasste bemerkenswerte Auswirkungen: Wer viel Zeit in den Werkstätten der neuen Halle mit der optimierten Beleuchtung verbrachte, schlief im Winterhalbjahr besser, zeigte eine größere Leistungsfähigkeit und sprach von gesteigertem Wohlbefinden. Im Sommerhalbjahr reichte das üppige Tageslicht für diese Effekte.

Das Thema Licht beim Arbeiten lässt Zauner indes nicht los. Zusammen mit einer Berufsgenossenschaft werden er und seine Kollegen eine Industriehalle mit möglichst gutem Licht ausstatten. Nach lichtwissenschaftlichen Kriterien.

Text: / handwerksblatt.de