Handwerk protestiert: Material wird knapp und zu teuer!
Die Einkaufspreise für Materialien explodieren und Lieferengpässe sind an der Tagesordnung. Sanitär- und Elektrohandwerk wehren sich mit einem Appell an die Händler.
"Es reicht!" Das sagt Michael Hilpert, Präsident des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) an die Adresse der Marktpartner aus Industrie und Großhandel. "Anders als diese können wir im SHK-Handwerk das Problem der aktuellen exorbitanten Preissteigerungen bei Baumaterialien eben nicht so einfach bei unseren Kunden abladen."
Wir lesen, hören und sehen es fast täglich: Die Einkaufspreise für Baumaterialien werden in kurzen Intervallen ohne ausreichenden Vorankündigungszeitraum angezogen. Zwei bis drei Preissteigerungen für ein und dasselbe Produkt in immer kürzer werdenden Abständen sind keine Seltenheit mehr. So kosten derzeit Dämmstoffe und verzinkte Stahlbleche bis zu 60 Prozent mehr als im ersten Quartal 2020, Rohre bis zu 50 Prozent. Für Fussbodenheizungen mit Wärmeleitlamellen muss man bis zu 27 Prozent mehr zahlen, für Heizkörper und Spülkästen bis zu 14 Prozent, teilt der Verband auf Nachfrage des Deutschen Handwerksblatts mit.
"Uns, als letzte Stufe im Vertriebsweg, stellt das vor massive Probleme", erklärt Hilpert auch als betroffener SHK-Unternehmer. Preiserhöhungen seien zwar generell nachvollziehbar. Kein Unternehmen könne erfolgreich arbeiten, wenn die Preise nicht auskömmlich seien. "Das heißt aber auch, wir alle müssen erforderliche Preissteigerungen an den Kunden weiterreichen können. Und dabei fühlen wir uns gerade allein gelassen. Denn wie sollen wir so bei mittel- bis langfristigen Baumaßnahmen vernünftig kalkulieren und vor allem bei bereits abgeschlossenen Verträgen nachträgliche Kostensteigerungen weitergeben? Verlässlichkeit in der Marktpartnerschaft sieht anders aus."
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Offener Affront
Es sei völlig egal, worin die Gründe für die teils massiven Preissteigerungen lägen. "Dass Hersteller und Großhandel sich hier kalt lächelnd zurücklehnen und im Zweifel das SHK-Handwerk die Suppe auslöffeln lassen, empfinde ich als offenen Affront. Wir haben es ohnehin schwer genug, uns im dreistufigen Vertriebsweg zu behaupten. Wir kämpfen jeden Tag darum, Kunden nicht an den Onlinehandel zu verlieren", betont der ZVSHK-Präsident.
Die völlig außer Kontrolle geratene Preisspirale beschere zur Unzeit einen wachsenden Vertrauensverlust der Endkunden. Wenn Materialpreissteigerungen sich im üblichen zeitlichen Rahmen bewegten, könnten die Betriebe damit kalkulieren. Aber nicht wenn – wie jetzt geschehen – kurzfristig Steigerung auf Steigerung erfolge.
Preise müssen begründet und transparent werden!
Die Preise galoppieren; die Medien sprechen schon von einer "Bauflation". "Ich appelliere deshalb an alle Hersteller und Großhändler unserer Branche: Reicht Eure Preiserhöhungen "verträglich" weiter", so Hilpert. "Begründet sie. Macht sie transparent. Konfrontiert uns nicht mit so kurzen Fristen, dass unsere Materialkalkulationen das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen."
Massive und überraschende Preissprünge könne man eben nicht an die Kunden weiterreichen. Die Handwerker seien die Gelackmeierten. Vertrauen in Liefer- und Kundenbeziehungen sei ein hohes Gut. Und es wird immer wichtiger für den Erfolg am Markt. "Ich kann nur warnen: Verspielt dieses Vertrauen nicht!" mahnt Hilpert.
"Meinen Kolleginnen und Kollegen in den Innungsbetrieben empfehle ich: Befristet Eure Angebote! Oder verseht sie zumindest mit einem Preissteigerungsvorbehalt. Eine weitere Option, kurzfristigen Preissteigerungen nicht tatenlos zusehen zu müssen, besteht darin, sich angebotsbezogen angefragte Einkaufspreise bis Projektabschluss zusichern zu lassen.
Ein kostenloses Merkblatt des ZVSHK gibt weitere Hinweise und Tipps dazu, > hier können Mitgliedsbetriebe es herunterladen.
Auch Elektrohandwerk protestiert
Dasselbe Problem hat auch das Elektrohandwerk: Hier droht trotz voller Auftragsbücher und anziehender Nachfrage Unheil, teilt der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) mit. Denn zum einen könnten Aufträge aufgrund sich verschärfender Lieferengpässe bei nahezu allen relevanten Produkten nicht mehr abgearbeitet werden – erste Lieferengpässe hatte es bereits im Frühjahr 2020 gegeben, damals waren vor allem Produkte aus den Bereichen "Licht und Beleuchtung", "Gebäudeautomation" sowie "Erneuerbare Energien" und "Elektrogeräte" betroffen. Zum anderen reagierten die Hersteller mit zum Teil empfindlichen Preissteigerungen auf die stark zunehmende Materialknappheit.
Für die Elektrohandwerke werde beides zum Problem: Sie könnten die höheren Preise nicht so einfach an ihre Kunden weitergeben und müssen im schlimmsten Fall Aufträge wegen fehlenden Materials und fehlender Bauteile auf Eis legen oder sogar komplett absagen. Bei den Kunden, für die der jeweilige Elektrohandwerker vor Ort Ansprechpartner ist, sorgte das, insbesondere in Krisenzeiten, für Unverständnis und Unmut.
Die elektrohandwerklichen Betriebe aber treffen Lieferengpässe und Preissteigerungen an einer empfindlichen Stelle: Ändert sich nichts an der Situation, droht vielen das Schicksal, in absehbarer Zeit Kurzarbeit anmelden und dramatische Einnahmeausfälle verkraften zu müssen. Es droht eine wirtschaftliche Schieflage ohne Not!
Appell an die Händler
"Die Elektrohandwerke mit ihren 516.000 Beschäftigten und 46.000 Auszubildenden waren in der gesamten Corona-Krise ein Wirtschaftsmotor. Unsere Mitgliedsbetriebe haben aufgrund ihrer Systemrelevanz trotz der Pandemie weitergearbeitet, nur selten Kurzarbeit angemeldet und damit nicht zuletzt wirtschaftlich für Stabilität gesorgt", macht ZVEH-Präsident Lothar Hellmann deutlich: "Es kann daher nicht sein, dass nun unsere Branche die Liefer- und Beschaffungsprobleme sowie die Materialknappheit ausbaden muss. Auch verwahre ich mich dagegen, dass die Hersteller den E-Handwerken den Schwarzen Peter zuzuschieben versuchen, indem sie damit argumentieren, das Handwerk stelle bezüglich der Auftragsabarbeitung den Flaschenhals dar. Die Elektrohandwerke sind hinsichtlich der Beschäftigten- und Lehrlingszahlen sogar in der Krise weitergewachsen und stellen innerhalb des dreistufigen Vertriebs von jeher einen starken Partner dar. Wollen wir die Corona-bedingten Probleme bewältigen, geht das nur gemeinsam, indem wir nach konstruktiven Lösungen suchen."
Der ZVEH appelliert daher an Hersteller und Elektrogroßhandel, gegen die Engpässe in der Lieferkette anzugehen und die Problematik nicht durch überzogene Preissteigerungen weiter zu verschärfen.
Rohstoffkrise Preissteigerungen und Lieferengpässe bei Bauholz, Dämmstoffen und Metallen: Die Betriebe fürchten Kurzarbeit trotz voller Auftragsbücher. Lesen Sie > hier mehr!
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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