Handwerkskammer bewährt sich als Helfer in der Krise
Betriebsberaterin Andrea Mücke hat schon viele Krisen mit den Handwerkern im Kammerbezirk Leipzig durchgestanden. Corona sei jedoch "ein ganz neues Szenario". Die wichtigste Lehre daraus: An der Digitalisierung geht für die Unternehmen kein Weg mehr vorbei.
Seit der ersten Stunde nach der Wende gehört Andrea Mücke zur Betriebsberatung der Handwerkskammer zu Leipzig. Mitte der 90er hat sie deren Leitung übernommen. Über die Jahre ist die diplomierte Wirtschaftsingenieurin mit den Handwerkern schon durch so manches Tal gegangen, etwa bei den beiden Flutkatastrophen im Sommer 2002 und 2013. Doch die Corona-Pandemie ist selbst für die krisenerprobte Betriebsberaterin "ein ganz neues Szenario". Vom staatlich verordneten Shutdown sei die Wirtschaft des gesamten Freistaates bis hin zum privaten Bereich der Arbeitgeber und Arbeitnehmer betroffen. "Da Kitas und Schulen geschlossen wurden und die Eltern abwechselnd ihre Kinder betreuen mussten, sind einigen Unternehmen die Mitarbeiter weggebrochen", hat Andrea Mücke in Gesprächen mit Autohäusern und Kfz-Werkstätten an der Telefon-Hotline erfahren.
Auswirkungen kaum vorhersagbar
Hinzu kommen die finanziellen Einbußen. Aufträge wurden storniert, die Umsätze brachen ein, die Beschäftigten mussten in Kurzarbeit geschickt werden. "Zu Anfang der Corona-Krise lag der Schwerpunkt unserer Beratungen ganz klar darauf, welche Zuschüsse und Darlehen es gibt. Seit Mitte April geht es verstärkt darum, wann die Geschäfte wieder geöffnet werden dürfen und welche Auflagen sie erfüllen müssen", hat Andrea Mücke beobachtet. Wie sich der wirtschaftliche und gesellschaftliche Stillstand langfristig auf das Handwerk auswirken wird, kann die Leiterin der Betriebsberatung trotz ihrer Erfahrung mit Krisen kaum vorhersagen. Zu unterschiedlich seien die einzelnen Gewerke aufgestellt. "Während die Bauhandwerker noch fleißig arbeiten konnten, mussten die Kosmetiker und Friseure ihre Läden vier bis sechs Wochen komplett schließen."
Kundengewinnung nach der Corona-Krise Betriebsberater der HWK zu Köln: "Keine Rabattschlacht anzetteln!"2019 hat das zulassungspflichtige Handwerk bundesweit fast vier Prozent mehr Umsatz erwirtschaftet als im Vorjahr. Besonders das Bauhaupt-, Kfz- und Gesundheitsgewerbe konnten ein schönes Plus verbuchen. Keine schlechten Vorzeichen für 2020. "Vor dem Ausbruch des Corona-Virus konnten sich die Handwerker nicht über einen Mangel an Aufträgen beschweren", meint Andrea Mücke. Nun ist fraglich, wann die aufgeschobenen Projekte umgesetzt werden, die Wirtschaft wieder in Fahrt kommt und ob sich die Umsatzeinbußen bis zum Jahresende noch halbwegs kompensieren lassen. Auf lange Sicht gesehen hängt davon auch ab, wie die Unternehmen die vom Freistaat Sachsen zur Verfügung gestellten Darlehen abbezahlen können. "In den ersten drei Jahren sind sie tilgungsfrei. Danach wird sich zeigen, wer sie bedienen kann oder wem die Krise zu sehr zugesetzt hat."
Wichtige Lehre aus der Krise
Arbeiten nach der Corona-Krise Betriebsberaterin der HWK Dortmund: Mehr Homeoffice nach der KriseDie Auftragsrückgänge und Umsatzeinbußen haben offenbar zu einem Umdenken geführt. Eine wichtige Lehre aus der Krise: An der Digitalisierung geht kein Weg mehr vorbei. Das zeigt sich schon an vermeintlichen Kleinigkeiten. So mussten die Anträge auf ein Darlehen bei der Sächsischen Aufbaubank online gestellt werden. "Die einen wollten es nicht am Computer machen, andere konnten es nicht, weil die Internetversorgung in ihrer Region zu wünschen lässt." Dass sich in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverboten auch Waren über das Internet verkaufen lassen, dürfte so manchem geholfen haben.
Bei einer Neuausrichtung des Vertriebs sollte das Online-Geschäft als zusätzliches Standbein mit berücksichtigt werden. "Nach den Hochwassern mussten die Betriebe investieren, weil die Maschinen schrottreif waren. Nun wird man Geld in die Hand nehmen, um die Digitalisierung voranzutreiben", ist Andrea Mücke überzeugt. Nach den Betriebsberatern werden bei der Handwerkskammer zu Leipzig dann wohl die Beauftragten für Innovation und Technologie (BIT) viel zu tun bekommen.
Kammer hat ständig informiert
Andrea Mücke ist überzeugt davon, dass sich die Handwerkskammer in der Krise als zuverlässiger Partner ihrer Mitglieder bewährt hat. In Spitzenzeiten sei die Hotline von acht bis 20 Uhr besetzt gewesen. Darüber hinaus wurden die Betriebe auf der Internetseite und in den sozialen Medien zeitnah mit aktuellen Informationen versorgt. "Dafür haben wir viel Lob am Telefon und etliche positive Kommentare auf Facebook erhalten. Die Handwerker haben gemerkt, dass wir uns um ihre Sorgen und Probleme kümmern."
Text:
Bernd Lorenz /
handwerksblatt.de
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