Was ist Mitarbeitenden im Handwerk wirklich wichtig?
Claudia Steil, Betriebsberaterin bei der Handwerkskammer Trier, hilft Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Handwerk, diese Frage in Ihrem Betrieb zu klären.
Zufriedenheit entsteht nicht zufällig – sie basiert auf einem ausgewogenen Zusammenspiel von Arbeitsbedingungen, Führung und persönlichen Werten. Doch was wünschen sich Mitarbeitende im Handwerk tatsächlich? Was motiviert sie? Und wie gut passt das zum eigenen Betrieb?
Frau Steil, Sie arbeiten in der Beratung mit dem Tool MotivSORT. Was genau ist das?
Steil: MotivSORT ist ein Instrument, mit dem Unternehmen die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden erfassen und mit den betrieblichen Gegebenheiten abgleichen können. Es bietet eine strukturierte Grundlage für Mitarbeitergespräche, ist psychologisch fundiert und wissenschaftlich validiert. Am Ende entsteht ein klares Bild der IST-Situation – aus Sicht der Mitarbeitenden – und daraus lassen sich sehr gezielt Maßnahmen ableiten.
Was unterscheidet ein MotivSORT-Gespräch von einem klassischen Mitarbeitergespräch?
Steil: Klassische Gespräche drehen sich meist um Leistung, Verhalten oder Zielvereinbarungen. Mit MotivSORT gehen wir einen Schritt weiter: Es geht um Werte, Bedürfnisse und Motivation. Die Mitarbeitenden sortieren 15 Karten mit verschiedenen Motiven – zum Beispiel »persönliches Feedback«, »Eigenverantwortung« oder »Bezahlung« – nach ihrer individuellen Wichtigkeit. Danach bewerten sie, wie sehr diese Motive in ihrem Unternehmen erfüllt sind. Daraus entstehen sehr persönliche, aber gleichzeitig systematische Gespräche mit hoher Relevanz.
Wie geht es nach den Gesprächen weiter?
Steil: Die Ergebnisse werden anonymisiert ausgewertet und fließen in einen sogenannten Betriebsmonitor ein – ein Überblick über die Prioritäten und Zufriedenheit im Unternehmen aus Sicht der Mitarbeitenden. Dieser Betriebsmonitor zeigt: Was ist meinen Mitarbeitenden besonders wichtig? Wie gut sind wir in diesen Bereichen aufgestellt? Wo besteht Handlungsbedarf? So entsteht eine Art Hitliste der unternehmerischen Rahmenbedingungen. Für die Unternehmensleitung ist das eine fundierte Entscheidungsgrundlage für gezielte Maßnahmen in der Personal- und Organisationsentwicklung.
Gibt es auch einen Vergleich zu anderen Betrieben?
Steil: Ja – auf Wunsch können Betriebe ihre Ergebnisse mit dem Betriebsmonitor Rheinland-Pfalz vergleichen. Dieser fasst die Ergebnisse aus allen Betrieben im rheinland-pfälzischen Handwerk zusammen. Die wichtigsten 5 Themen im Jahr 2024 in Rheinland-Pfalz waren, etwa 1. Bezahlung, 2. Kollegialität und Unterstützung, 3. Eigenverantwortung, 4. Arbeitszeit und 5. Persönliche Weiterbildung und Entwicklung. Besonders aufschlussreich wird es, wenn Betriebe MotivSORT regelmäßig einsetzen und einen Vergleich zum Vorjahr ziehen können: Sind wir bei den Themen besser geworden, die wir uns vorgenommen haben? Was passiert mit den Bedürfnissen unserer Mitarbeitenden in Krisenzeiten wie Corona oder dem Ukraine-Krieg? Und wie können wir als Unternehmen sinnvoll darauf reagieren?
Wie läuft die Einführung in einem Betrieb konkret ab?
Steil: Wir beraten individuell, wie der Einsatz gestaltet werden kann – entweder durch die Geschäftsführung selbst oder mit externer Begleitung. Nach einer Schulung der Verantwortlichen werden die Mitarbeitenden ausführlich über Ziel und Ablauf informiert. Erst dann beginnen die Gespräche. Je nach Bedarf führe ich die Gespräche auch persönlich durch – zum Beispiel bei sensiblen Themen oder in Umbruchsituationen. Einige Beispiele: Bei Übernahme, Generations- und/oder Führungswechseln hilft MotivSort, Vertrauen aufzubauen und einen gemeinsamen Neuanfang zu gestalten. Oder bei neuer Aufgabenverteilung oder Reorganisation: Wenn Zuständigkeiten verändert werden, ist es wichtig, Motivation, Eigenverantwortung und Entwicklungschancen im Blick zu behalten. Auch bei Teamkonflikten mit schwelenden Spannungen im Team können strukturierte Gespräche helfen, Bedürfnisse zu klären und Missverständnisse aufzulösen. Auch bei Rückkehr nach längerer Krankheit oder Elternzeit erleichtert ein Gespräch über Bedürfnisse und Rahmenbedingungen den Wiedereinstieg – und signalisiert Wertschätzung. Nach den Gesprächen erstellen wir auf Wunsch den Betriebsmonitor. Dieser fasst alle individuellen MotivSORTs in einem Übersichtsbild zusammen und liefert somit Ansatzpunkte für die betriebliche Weiterentwicklungen.
Was berichten Betriebe, die bereits mit MotivSORT arbeiten?
Steil: Die Rückmeldungen sind durchweg positiv. Führungskräfte schätzen die Klarheit und Struktur, Mitarbeitende fühlen sich gehört. Es kommen oft Themen auf den Tisch, die sonst im Arbeitsalltag untergehen. Gerade im Handwerk, wo der persönliche Kontakt und der Teamgedanke eine große Rolle spielen, ist MotivSORT ein wertvoller Impulsgeber für Zusammenarbeit und Bindung. Michael Fandel, Zimmerermeister, Hochbautechniker & Geschäftsführer, Hecker Holzbau GmbH Mettendorf: "MotivSORT gibt Sicherheit und Struktur beim Führen der Mitarbeitergespräche. Das Unternehmen bekommt Feedback/einen Überblick über die Situation im Team und im Betrieb und kann bei Bedarf dort eingreifen/ändern/verbessern, wo Bedarf besteht."
Welche Hürden gibt es bei der Einführung?
Steil: Wie bei jeder Veränderung braucht es gute Kommunikation im Vorfeld. Mitarbeitende sollten verstehen, worum es geht und was mit den Ergebnissen passiert. Zeitliche Ressourcen müssen eingeplant werden – etwa eine Stunde pro Gespräch. Doch der Aufwand lohnt sich: Wer weiß, was die Mitarbeitenden bewegt, kann gezielt handeln und langfristig binden.
Wie häufig sollte MotivSORT eingesetzt werden?
Steil: Am besten einmal im Jahr – oder anlassbezogen, zum Beispiel bei Veränderungen in der Organisation oder bei neuen Aufgaben einzelner Mitarbeitender. Nur so bleibt man dauerhaft im Dialog und kann Entwicklungen aktiv mitgestalten.
Hintergrund: MotivSORT Hintergrund Hier gibt es alle Infos rund um das Thema MotivSORT.
Kontakt Claudia Steil, Betriebsberaterin, Tel. 0651 207109, E-Mail: csteil@hwk-trier.de
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Text:
Constanze Knaack-Schweigstill /
handwerksblatt.de
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