Hemmschuh Bürokratie
Vor dem Sonderausschuss des Landtags zum Bürokratieabbau fordert das Handwerk die Politik auf, endlich bürokratische Hürden niederzureißen.
Handwerk und Mittelstand in Brandenburg leiden seit Jahren unter der ausufernden Bürokratie. Sie wurde durch eine Unmenge an Verordnungen geschaffen, die oft völlig an der Realität vorbeigehen und die Betriebe viel Zeit und Geld kosten. Ein Sonderausschuss des Landtags soll nunmehr für Bürokratieabbau sorgen. Daher waren jüngst Vertreter des märkischen Handwerks in den Sonderausschuss eingeladen, um mit den Fachpolitikern des Landtags und dem ebenfalls anwesenden Wirtschaftsminister Daniel Keller darüber zu sprechen, wo sich die Betriebe eine möglichst schnelle Verschlankung der bisherigen Regelungen erhoffen. Ralph Bührig, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Potsdam, berichtete, dass die Bürokratie "der Hemmschuh Nummer eins für junge Menschen" sei, sich selbstständig zu machen. Er berief sich dabei auf eine Umfrage unter Handwerkern, die sich in einer Meisterausbildung befinden. "Diese Leute sagen uns: "Wir haben keine Lust, am Schreibtisch zu sitzen, wir wollen unser Handwerk ausüben", so Bührig. Diese Haltung sei mehr als nachvollziehbar, schließlich hat der durchschnittliche Handwerksbetrieb in Brandenburg rund vier Beschäftigte – inklusive Meister. Obwohl die Firmen sehr klein sind, haben die Meister erhebliche Dokumentations-, Nachweis- und Meldepflichten zu erfüllen, die neben der eigentlichen Arbeit zu erledigen sind und die das Führungspersonal oft an die Grenzen der Belastbarkeit führen.
Effizientere Vergabe: Handwerker fordern Reformen
In der Anhörung kamen auch Praktiker aus Handwerksbetrieben zu Wort. Christian Lau, Klempnermeister und Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Uckermark, machte seinem Unmut Luft. Wenn man einen öffentlichen Auftrag ergattern wolle, müssten zehn bis 15 Formulare ausgefüllt werden. Für jeden Betrieb, der bei der Vergabe dann leer ausgehe, sei das vergebliche Mühe. Es wäre wesentlich effektiver, wenn künftig die Firma, die am Ende den Zuschlag erhält, die Formulare nachreichen könnte. Außerdem sollte man sich von dem Prinzip trennen, dass immer das billigste Angebot genommen werde. Lau: "Dass eine Dachlatte nicht zehn Cent kostet, sondern zehn Euro – und dass dann Nachforderungen kommen, ist doch vorher klar." An diesem Punkt legte Malermeister Sven Thielicke aus Ludwigsfelde, zugleich Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Teltow-Fläming, nach: "Der billigste Anbieter pfuscht, und dann müssen hinterher andere Kollegen – wie beispielsweise meine Mitarbeiter – zum Ausbessern kommen." Thielicke empfiehlt stattdessen das Schweizer Modell: Der billigste und der teuerste Anbieter fallen raus, und den Zuschlag bekommt der Betrieb, der dem kalkulierten Mittelwert am nächsten kommt.
Wirtschaftsminister Keller versprach, die direkte Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand zu "vereinfachen, beschleunigen und entbürokratisieren". Dafür sollen etwa die Wertgrenzen angehoben werden. Erst ab diesen Grenzen muss dann ein Vergabeverfahren gestartet werden. Bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungen soll die Grenze pro Auftragswert von derzeit 1.000 Euro auf 100.000 Euro erhöht werden.
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Text:
Karsten Hintzmann /
handwerksblatt.de
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