Eine Anwesenheitsprämie ist eine finanzielle Belohnung von Mitarbeitenden, die wenig oder gar nicht krank sind

Eine Anwesenheitsprämie ist eine finanzielle Belohnung von Mitarbeitenden, die wenig oder gar nicht krank sind (Foto: © Patricia Hofmeester/123RF.com)

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Mit Anwesenheitsprämien den Krankenstand reduzieren?

Betriebsführung

Die Krankmeldungen von Arbeitnehmern stiegen zuletzt auf Rekordhöhe. Manche Firmen wollen mit Anwesenheitsprämien gegensteuern. Ein Experte erklärt, was das Arbeitsrecht dazu sagt.

Arbeitnehmer waren 2022 in Deutschland durchschnittlich 15 Arbeitstage krank gemeldet – knapp vier Tage mehr als noch 2021. Im 1. Halbjahr 2023 hat die IKK classic eine Rekordzahl an Krankschreibungen registriert. Mit insgesamt 1.540.543 Fällen von Arbeitsunfähigkeit (AU) verzeichnete die Krankenkasse einen Anstieg um 21,57 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr.

Immer mehr Arbeitgeber denken deshalb über sogenannte Anwesenheitsprämien nach. Nils Wigger, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Wittig Ünalp, ordnet die Maßnahme arbeitsrechtlich ein.

Sonderleistung als Belohnung

Eine Anwesenheitsprämie ist eine finanzielle Belohnung von Mitarbeitenden, die wenig oder gar nicht krank sind. Es handelt sich dabei um eine Sonderleistung, die zusätzlich zum Gehalt ausgezahlt wird. Die Prämie kann als laufende oder als einmalige Zahlung ausgezahlt werden. Zweck ist die Verringerung der Fehlzeiten im Unternehmen.

Wie könnte eine Anwesenheitsprämie konkret aussehen?

Möglich ist zum Beispiel eine Prämie von 150 Euro pro Quartal, die ausgezahlt wird, wenn innerhalb des Quartals keine Arbeitsunfähigkeit besteht. Sollten Mitarbeitende doch erkranken, wird die Prämie pro Fehltag um ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, gekürzt. Diese maximale Kürzung schreibt das Entgeltfortzahlungsgesetz vor.

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Ein Rechenbeispiel: Verdient eine Arbeitnehmerin 50.000 Euro im Jahr und die Anzahl der Arbeitstage liegt bei 250 Tagen in dem Jahr, so kann die ausgelobte Anwesenheitsprämie pro Tag der Arbeitsunfähigkeit um 50 Euro (50.000 Euro : 250 : 4) gekürzt werden.

Worauf ist rechtlich noch zu achten?

Eine gesetzliche Grundlage für die Anwesenheitsprämie gibt es nicht. Zu beachten ist allerdings § 4 a Entgeltfortzahlungsgesetz, der eine Kürzung der Prämie genau festgelegt. Die Rechtsgrundlagen für die Anwesenheitsprämie sind demnach ausschließlich der Arbeitsvertrag sowie Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge.

Wie sinnvoll ist eine Anwesenheitsprämie?

Die Anwesenheitsprämie soll Mitarbeitenden einen Anreiz geben, besonders auf ihre Gesundheit zu achten und so Krankschreibungen vermeiden. Für Fachanwalt Wigger kann das zwar funktionieren, ist aber gut zu überlegen. Denn: "Die Einführung einer Anwesenheitsprämie drückt Misstrauen gegenüber den Arbeitnehmer:innen aus", merkt er an. "Sie impliziert, Mitarbeitende würden ohne die Prämie 'krank machen'. Das kann sich negativ auf das Betriebsklima und damit auch auf die Leistung auswirken." Außerdem motiviere die Prämie dazu, krank zur Arbeit zu erscheinen, was im schlimmsten Fall zu einer Krankheitswelle im Betrieb führen kann.

"Hinzu kommt, dass nicht alle Arbeitnehmer:innen die gleichen Chancen haben, eine solche Prämie zu erhalten. Bei älteren oder vorerkrankten Personen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass diese keine Prämie erhalten", betont Wigger.  Sein Fazit: "Vielversprechender als eine Anwesenheitsprämie dürfte sein, für ein gutes Arbeitsklima zu sorgen und frühzeitig mit Arbeitnehmer:innen BEM-Gespräche zu führen." BEM, das betriebliche Eingliederungsmanagement, ist ein Instrument, um Arbeitnehmer:innen mit längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten den Weg zurück in den Betrieb zu erleichtern. "Auch Unterstützungsleistungen für Vorsorgeuntersuchungen oder das Angebot von Sport- und Gesundheitskursen können Fehlzeiten in Unternehmen deutlich reduzieren."

Quelle: Rechtsanwaltskanzlei Wittig Ünalp

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Text: / handwerksblatt.de

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