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HWK des Saarlandes | Oktober 2024
htw saar lädt ein zum Technologietag
Die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes lädt alle Interessierten am 24. Oktober herzlich zum Technologietag "Additive Fertigung" ein.
Kathrin de Blois (r.) hat viele Ideen, wie sie ihre Mitarbeiter, etwa Techniker Michael Korsten oder Kundendienstbetreuerin Brigitte Fabry (Hintergrund), mithilfe der Digitalisierung entlasten kann. (Foto: © Ingo Lammert)
Vorlesen:
Februar 2017
Das Familienunternehmen Haaß Haustechnik aus Mönchengladbach spart durch die Digitalisierung sämtlicher Prozesse rund 2.500 Arbeitsstunden im Jahr und fünf Prozent beim Einkauf.
Das Herzstück der Firma Haaß Haustechnik in Mönchengladbach ist unscheinbar grau und steht in einer Ecke in der ersten Etage: "Ohne unsere Server läuft hier nichts", sagt Firmenchefin Kathrin de Blois. Wenn man einen Handwerksbetrieb als Vorzeigebetrieb in Sachen Digitalisierung bezeichnen kann, dann ist es der Sanitär- und Heizungsbetrieb, den Georg Haaß 1987 gegründet hat und den er heute mit seinen Kindern Bernd Haaß und Kathrin de Blois leitet.
Ob Meister, Techniker oder Azubi – ein Tablet und ein Smartphone gehören heute genauso zur Grundausstattung beim Kunden wie die Rohrzange. Die Tablets dienen nicht nur als Verkaufshilfe, auch Rechnungen werden damit direkt geschrieben und im Fahrzeug ausgedruckt. "So sehen die Kunden direkt, ob alles stimmt." Neuerdings sind auch QR-Codes auf der Rechnung. Wer will, kann direkt mit dem Smartphone und seiner Bank-App bezahlen.
Kathrin de Blois ist Unternehmerin im wahrsten Sinne des Wortes. Sie sprudelt vor Ideen, wie sie die 42-Mitarbeiter-Firma nach vorne bringen kann. "Als ich 2012 nach meinem Studium ins Unternehmen eingestiegen bin, habe ich erst einmal vieles auf links gedreht", erzählt die junge Mutter, die für Töchterchen Emma – zehn Monate alt – eine Spielecke und einen Wickeltisch im Büro eingerichtet hat.
Angefangen habe es damit, dass alle 11.000 Kundendaten überarbeitet wurden. Die Juniorchefin führte eine CRM-Erweiterung für das digitale Kundenbeziehungsmanagement ein. "Das ist das Fundament für alles, was wir machen."
Widerstand vom Vater gibt es nicht. Im Gegenteil: Georg Haaß hat schon ein Jahr nach der Firmengründung 1988 den ersten Computer angeschafft und ab 2007 die Techniker mit Laptops zu den Kunden geschickt. Zehn Jahre später sind nun sämtliche Arbeitsabläufe digitalisiert – von der Termin- und Projektplanung, Ersatzteilbestellung bis zur Rechnungserstellung und Rechnungsprüfung. Kathrin de Blois hat ausgerechnet, dass ihr Unternehmen jährlich rund 2.500 Stunden im Projektgeschäft einspart.
Das fängt schon bei kleineren Aufträgen an: Ruft zum Beispiel ein Kunde bei der Firma Haaß an und hat ein Problem mit seiner Heizung, erscheinen auf dem Bildschirm der Kundendienstbetreuerin alle Daten zur Anlage. Bei kleineren Reparaturaufträgen kann sie die benötigten Artikel direkt ordern. Oder der Monteur bestellt die Teile mit seinem Smartphone und der Heizungs-App vor Ort.
Dies ist möglich, weil Kathrin de Blois Schnittstellen zu allen Lieferanten gebildet hat. "Heute bekommen wir Datensätze der Händler statt PDFs, das ist eine riesige Zeitersparnis. Außerdem kennen wir nun den Jahresbedarf an Material über alle Abteilungen hinweg und können dadurch die Preise besser verhandeln", erklärt die Wirtschaftswissenschaftlerin.
Das Ergebnis: fünf Prozent Einsparung beim Materialeinkauf innerhalb von zwei Jahren. Dazu komme, dass die Rechnungsprüfung von 60 auf 100 Prozent erhöht werden konnte. Der Computer prüft die Rechnungen eben innerhalb von Sekunden.
Und wie reagieren die Mitarbeiter? "Die sagen uns, ob unsere Ideen in der Praxis auch funktionieren", lacht Kathrin de Blois. Gerade für die technischen Mitarbeiter sei die Digitalisierung eine enorme Entlastung. Wo immer es geht, werden sie von den kaufmännischen Kollegen entlastet, so dass sie sich auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren können. Denn technische Mitarbeiter seien Mangelware in der Branche.
Umso mehr ist die Juniorchefin stolz darauf, dass aktuell zwölf Azubis zum Anlagenmechaniker SHK ausgebildet werden. Den Nachwuchs findet das Unternehmen – wie sollte es anders sein – über Social Media wie Facebook oder die eigene Website. "Und natürlich, weil wir an unserem Image als moderner Handwerksbetrieb arbeiten. Wir sind eben nicht mehr der Werner oder Meister Röhrich, wie man sich früher den Installateur vorgestellt hat."
Und was plant das Unternehmen als Nächstes? "Aktuell überlegen wir, eine Raumbrille anzuschaffen, damit die Kunden sich ihr neues Bad vorab in 3D anschauen können. Für die weitere Zukunft erwarte ich 3D-Drucker, mit deren Hilfe die Techniker beim Kunden vor Ort Ersatzteile sofort herstellen können." Auch einen neuen Blog möchte die Juniorchefin gründen, um näher am Kunden zu sein "und um im Internet gezielt Fachwissen zu streuen".
Dass sich Kathrin de Blois für das Thema Digitalisierung engagiert, hat sich rumgesprochen. Kürzlich hat sie ein Gespräch mit der Geschäftsführung der Firma Viessmann, im Februar 2017 spricht sie im Landtag bei einem Kongress des NRW-Handwerks. "So versuche ich der Politik und den Herstellern klarzumachen, was wir als Handwerk beim Thema Digitalisierung wirklich brauchen." Zum Beispiel Breitbandinternet. Die Firma Haaß musste für das Breitbandkabel die Straße vor dem Betrieb auf eigene Kosten aufschlagen lassen.
1988: Kauf des ersten Computers durch Georg Haaß ein Jahr nach der Firmengründung.
2001: Nach einem Management-Lehrgang führt Georg Haaß ein neues Software-Programm ein, mit dem von der Kalkulation bis zur Abrechnung Aufträge digital abgearbeitet werden konnten. Ein Jahr später kommt auch eine digitale Projektverwaltung hinzu.
2007: Der Kundendienst wird digital. Die Techniker fahren mit Laptops zu den Kunden.
2012: Erweiterung des CRM-Systems. 11.000 Kundendaten werden überarbeitet.
2013: Alle Arbeitsprozesse im Unternehmen werden digitalisiert.
2014: Das Unternehmen vernetzt sich mit Lieferanten, bekommt fortan Datensätze statt PDFs zugeliefert.
2015: Der neue Heizungskonfigurator haass-konzept.de startet.
2016: Die Techniker werden mit Smartphones, Tablets und EC-Geräten ausgestattet. In den Monteurfahrzeugen sind Drucker, um Rechnungen vor Ort auszudrucken. Mit der Einführung von QR-Codes auf der Rechnung können Kunden auf Wunsch auch mit dem Smartphone und ihrer Bank-App direkt bezahlen.
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