Sexistische Fahrzeugbeschriftung: Werberat rügt Klempner
Der Werberat rügt eine Klempnerei aus Sachsen und eine Logistikfirma aus Berlin wegen sexistischer Werbung. Die Unternehmen wollten ihre Motive nicht ändern und werben bis heute mit nackten oder leicht bekleideten Frauen.
Öffentliche Rügen spricht der Deutsche Werberat nur sehr selten aus. Nämlich dann, wenn ein Unternehmen trotz Kritik aus der Bevölkerung und nach Gesprächen mit dem Werberat seine Werbemotive oder Spots nicht ändert oder zurückzieht. Fast immer geht es um sexistische Darstellungen. Jetzt waren beziehungsweise sind wieder zwei Unternehmen uneinsichtig, darunter auch ein Handwerksbetrieb. Es geht um die herabwürdigende Darstellung von Frauen als bloßer Blickfang, ohne Bezug zur beworbenen Dienstleistung, so der Werberat.
Die Klempnerei Ulbricht aus Großenhain in Sachsen wirbt auf ihren Montage-Fahrzeugen mit gleich zwei Motiven, die der Werberat rügt. Das erste Motiv, das für eine Ausbildung als "Dachdecker" wirbt, zeigt das Dekolleté einer Frau, begleitet von dem Slogan "Herrliche Aussichten!". Nach Auffassung des Werberats wird die Frau – insbesondere durch den gewählten Bildausschnitt – rein als Blickfang eingesetzt.
Foto: © Deutscher Werberat / Beschwerdeführer"Die Darstellung ist sexualisiert, was eine objektifizierende Wirkung zur Folge hat", so der Werberat. Der Slogan "Herrliche Aussichten!" vermittele obendrein den Eindruck, dass der Beruf des Dachdeckers mit der Aussicht auf Frauenkörper verknüpft und für Männer erstrebenswert ist.
Das zweite Motiv auf einem Firmenfahrzeug zeigt eine nackte Frau unter der Dusche, die mit einer Hand ihre Brust bedeckt. "Werde Badbauer!" heißt es da. Auch hier werde die Frau nach Ansicht des Werberats auf ihre sexuellen Reize reduziert "und in ihrer Darstellung herabgewürdigt", so der Werberat. "Dass der Kopf der Frau nicht zu sehen ist, verstärkt die Objektivierung zusätzlich."
Der Werberat betont, dass die Kritik unabhängig davon besteht, ob auf anderen Fahrzeugseiten auch Männer in ähnlichen Posen gezeigt werden – denn auch das ändere nichts an der herabwürdigenden Darstellung der beanstandeten Motive. Das Unternehmen sei nicht bereit gewesen, dem Werberat die betreffenden Abbildungen zur Verfügung zu stellen.
Die Entscheidung des Gremiums konnte daher nur auf Grundlage der von Bürgern eingereichten Fotos getroffen werden. Beide Motive stellen einen Verstoß gegen Ziffer 4 und 5 der Verhaltensregeln des Deutschen Werberats gegen Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen dar.
Drei leicht bekleidete Frauen auf und vor Lkw
Das zweite gerügte Unternehmen ist die Pekeag GmbH aus Berlin. Das Logistikunternehmen wirbt auf seiner Webseite (bis heute) mit Bildern, die drei leicht bekleidete Frauen auf und vor Lastwagen zeigen. Ein Motiv zeigt die drei Frauen auf einem Lkw sitzend. Das andere Motiv zeigt dieselben drei Frauen, die verteilt vor zwei Lastfahrzeugen stehen. Die Frauen sind mit mit Unterwäsche (Babydolls und High Heels) bekleidet.
"Durch die gewählte Bildkomposition und Beleuchtung werden die Frauen in den Fokus der Betrachter gerückt", so der Werberat. Ein Bezug zur beworbenen Dienstleistung sei nicht erkennbar. "Für das gewählte Maß an Nacktheit gibt es keinen Anlass."
Die Frauen würden auf den Fotos auf ihre sexuellen Reize reduziert und ihre Körper rein als visuelle Anziehungspunkte eingesetzt. Damit liege laut dem Gremium des Deutschen Werberats eine herabwürdigende und sexistische Darstellung vor.
Die meisten Unternehmen ziehen beanstandete Motive zurück oder ändern sie
Der Werberat spricht Rügen grundsätzlich nur in Ausnahmefällen aus. Das bedeutet: Sobald der Deutsche Werberat auf Unternehmen zugeht, zu deren Werbemaßnahmen Beschwerden vorliegen, ändert ein Großteil der Unternehmen die Maßnahme ab oder zieht sie komplett zurück. Seit Jahren liegt die Durchsetzungsquote bei über 90 Prozent.
Das Team der Geschäftsstelle des Werberats sei sowohl mit den beschwerdeführenden Personen als auch mit den betroffenen Unternehmen im intensiven Austausch und schaffe es zumeist auch, ohne das letzte Mittel – der Öffentlichen Rüge – problematische Werbemaßnahmen zu stoppen.
Rügen des Werberats bleiben daher selten. Insgesamt sei die Sensibilität von Unternehmen dadurch gestiegen. Im Beschwerdefall seien die meisten Firmen aufgeschlossen und lösungsorientiert. Bei kleineren Handwerks- oder Dienstleistungsbetrieben werde Werbung allerdings nicht immer professionell begleitet. Hier komme es daher öfter zu Beschwerden und auch Rügen.
Bilanz 2024: Beschwerden gehen leicht zurück
Im Verlauf des Jahres 2024 gingen beim Werberat zu 813 Werbemaßnahmen Beschwerden ein. Insgesamt musste der Werberat in 351 Fällen eine Entscheidung treffen. In 68 Fällen wurde die Werbung gestoppt oder geändert, während 279 Werbemaßnahmen nicht beanstandet wurden. Lediglich vier Rügen wurden für das gesamte Jahr 2024 durch den Werberat ausgesprochen, da sich die betroffenen Unternehmen weigerten, die beanstandete Werbung zurückzunehmen oder zu ändern.
Nackte Pos, tiefe Ausschnitte, Frauen im Bikini oder sexistische Sprüche: Auch 2024 bezog sich der überwiegende Teil der Kritik auf "Geschlechterdiskriminierende Werbung". Die Beschwerden gehen aber seit Jahren spürbar zurück. Von 2021 auf 2022 sanken sie um 21 Prozent, von 2022 auf 2023 nochmals um 33 Prozent. 2024 blieben die Zahlen auf dem Niveau des Vorjahrs: 143 gegenüber 141 Fällen im Jahr 2023.
An zweiter Stelle lag 2024 die "Diskriminierung von Personengruppen" (Altersdiskriminierung oder Herabsetzung aufgrund von Herkunft oder Abstammung) mit 51 Fällen (Vorjahr: 42).
Am dritthäufigsten gingen Beschwerden zu "Ethischen und moralischen Mindestanforderungen" ein. Mit 46 Fällen waren es 2024 rund zehn Prozent weniger als noch im Vorjahr (51).
Online-Werbung (in sozialen Netzwerken, durch Influencer oder auf unternehmenseigenen Kanälen und den unternehmenseigenen Homepages) erhielt auch 2024 die meisten Beschwerden – wie schon in den Vorjahren. Die Online-Werbung ist seit einigen Jahren das dominierende Werbeformat in Deutschland. Dahinter folgen TV-Spots, Plakate, Fahrzeugwerbung und Printanzeigen.
Quelle: Deutscher Werberat
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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