Vertragsstrafe am Bau: BGH präzisiert die Berechnung
Eine Vertragsstrafe von fünf Prozent der Bau-Auftragssumme ist laut Bundesgerichtshof erlaubt. Berechnungsgrundlage darf bei Einheitspreisen aber nicht die Angebotssumme sein. Vielmehr muss die Endsumme genommen werden, wenn diese niedriger liegt. Sonst ist der Auftragnehmer im Nachteil.
In Bauverträgen ist es erlaubt, eine Vertragsstrafe von fünf Prozent der Auftragssumme festzulegen. Der Bundesgerichtshof stellte jetzt jedoch klar, dass sich bei Einheitspreisen diese Strafe nicht an der ursprünglichen Angebotssumme orientieren darf, wenn die Endsumme darunter liegt. Anderenfalls könnte der Auftragnehmer zu viel Geld verlieren.
Der Fall
Ein Bauunternehmen gewann eine Ausschreibung für Glasfaserausbau in einer Gemeinde. Vereinbart waren Einheitspreise, die endgültige Abrechnung bestimmte sich also nach dem Verbrauch. Nach Abnahme der Arbeiten verlangte das Unternehmen rund 5,1 Millionen Euro, etwa 550.000 Euro weniger als im Angebot ausgeschrieben. Wegen Bauverzögerungen zog die Kommune davon jedoch 285.000 Euro als Vertragsstrafe ab und zahlte nur den Rest.
Der Bauunternehmer verlangte die volle Summe aus der Schlussrechnung. Es gab Streit darüber, ob die Vertragsstrafenklausel wirksam in den Vertrag einbezogen worden war.
Das Urteil
Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte sich – wie schon zuvor das Landgericht – auf die Seite des Bauunternehmens und verurteilte die Gemeinde zur Zahlung der offenen Summe. Die Kommune muss den restlichen Werklohn leisten und kann die 285.000 Euro nicht als Vertragsstrafe einbehalten.
Dabei komme es nicht darauf an, ob die Vertragsstrafenklausel überhaupt in den Vertrag einbezogen wurde, betonten die Karlsruher Richter. Denn selbst, wenn sie Bestandteil des Vertrages wäre, sei sie wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.
Fünf Prozent nur von der Schlussrechnung
Der BGH erklärte weiter, seine Rechtsprechung von maximal fünf Prozent Vertragsstrafe gelte hier ausnahmsweise nicht. Denn die Strafe bezog sich auf die ursprüngliche Angebotssumme, nicht auf die tatsächliche, niedrigere Schlussrechnung. Bei einem Einheitspreisvertrag könnte dies dazu führen, dass die Strafe mehr als fünf Prozent des endgültigen Betrags ausmache, falls sich das Auftragsvolumen später verringere. Dies widerspreche dem Ziel, Vertragsstrafen in einem wirtschaftlich angemessenen Rahmen zu halten.
Praxistipp
"Die beanstandete Klausel ist in den Vertragsbedingungen des Vergabehandbuchs des Bundes enthalten und wurde bislang in vielen VOB/B-Verträgen verwendet. Der Bundesgerichtshof stellt die bisherige Vertragspraxis damit auf den Kopf. Bei Einheitspreisverträgen dürfte nun allerdings Klarheit hinsichtlich der korrekten Bezugsgröße potentieller Vertragsstrafenregelungen bestehen," erklärt Jurist Robert Neuhaus, Abteilungsleiter bei der Handwerkskammer Münster.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Februar 2024, Az. VII ZR 42/22
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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