Das Wahlgeheimnis schützt die Wahl, sodass der Vorgesetzte nicht weiß, wie die Mitarbeiter gewählt haben.

Das Wahlgeheimnis sorgt dafür, dass der Vorgesetzte nicht weiß, wie die Mitarbeiter gewählt haben. (Foto: © vepar5/123RF.com)

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Wahlempfehlung vom Chef: Was ist erlaubt, was nicht?

Die Europawahl steht vor der Tür und die Parteien kämpfen um Wählerstimmen. Dürfen Betriebsinhaber ihren Mitarbeitern Empfehlungen für eine politische Richtung geben? Ein Experte erklärt die Rechtslage.

Der als "Schraubenkönig" bekannte Unternehmer Würth hat in einem Brief an seine Belegschaft davon abgeraten, für die AfD zu stimmen. Er bezeichnete die Ampel zwar als Koalition, "die in vielen Teilen wie ein Hühnerhaufen durcheinander rennt", die aber dennoch "das eine oder andere positive Gesetz auf den Weg bringt". Die AfD wolle dagegen den Parteienstaat abschaffen. Wie er geben auch etliche andere Unternehmer Empfehlungen zur Wahl ab und plädieren für Vielfalt, Solidarität und für ein weiter zusammenwachsendes Europa.

Wie sind solche Mitteilungen arbeitsrechtlich zu beurteilen? Wo sind die Grenzen? Die Rechtslage erklärt der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Prof. Dr. Michael Fuhlrott.

Keine Pflicht zur politischen Neutralität

Unternehmen müssen nicht politisch neutral sein. "Das Betonen von wichtigen Werten und ein Aufruf, wählen zu gehen, ist rechtlich unproblematisch durch Unternehmen möglich", sagt Fuhlrott. Eine Besonderheit gelte aber für öffentliche Arbeitgeber. Diese haben eine Pflicht zur Neutralität und dürfen keine Wahlempfehlungen oder Wahlhinweise an ihre Belegschaft ausgeben.

Anderes gelte nur, wenn es sich um verbotene, da verfassungswidrige Parteien handele. Deren Wahl dürfen auch öffentliche Arbeitgeber ablehnen. Über die Verfassungswidrigkeit einer Partei und damit über ein Parteienverbot entscheide aber allein das Bundesverfassungsgericht.

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Verboten: Druck auf die Belegschaft

Unternehmen dürfen vor extremen politischen Meinungen warnen und empfehlen, Parteien zu wählen, die für Demokratie und das Grundgesetz sind. "Damit ist selbst konkrete Wahlwerbung zulässig, wenn kein unzulässiger Druck auf die Belegschaft ausgeübt wird", so Arbeitsrechtler Fuhlrott. "Unternehmen dürfen ihre Werte beschreiben und formulieren, dass die politischen Ziele einer konkreten Partei nicht vereinbar sind mit denen des Unternehmens."

Aber es geht zu weit, wenn die Firmenleitung einem Mitarbeiter für sein Wahlverhalten Konsequenzen angekündigt. Ein solches Verhalten könne sogar eine Wählerbestechung darstellen, die das Strafgesetzbuch (StGB) unter Geld- oder Freiheitsstrafe stellt.

Wahlgeheimnis ist geschützt

Ein Arbeitnehmer muss keine Angst haben, vom Chef bestraft zu werden, wenn er nicht so wählt, wie es der es wünscht. Das Wahlgeheimnis schützt die Wahl, sodass der Vorgesetzte nicht weiß, wie die Mitarbeiter gewählt haben. Auch wenn jemand im Betrieb offen sagt, dass er anders oder sogar für eine extreme Partei gewählt hat, nutzt er sein Grundrecht. Daher wird es keine arbeitsrechtlichen Folgen geben, selbst wenn der Arbeitnehmer für eine radikale Partei gestimmt hat und dies im Betrieb bekannt macht.

Wer den Betriebsfrieden stört, kann belangt werden

Anders sei die Situation aber zu beurteilen, wenn der Arbeitnehmer im Betrieb Handlungen begehe, die den Betriebsfrieden stören oder das Ansehen des Arbeitgebers in Verruf bringen, betont Arbeitsrechtler Fuhlrott. "Wenn der Arbeitnehmer in seiner Freizeit etwa den Hitlergruß zeigt, wird er dafür strafrechtlich belangt werden. Arbeitsrechtliche Konsequenzen wie eine Kündigung drohen ihm aber nur dann, wenn er dies etwa in Dienstuniform macht oder er davon ein Foto in den sozialen Medien postet, das den Arbeitgeber nennt", erklärt der Jurist.

Gleiches gelte, wenn im Betrieb fremdenfeindliche Äußerungen getätigt werden und einem ausländischen Kollegen gegenüber mitgeteilt wird, dass man ihn lieber "remigrieren" sollte: "Solche Äußerungen können natürlich arbeitsrechtlich sanktioniert werden. Je nach den Umständen des Einzelfalls drohen dann Abmahnung bis hin zur fristlosen Kündigung", stellt der Arbeitsrechtler klar.

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Text: / handwerksblatt.de

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