Neue Regeln für gewerbliche Mietverträge: Risiken und Chancen
Seit Januar reicht die Textform anstatt der strengen Schriftform für Gewerbemietverträge. Das bringt auch Unsicherheiten für Grundstückskäufer und alle, die ihren Vertrag vorzeitig kündigen wollen. Ein Experte erklärt die Rechtslage.
Viele Handwerksbetriebe arbeiten in Gebäuden oder auf Grundstücken, die sie für mehrere Jahre gemietet haben – oft mit der Möglichkeit, den Vertrag zu verlängern. Seit Anfang des Jahres gilt eine neue gesetzliche Regelung, die die Anforderungen an die Form von Mietverträgen für Geschäftsflächen und Grundstücke vereinfacht. Diese Änderung bringt aber auch Risiken mit sich, besonders für Käufer solcher Grundstücke. Ein Experte erklärt, worauf man achten muss.
Früher mussten Mietverträge für Geschäftsflächen und Grundstücke, die länger als ein Jahr laufen, immer schriftlich abgeschlossen werden. Das heißt, beide Parteien mussten den Vertrag auf Papier unterschreiben. Wurde das versäumt, galt der Vertrag unbefristet. Rechtsanwalt Olaf Diederich erklärt: "Die Verträge waren dann zwar nicht unwirksam, galten aber als auf unbestimmte Zeit geschlossen und waren als Folge noch vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit ordentlich kündbar".
Jetzt Textform statt Schriftform
Mit dem vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV), das seit dem 1. Januar 2025 in Kraft ist, wurde die Anforderung an die Form dieser Verträge entschärft. Es genügt nun, wenn sie in Textform abgeschlossen werden, zum Beispiel per E-Mail. Die strengere Schriftform bleibt aber weiterhin möglich und gültig. Diederich sagt dazu: "Das Ziel des Gesetzgebers war es, die Wirtschaft durch diese Neuerung von überflüssiger Bürokratie zu entlasten".
Er warnt aber auch: "Jedoch dürfte die Neuerung in der Praxis zu erheblicher Rechtsunsicherheit über Bestand und Inhalt von Mietvertragsverhältnissen führen." Denn jetzt müssten Mieter und Vermieter genau prüfen, ob sie ein ordentliches Kündigungsrecht haben und ob sie den Vertrag vorzeitig beenden können.
Mietverträge prüfen und rechtzeitig kündigen
Die neue Regelung gilt für alle Verträge, die ab dem 1. Januar 2025 abgeschlossen werden – auch für Änderungen an alten Verträgen. Für alte Mietverträge, die vor dem 1. Januar 2025 unterschrieben wurden, gilt die Neuerung erst ab dem 2. Januar 2026. Ein Altvertrag, der nur in Textform vorliegt, gilt bis zum 1. Januar 2026 als unbefristet und kann bis dahin ordentlich gekündigt werden. Wer also noch kündigen möchte, sollte das bis Ende 2025 tun. Ab dem 2. Januar 2026 gilt dann wieder die ursprünglich vereinbarte Laufzeit, und eine ordentliche Kündigung ist nicht mehr möglich.
Diederich erklärt: "Sofern keine Partei fristgerecht kündigt, unterliegt der Vertrag ab dem 2. Januar 2026 wieder der ursprünglich vereinbarten Vertragsdauer und ist dann nicht mehr ordentlich kündbar. Mieter oder Vermieter, die sich von ihrem Mietvertrag vorzeitig lösen wollen, sollten diesen daher zeitnah prüfen lassen." Das gelte auch für Landpachtverträge, die länger als zwei Jahre laufen. Auch hier muss man aufpassen, wenn man im laufenden Jahr Änderungen an alten Verträgen vornehmen will.
Außerdem zu beachten: Wird ein Altvertrag, der die Schriftform nicht erfüllt, im Jahr 2025 durch einen Nachtrag in Textform geändert, kann das dazu führen, dass das Kündigungsrecht entfällt. "Mit Abschluss des Nachtrags würde also womöglich das ordentliche Kündigungsrecht entfallen", warnt der Anwalt.
Rechtsunsicherheit für Grundstückskäufer
Für die Textform reicht es nach dem Gesetzeswortlaut, wenn eine lesbare Erklärung mit Namen "auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben" wird, also zum Beispiel per E-Mail, SMS oder Messenger. "Es stellt sich bereits die Frage, ob für einen Vertragsschluss in Textform genügt, dass die Vertragserklärungen auf jeweils einem Schriftstück oder Datenträger abgegeben werden, oder ob sie sich auf demselben Dokument befinden müssen", sagt Diederich. Auch sei es schwierig, den genauen Vertragsinhalt nachzuvollziehen, wenn viele Entwürfe oder Anlagen per E-Mail hin- und hergeschickt wurden.
"Reicht es also aus, wenn beispielsweise der Vermieter dem Mieter den Mietvertrag per E-Mail übersendet, und der Mieter daraufhin mit `Ok´ antwortet, oder muss der Mieter für den formgerechten Vertragsabschluss den Mietvertrag mitsamt seiner Erklärung zurücksenden – unter Umständen sogar auf dem angehängten Vertrag?", fragt der Jurist.
Käufern fehlt nun die Übersicht über die Mietverträge
Für Käufer von Grundstücken sei das besonders problematisch. Denn bei einem Verkauf gehen bestehende Mietverhältnisse auf den neuen Eigentümer über. Früher konnte der Käufer durch das Schriftformerfordernis leichter prüfen, welche Mietverhältnisse bestehen. Jetzt ist das schwieriger, weil Verträge auch in Textform abgeschlossen wurden und die Übersicht fehlt. "Der Erwerber des Grundstücks kauft gewissermaßen die `Katze im Sack´", warn der Anwalt.
Für Verkäufer steigt dadurch im Gegenzug das Risiko, später haftbar gemacht zu werden. "Auf Seiten des Vermieters, der das Grundstück veräußert, steigert sich damit einhergehend das Haftungsrisiko", so Diederich." Käufer sollten deshalb im Kaufvertrag Garantien über die bestehenden Mietverhältnisse verlangen.
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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