Friseurmeisterin Rosemarie Ehrlich

Friseurmeisterin Rosemarie Ehrlich (Foto: © Teamfoto Marquardt)

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"Wenn ich etwas mache, dann richtig"

Friseurmeisterin Rosemarie Ehrlich spricht über ihr Engagement für das Handwerk, Austausch, Nachwuchsförderung und die Stärkung des Handwerksbildes.

Die Handwerksunternehmerin ist Obermeisterin, Kreishandwerksmeisterin der Kreishandwerkerschaft Münster und seit 2019 Mitglied der Vollversammlung und des Vorstandes der Handwerkskammer Münster.  

DHB: Frau Ehrlich, was hat Sie ursprünglich ins Handwerk geführt – und was begeistert Sie bis heute daran? 
Ehrlich:
Nach dem Abitur begann ich 1981 ein Lehramtsstudium für Kunst und Sozialwissenschaften. Ein Jahr später kam der Einstellungsstopp für Lehrer in NRW. Ich wollte nicht in die Arbeitslosigkeit hinein studieren und suchte Alternativen. Ich dachte zunächst an Maskenbildnerin und brauchte dafür eine Friseurausbildung. Mit Abitur und Anfang 20 war es damals schwer, eine Lehrstelle zu finden. Schließlich bot mir eine Meisterin an, direkt ins zweite Lehrjahr einzusteigen. Während der Ausbildung merkte ich, wie viel Freude mir die Arbeit mit Menschen macht. Nach drei Gesellenjahren besuchte ich die Meisterschule und machte mich 1990 selbstständig. Das war ein wichtiger Schritt für meinen weiteren Weg.

DHB: Warum haben Sie sich entschieden, sich ehrenamtlich in der Handwerksorganisation zu engagieren?
Ehrlich:
Den ersten Kontakt zur Handwerkskammer hatte ich bei der Eintragung in die Handwerksrolle. Eine Innungsmitgliedschaft war für mich selbstverständlich. Ich wurde zur Innungsversammlung eingeladen und habe den Service, zum Beispiel im Arbeitsrecht, sehr geschätzt. Später wählte man mich in den Fachbeirat. Meine Tochter war damals zwei Jahre alt. Es war nicht immer leicht, Betrieb und Familie mit dem Ehrenamt zu vereinbaren, aber der Austausch mit Kollegen war mir wichtig. 

DHB: Was bedeutet für Sie der Einsatz fürs Handwerk?
Ehrlich:
Man hat mich immer wieder gefragt, ob ich weitere Aufgaben übernehmen möchte. Meine Haltung ist: "Wenn ich etwas mache, dann richtig." Dazu gehört, sich durchzusetzen, auch mal unbequem, beharrlich und umsichtig zu sein und allen zuzuhören. Ab der Ebene der Kreishandwerkerschaft geht es nicht mehr nur um den eigenen Beruf, sondern auch um die anderen Gewerke. Mir macht es Freude, die Interessen des Handwerks als Wirtschaftsgruppe zu vertreten. Das erweitert den Horizont und hat mich geprägt.

DHB: Wie gelingt es Ihrer Erfahrung nach, junge Handwerker für ein Ehrenamt zu begeistern? 
Ehrlich:
Die Zeiten ändern sich, man muss Dinge diskutieren und ausprobieren. Veränderungen sind nicht immer einfach, können aber positiv wirken. Oft treffen unterschiedliche Sichtweisen aufeinander. Genau das macht für mich den Reiz der Selbstverwaltung aus, und die braucht das Ehrenamt.

DHB: Wie kann eine Kreishandwerkerschaft vor Ort politisch etwas bewirken?
Ehrlich:
Die Kreishandwerkerschaft ist in politischen Ausschüssen aktiv. Über Gespräche lernt man die Ansprechpartner in der Verwaltung kennen und den Weg von der Innung zur Kommune. Dieser Austausch ist unverzichtbar für konstruktive Lösungen.

DHB: Könnte es bei Ihrer Doppelfunktion in KH und HWK zu Interessenkonflikten kommen? 
Ehrlich:
Für mich ist das eher eine sinnvolle Ergänzung. Die Betriebe, die in eine Innung eintreten, gehören auch zur örtlich zuständigen Kreishandwerkerschaft, die Arbeitgeberinteressen vertritt. Die Handwerkskammer deckt ein breiteres Spektrum ab, räumlich und inhaltlich, und vertritt zusätzlich die Interessen der Arbeitnehmerschaft.

DHB: Warum ist das Prinzip der Selbstverwaltung im Handwerk heute noch zeitgemäß und wichtig?
Ehrlich:
Selbstverwaltung bedeutet, dass das Handwerk eigene Angelegenheiten in Eigenregie regelt. Es geht um Selbstbestimmung statt Fremdbestimmung. Das Handwerk kennt seine Aufgaben und Herausforderungen am besten. Wir sind da nicht trotzig, sondern die Selbstverwaltung hat sich bewährt. Solche Momente zeigen den Wert gemeinsamer Verantwortung.

DHB: Welche Bedingungen braucht es, damit auch Selbstständige sich ehrenamtlich engagieren können?
Ehrlich:
Ehrenamtlich engagierte Unternehmerinnen und Unternehmer sind Vorbilder, die über den eigenen Tellerrand hinausblicken und sich für ihren Berufsstand einsetzen. Wenn junge Selbstständige sich dafür interessieren, sollte man sie nicht ins kalte Wasser schubsen. Erfahrene sollten sie begleiten und anleiten. So fühlen sich Neue sicherer. In diese Richtung geht auch meine Idee, kooptierte Vorstandsmitgliedschaften zu ermöglichen. Diese Mitglieder haben zwar kein Stimmrecht, werden aber angehört und können sehen, wie die Arbeit abläuft.

DHB: Wie erleben Sie den Wandel im Ehrenamt?
Ehrlich:
Menschen bringen zunehmend unterschiedliche Hintergründe mit. Die Organisationsarbeit kann Brücken bauen und wirkt integrierend. Sie sollte grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeiten stattfinden, damit der Betrieb nicht unter dem Engagement leidet. Online-Formate entlasten bei kleineren Themen. Für wichtige Dinge braucht es aber persönliche Treffen mit besseren Diskussionsmöglichkeiten. Solche Formate stärken das Miteinander. Auch die Junioren des Handwerks fördern den Austausch und bieten einen guten Einstieg.

DHB: Was war für Sie persönlich bisher das prägendste Erlebnis im Rahmen Ihres Engagements in der Kammer?
Ehrlich:
Besonders schön finde ich die Meisterfeiern, bei denen die Jungmeister für ihre Mühen gewürdigt werden. Das ist immer eine große Freude und eine Belohnung für alle.

DHB: Welche konkreten Ideen haben Sie, um das Handwerk in der Bildung stärker zu verankern?
Ehrlich:
Ich fände es gut, wenn ein gewerbliches Praktikum in allen Schulformen Pflicht würde, auch bei höheren Bildungswegen. Außerdem wäre es sinnvoll, wenn Lehrer selbst Praktika im Handwerk absolvieren würden. Sie würden sehen, dass das Handwerk nicht verstaubt ist, und erleben, wie anspruchsvoll die Arbeit ist. Das motiviert mich bis heute.

 

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Text: / handwerksblatt.de

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