"Ein bildungspolitischer Meilenstein für Europa"
Die EU-Bildungsminister haben die Osnabrücker Erklärung angenommen. Die Stärkung der Berufsbildung ist ein erklärtes Ziel. Das Handwerk ist begeistert.
Zwei Tage lang hatte die EU-Bildungsminister im September in Osnabrück über die Folgen der Corona-Pandemie für Bildung und Ausbildung in Europa beraten. Im Mittelpunkt der Gespräche stand die Förderung der beruflichen Ausbildung in der EU auf dem Programm. Die Berufsbildung in Europa stärken: Alle Teilnehmer waren sich einig, dass dies ein Ziel für nächsten Jahre sein müsse. "Die berufliche Bildung bietet jungen Menschen in ganz Europa attraktive Perspektiven", sagte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU).
Aus ihrer Sicht setze die EU-Skills-Agenda der EU-Kommission die richtigen Impulse. Ziel sei es, die Beschäftigungsfähigkeit in Europa sowohl von jungen Menschen als auch von Erwachsenen durch Weiterbildung zu steigern. Die Bildungsminister bekannten sich zu diesem Ziel und sagten der Kommission ihre Unterstützung zu. Karliczek: "Ich setze mich daher als deutsche EU-Ratspräsidentschaft dafür ein, dass wir auch Ratsempfehlungen zur Zukunft der Berufsbildung mit meinen europäischen Kolleginnen und Kollegen noch auf dem Bildungsministerrat im November verabschieden."
Berufsbildung modernisieren
Gebündelt haben die Minister ihre Empfehlungen im Entwurf der Osnabrücker Erklärung, die sie jetzt offiziell verabschiedet haben. Gemeinsam mit den Sozialpartnern und der EU-Kommission wollen sie dafür sorgen, die europäische Berufsbildung zu modernisieren und in einem europäischen Bildungsraum die grenzübergreifende Zusammenarbeit zu vertiefen. "Wir wollen die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit steigern, gemeinsam eine Weiterbildungskultur aufbauen, die Nachhaltigkeit in der Berufsbildung verankern", so Karliczek.
Kerninhalte der Osnabrücker-Erklärung • Beitrag der beruflichen Bildung zur Überwindung der Corona-bedingten Krise;
• Entwicklung einer exzellenten Berufsbildung Stufe 5 und höher des Europäischen Qualifikationsrahmens zur Bewältigung der Digitalisierung und des Klimawandels;
• Digitalisierung als Chance zur Attraktivitätserhöhung der Berufsbildung;
• Förderung digitaler Kompetenzen und Nutzung von Künstlicher Intelligenz in den Lehr- und Lernprozessen; Weiterbildung der Ausbilder und Berufsschullehrer;
• Bedeutungszuwachs der Weiterbildung und des lebensbegleitenden Lernens;
• Einbettung des Nachhaltigkeitsprinzips in die Berufsbilder;
• Prüfung und Entwicklung neuer Berufe und Qualifikationen für eine klimaneutrale Berufsbildung;
• Qualifizierung der Ausbilder, Dozenten und Lehrer;
• Stärkung der europäischen und internationalen Dimension, besonders durch grenzüberschreitende Lern- und Arbeitserfahrung von Auszubildenden, Berufsbildungspersonal.
Quelle: DIHK
Zu den erklärten Zielen gehören eine höhere Beschäftigungsfähigkeit, eine exzellente Berufsbildung auf Hochschulniveau und damit eine Gleichwertigkeit der beruflichen mit der akademischen Bildung sowie eine bessere Durchlässigkeit von der akademischen in die berufliche Bildung. Die Bürger sollen Europa als grenzübergreifenden Ort zum Lernen und Arbeiten erfahren. Dazu wollen sie grenzüberschreitender Mobilität stärken und fördern.
Bildungspolitischer Meilenstein
Das Handwerk ist begeistert vom Einsatz der EU-Minister und nennt die angenommene Osnabrücker Erklärung einen bildungspolitischen Meilenstein für Europa. "Mit dieser Erklärung zieht Europa die richtigen Lehren aus der Corona-Krise: Lebenslanges Lernen muss eine Selbstverständlichkeit werden und digitale Hilfsmittel können dabei eine wichtige Rolle spielen", erklärt Hans Peter Wollseifer. Die Erklärung verfolge die richtigen Ziele, so der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. "Es muss erstens darum gehen, die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft durch eine innovative und flexible Berufsbildung zu steigern, und zweitens eine Kultur des lebenslangen Lernens zu etablieren."
Gerade die höhere Berufsbildung spiele für die Qualifikation der Menschen eine wichtige Rolle. Wollseifer: "Deshalb ist es aus Sicht des Handwerks positiv zu bewerten, dass die Erklärung von Osnabrück den Mitgliedsstaaten empfiehlt, auf den Niveaus fünf bis acht des Europäischen Qualifikationsrahmens verstärkt auch berufliche Qualifikationen zu entwickeln. Dies ist eine klare Botschaft zur Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung."
Schlüssel zu nachhaltiger Beschäftigung
Wollseifer fordert, die höhere Berufsbildung weiter auszubauen und vergleichbar zum Bologna-Prozess europaweit einzuführen. Duale Ausbildung und höhere Berufsbildung seien der Schlüssel zu nachhaltiger Beschäftigung, das zeige vor allem auch die in Deutschland vergleichsweise niedrige Arbeitslosenquote in der Corona-Pandemie. "Unternehmen trennen sich auch in Zeiten der Krise nicht von ihren Beschäftigten, weil sie wissen, dass sie ihre gut ausgebildeten Fachkräfte brauchen werden, wenn die Krise überwunden ist und es wieder aufwärts geht."
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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