Herbstprojektion: Bundesregierung rechnet mit größerem Wachstum für 2026
Die Bundesregierung erwartet im kommenden Jahr eine Belebung der deutschen Wirtschaft. Sie sagt ein Wachstum des BIP um 1,3 Prozent voraus. Es brauche weiterhin Reformen, um die Voraussetzungen für einen selbsttragenden Aufschwung zu schaffen, sagt das Handwerk.
In ihrer Herbstprojekt rechnet die Bundesregierung mit einem Ende der Rezession. Nach zwei Jahren schrumpfender Wirtschaftsleistung soll sie in diesem Jahr leicht um 0,2 Prozent steigen. Im kommenden Jahr soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,3 und im Jahr 2027 um 1,4 Prozent wachsen. Die Vorgängerregierung sagte für das nächste Jahr noch ein Wachstum von 1,0 Prozent voraus.
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) führt die Erwartungen für das moderate Wachstum in den kommenden Jahren in erster Linie auf die Investitionen des Staates in die Infrastruktur und die Verteidigung zurück. "Ein erheblicher Teil des Wachstums in den kommenden Jahren wird voraussichtlich aus hohen staatlichen Ausgaben – etwa dem Sondervermögen und den Verteidigungsinvestitionen – stammen", sagt sie.
Reformstau auflösen
Der Ausblick auf eine wieder anspringende Konjunktur dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch viel zu tun gebe, um langfristiges Wachstum zu sichern. Dazu müsse die Politik den "Reformstau auflösen" und Energiekosten senken, private Investitionen fördern, die hohe Steuer- und Abgabenlast angehen, Bürokratie abbauen, Märkte öffnen und Innovationen ermöglichen.
Die Mittel aus den Sondervermögen könnten zudem nur ihre Wirkung entfalten, wenn die Investitionen schnell umgesetzt werden. Reiche: "Dafür brauchen wir zügige Planungs- und Genehmigungsverfahren." Eine günstigere als die jetzt angenommene Entwicklung könne es einer Entspannung der geopolitischen Krisen und der Handelskrisen geben. Sollten die sich verschärfen, könnte sie auch schwächer ausfallen.
Handwerk sieht keinen selbsttragenden Aufschwung
Das Handwerk stimmt der Ministerin zu: "Der Reformbedarf bleibt hoch", sagt Jörg Dittrich. "Der private Investitionsmotor springt weiter nicht an, die Zurückhaltung in der Wirtschaft ist ungebrochen, und die Stimmung in den Betrieben ist vielerorts schlecht. Das ist keine Dramatisierung, sondern eine wirtschaftliche Realität, die politische Konsequenzen braucht", so der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.
Auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute hätten darauf hingewiesen, dass es tiefgreifende, strukturstärkende Reformen als Voraussetzung dafür braucht, dass überhaupt ein selbsttragender Aufschwung entstehen kann. Dittrich: "Den sehen wir derzeit nicht. Die für 2026 und 2027 prognostizierten Wachstumszahlen beruhen im Wesentlichen auf staatlicher Nachfrage, finanziert durch enorme Ausgaben und damit auch durch immer neue Schulden."
"Handwerksbetriebe brauchen endlich Entlastungen"
Eine echte wirtschaftliche Erholung müsse aus dem Kreis der Unternehmen kommen und könne nicht durch staatliche Investitionsprogramme getragen werden. "Die überwiegend kleinen und mittleren Handwerksbetriebe brauchen endlich Entlastungen, die in ihrem Alltag ankommen und ihnen ihre Arbeit erleichtern. Sie brauchen Verlässlichkeit und Rahmenbedingungen, die unternehmerischem Handeln die nötigen Freiräume ermöglichen."
Einzelne Maßnahmen reichten hier nicht aus. Dittrich mahnt an, dass eine breite Palette an Reformen umgesetzt werden müsse. Auch sei der Anteil konsumtiver Ausgaben bei den geplanten Investitionsmitteln ist viel zu hoch. "Wenn die Bundesregierung überfällige Strukturreformen weiter verschiebt, droht das schwache Wachstum nach dem Auslaufen der Konjunkturimpulse wieder in Stagnation überzugehen. Dann erweisen sich viele Milliarden als Strohfeuer."
Vertrauensverlust gegenüber der Politik
Der Handwerkspräsident beschreibt einen zunehmenden Vertrauensverlust gegenüber der Politik in den Betrieben. "Wenn die Sorgen der arbeitenden Mitte übergangen werden, steigt der Frust und mit ihm das Risiko, dass sich Menschen dauerhaft von demokratischen Institutionen abwenden. Wir brauchen eine wirtschaftspolitische Prioritätensetzung zugunsten der Betriebe. Denn: Geht es dem Handwerk gut, geht es dem Land gut."
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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